Sonntag, 24. November 2024

Nur ein Minimalkonsens, das vollständige Scheitern gerade mal in letzten Verhandlungen abgewendet

ZDF  hier 24.11.2024

COP29 einigt sich auf Billionensumme für den Klimaschutz

Nach 30 Stunden Verlängerung: Klimakonferenz erzielt Einigung, viele Fragen offen

Die Klimakonferenz drohte zu scheitern, nach 30 Stunden Verlängerung dann die Einigung: Die Unterstützung für ärmere Länder soll aufgestockt werden. Doch viele Fragen bleiben.

Nach zähem Ringen hat die UN-Klimakonferenz in der Nacht zum Sonntag einen neuen Rahmen für die internationale Finanzierung von Klimaschutz und Anpassung an Klimafolgen beschlossen. Demnach soll der jährliche Beitrag - in erster Linie der, der Industriestaaten - bis 2035 auf mindestens 300 Milliarden Dollar erhöht werden.

Mit dem Geld sollen Entwicklungsländer mehr Klimaschutz bezahlen können und sich an die fatalen Folgen der Erderwärmung anpassen können - etwa häufigere Dürren, Stürme und Überschwemmungen. Bisher mobilisieren die klassischen Industrienationen jährlich gut 100 Milliarden US-Dollar an Klimahilfen. Doch inzwischen liegt der Bedarf an externer Hilfe weithaus höher.

Einspieler: Die Weltklimakonferenz hat sich geeinigt, viele Fragen bleiben offen. Der Kompromiss sei keiner, mit "dem die ärmeren Länder gut leben können", sagt ZDF-Umweltexperte Andreas Stamm.

24.11.2024 | 1:14 min

Banken sollen armen Staaten Schulden erlassen

Der Beschluss zu Finanzen blieb weit hinter den Forderungen von Entwicklungsländern zurück. Die Entwicklungsländer hatten während der Konferenz Beiträge von 1,3 Billionen Dollar jährlich bis 2035 gefordert, mindestens aber bis 2030 eine Erhöhung der Zahlungen der Industriestaaten auf 500 Milliarden Dollar.

Die Summe von 1,3 Billionen Dollar wird nun in dem Beschluss zwar als Zielgröße genannt, jedoch ohne allzu detaillierte Angaben zur Herkunft der Mittel. Der Einigung zufolge sollen auch die multilateralen Entwicklungsbanken deutlich mehr Kredite vergeben, beziehungsweise armen Staaten Schulden erlassen. Über das öffentliche Geld und das der Banken sollen mit Hebelwirkung auch private Investitionen angestoßen werden, die ebenfalls als Klimafinanzierung gezählt werden.

Einspieler: Seit 1995 die erste UN-Klimakonferenz stattfand, geht es um nichts weniger als den Stopp des Klimawandels. Bringen Weltklimakonferenzen wirklich etwas? Oder sind sie überflüssig?

26.11.2023 | 28:39 min

Klimaschutz: Woher das Geld kommen soll, bleibt unklar

Die EU einschließlich Deutschland wagte sich während der zweiwöchigen Konferenz erst ganz zum Schluss mit konkreten Summen aus der Deckung. Von der Bundesregierung hieß es, es sei völlig unrealistisch, dass Geld in Billionenhöhe aus den Haushalten kommt. Deutschland wird - wie alle anderen Staaten - mit dem jetzigen Beschluss nicht konkret zu Zahlungen in bestimmter Höhe verpflichtet.

Bislang hatte die Bundesrepublik für die Klimafinanzierung rund sechs Milliarden Euro pro Jahr versprochen. Wie viel es nach dem Baku-Beschluss sein wird, muss die künftige Bundesregierung entscheiden. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) machte in der Nacht deutlich, dass Deutschland "liefern" werde. Gleichzeitg sagte sie:


"Wir wissen, dass unsere heutigen Entscheidungen
allein nicht ausreichen, um alle Bedürfnisse zu erfüllen"

Annalena Baerbock


Die Bundesregierung hatte zuvor an Länder wie China und die reichen Golfstaaten, die viel mit Öl, Gas und Kohle verdient haben, appelliert, ebenfalls zu zahlen. Noch gelten diese Staaten, wie etwa auch Indien und Südkorea, nach einer 30 Jahre alten UN-Einstufung aber als Entwicklungsstaaten - und damit als Empfängerländer.

"Es klingt auf den ersten Blick nach einer großen Summe, vom bisherigen Ziel 100 auf 300 Milliarden Dollar jährlich. Doch ein zweiter Blick verrät: Es ist kein wirklicher Erfolg. Denn der Betrag muss erst bis 2035 erreicht werden. Bedenkt man, dass das alte Ziel schon 2009 formuliert wurde, ist das fast nicht mal der Inflationsausgleich. