November 12th, 2024 | Online lesen hier von Rico Grimm
Was die Trump-Präsidentschaft und das Ampel-Aus bedeuten.
Diese Woche lässt sich mit einem Wort zusammenfassen: Uff.
Denn ich schaue auf die Folgen der Wiederwahl von Trump und des Ampel-Aus
1. Trump ist der letzte große Test
- Donald Trump hat angekündigt, nach seiner Wiederwahl aus dem Paris-Abkommen auszutreten, die Öl- und Gasförderung auf Bundesland auszuweiten, Emissionsgesetze der Umweltschutzbehörde EPA zu streichen.
- Besonders viel Zorn zieht der Inflation Reduction Act (IRA) auf sich: Die Kaufprämie für E-Autos will er abräumen und alle nicht verbrauchten Gelder aus den Fördertöpfen des IRA umwidmen.
- Auch andere Förderprogramme könnten betroffen sein, etwa das Industrial Demonstration Programme, mit dem 33 große Industrieorte dekarbonisiert werden sollten.
- In Summe, das hat Carbon Brief ausgerechnet, könnte die Trump-Politik vier Milliarden Tonnen CO₂ zusätzlich verursachen (im Vergleich zur Biden-Politik). Das sind die gesamten Emissionen der USA eines Jahres.
🍏 Was ich denke
In den letzten Tagen habe ich mich mehrmals gefragt, ob ich mir die Situation schönrede.
Aber egal, wie ich auf die Trump-Präsidentschaft schaue, ich glaube nicht, dass sie irgendetwas an den techno-ökonomischen Großtrends verändern kann, über die wir in diesem Newsletter immer wieder sprechen.
Wird Trump im Alleingang die Lernrate bei Solarzellen brechen und dafür sorgen, dass sie wieder so teuer werden, wie sie vielleicht vor acht Jahren bei seinem Amtsantritt vor acht Jahren werden? Kann seine Umweltschutzbehörde die Batteriebauer anweisen, bitte Akkus mit weniger Energiedichte zu bauen? Wird die Idee der schwimmenden Windkraft eingemottet, Batterierecycling verboten, wird vertikale Solarkraft verschwinden oder die Idee hinter Zement ohne Kalkbrennen?
Trump schadet dem Klimaschutz und sauberen Technologien. Er ist aber nicht deren Ende. Er ist ihr letzter großer Test.
Sollten sich Solarkraft, Wind, Speicher, E-Autos etc. weiter mit dieser Geschwindigkeit durchsetzen – trotz eines Klimaleugners im Weißen Haus – sieht auch der letzte Zweifler, dass saubere Technologien mehr sind als politische Lieblingsprojekte.
Dafür gibt es schon jetzt Anzeichen. Immerhin ging unter Trump mehr Kohleenergie vom Netz als unter Obama und mehr Windleistung ans Netz als unter Biden.
Wir könnten noch einen Schritt weiter gehen: Wenn sich das politische Klima für diese Technologien verschlechtert, müssen die Geschäftsmodelle und Technologien eben noch besser werden.
Und selbst politisch: Donald Trump möchte den IRA entkernen. Wie er die größten Nutznießer dieser Förderungen in republikanischen Staaten davon überzeugen will, dass es eine gute Idee ist, ist unklar. Auch gegen Obamacare, die beliebte Gesundheitsreform von Obama hatte er gewettert und konnte sie dennoch nicht zurücknehmen.
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2. Ampel-Aus: Was die CDU will
- Die knapp drei Jahre regierende Ampel-Koalition ist zerbrochen. Deswegen gibt es Neuwahlen, möglicherweise noch dieses Jahr.
- SPD und Grüne regieren weiterhin geschäftsführend, aber ohne eigene Mehrheit. Damit wackeln zentrale energiepolitische Vorhaben, etwa ein Gesetz, das die Kohlenstoffspeicherung regeln soll, die seit Monaten diskutierte Kraftwerksstrategie, aber auch das Geothermiebeschleunigungsgesetz und die Überarbeitung des für den Netz- und Speicherausbau sehr wichtigen Energiewirtschaftsgesetz.
