Schwäbische Zeitung hier Alexander Tutschner 29.6.22
Kurioses Patt
Soll man gegen die nicht genehmigte Vermietung von Wohnraum als Ferienwohnungen seitens der Stadt vorgehen oder nicht? Die Frage, ob Friedrichshafen eine Zweckentfremdungsverbotssatzung einführen soll, spaltet weiter den Gemeinderat.
In der jüngsten Sitzung sogar in zwei exakt gleich große Teile. So wurde das Thema am Montag in zwei Beschluss-Fassungen abgestimmt, Einführung beziehungsweise Ablehnung, zweimal lautete das Ergebnis 18:18. Eine kuriose Patt-Situation. Das Thema wurde ohne Entscheidung vertagt.
1940 Wohnungen stehen leer
Den Stein ins Rollen gebracht haben die Grünen Ende 2020 mit einem entsprechenden Antrag zur Einführung der Satzung. „Wir wollen Wohnraum seinem ursprünglichen Zweck wieder zuführen“, sagte Stadtrat Ulrich Heliosch am Montag. Aus Erhebungen der Stadtverwaltung geht hervor, dass in Friedrichshafen aktuell 1940 Wohneinheiten leer stehen, also 6,21 Prozent.
Als Ferienwohnungen erfasst sind aktuell nur 160. Es spricht also vieles dafür, dass der ein oder andere Eigentümer seine Wohnung, etwa über Internetportale wie Airbnb, an Feriengäste vermietet, obwohl das baurechtlich so nicht vorgesehen ist. Sucht man etwa bei fewo-direkt.de eine Wohnung in Friedrichshafen vom 24. September bis 1. Oktober werden einem „über 300 Ferienunterkünfte“ angezeigt.
Vorlage kommt vom Land
Interessant: Die Grünen berufen sich in ihrer Argumentation auf eine Schwarze. Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) ist Anhängerin der Satzung. Im Februar 2021 wurde die „Zweckentfremdung von Wohnraum“ vom Land neu geregelt. Damit Kommunen mit Wohnraummangel, gerade in touristischen Gebieten, ein besseres Instrument bekommen, wie es damals seitens des Landes hieß.
Heliosch verwies auch auf eine mögliche präventive Wirkung der Satzung. Laut Verwaltung gab es, seit das Thema im Rat diskutiert wird, bereits eine „starke Zunahme der Anträge auf Genehmigung von Ferienwohnungen“ und entsprechend mehr Anfragen zu dem Thema. „Wir wollen ein Steuerungselement, kein Verbot von Ferienwohnungen“, sagte Heliosch.
....Die Gegner der Satzung kommen aber zunächst einmal aus der Verwaltung. .....Erfahrungen aus anderen Kommunen hätten gezeigt, dass mit einer solchen Satzung nicht so viele Wohnungen auf den Vermietungsmarkt zurückkämen.
Ablehnung von CDU, FW, FDP
...Am Ende stand also das 18:18. Im Bauausschuss war zuletzt noch eine Empfehlung gegen die Satzung beschlossen worden. ...
Beide Anträge abgelehnt
Was bedeutet jetzt das kuriose Abstimmungsergebnis für die Satzung? „Da beide Alternativen keine Mehrheit erhalten haben, bedeutet es, dass beide Alternativen abgelehnt wurden..... Der OB könne das Thema jederzeit wieder auf die Tagesordnung nehmen.
Eine Sache wurde dann doch noch einstimmig beschlossen. Jürgen Holeksa (Netzwerk) hatte darauf gedrängt: Dass die Verwaltung prüfen soll, „wie eine Wohnungsvermittlungsprämie umgesetzt werden kann“. Immerhin.
Land regelt Zweckentfremdung 2021 neu:
Das Thema Zweckentfremdung von Wohnraum wurde im Februar 2021 vom Land neu geregelt. „Damit geben wir unseren Städten und Gemeinden noch bessere und effektivere Instrumente an die Hand, um gegen die Zweckentfremdung von Wohnraum vorzugehen und den vielerorts knappen Wohnungsbestand erhalten zu können“, sagte Ministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) damals. .....So könnten die Städte und Gemeinden auf einfache Weise überprüfen, ob für eine bestimmte Wohnung anhand der Gesamtdauer der Kurzzeitvermietungen die Schwelle zur Zweckentfremdung überschritten sei. Für Verstöße gegen das Genehmigungserfordernis wurde das maximal mögliche Bußgeld von 50 000 Euro auf 100 000 Euro verdoppelt.
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