- Gesetze, die der aktuelle Bundestag nicht verabschiedet, wandern nicht automatisch in den nächsten Bundestag. Er muss sich neu mit ihnen befassen.
🍏 Was ich denke
Rot-Grün bräuchte die Hilfe der Union, um die offenen Gesetze noch zu verabschieden. Die aber dringt auf möglichst schnelle Neuwahlen. Ein staatspolitisch begründeter Deal zwischen SPD/Grünen und Union ist denkbar.
Denn eigentlich wollte Olaf Scholz erst im Januar die Vertrauensfrage stellen und im März dann wählen lassen. Am Wochenende hat er aber signalisiert, das auch früher zu tun, wenn die Union noch einigen offenen Gesetzen zustimmt. Das trifft sich gut. Denn exakt das war das Angebot bzw. die Forderung der Union.
Welche Gesetze verabschiedet werden könnten? Unklar. Es dürften aber nur jene sein, die schon sehr weit im parlamentarischen Prozess sind und es müssen nicht notwendigerweise die energiepolitischen sein. Anpassung der Rente, Abbau der kalten Progression in der Steuerpolitik und einige Rüstungsvorhaben dürften den Politikern im Wahlkampf wichtiger erscheinen.
So oder so wird in den nächsten Jahren wichtiger, was die Union will. Das verrät ein Blick auf die Umfragen. In der nächsten Bundesregierung führt kein Weg an ihr vorbei.
In der Vergangenheit fiel sie in der Klima- und Energiepolitik vor allem damit auf, eher zu bremsen. Gerade hat sie ein energiepolitisches Grundsatzpapier (PDF) veröffentlicht, das Jens Spahn im Tagesspiegel auch nochmal kommentierte.
Die wichtigsten Punkte:
- Bei der Atomkraft sagt Parteichef und Vielleicht-Bald-Kanzler Friedrich Merz, dass die Frage entschieden sei. Aber sein energiepolitisch Verantwortlicher Jens Spahn sieht das anders: „Bei der Kernkraft ist noch viel mehr möglich, als die Versorger zugeben.“
- Der Erneuerbaren-Ausbau soll an den Netzausbau gekoppelt werden.
- Das Heizgesetz würde Spahn gerne kassieren, denn darin seien die Anforderungen für Wasserstoff- und Pelletheizungen unrealistisch hoch. Auch die Klimaschutzverträge, mit dem die Klimaschutzmehrkosten mancher Unternehmen ausgeglichen werden, stünden auf dem Prüfstand.
- Die Reserve für den Kraftwerkspark würde Spahn gerne auf 20 GW hochschrauben und es ermöglichen, dass „Grüngas“ dem Erdgas beigemischt wird.
- Neue Hochspannungsleitungen sollen grundsätzlich Freileitungen sein (hier mein Explainer zu der Frage.)
- Die Bundesnetzagentur soll ihre Unabhängigkeit bei der Höhe der Netzentgelte verlieren. Sie sollen politisch festgelegt werden.
- Die Union spricht sich für ein Klimageld aus.
Was davon die Union dann auch umsetzen kann (Unabhängigkeit der Bundesnetzagentur ist im Europarecht festgeschrieben bspw.), umsetzen will (Klimageld) und erstmal noch intern ausführlich diskutieren muss (Wiedereinstieg in die Atomkraft), hängt maßgeblich von ihren zukünftigen Koalitionspartnern ab.
Nur bei einem Ziel aus dem Grundsatzpapier bin ich mir 100 Prozent sicher:
„Wir bauen das erste Fusionskraftwerk der Welt.“
Vielleicht tut Deutschland das, aber sicher nicht in der nächsten Legislaturperiode.
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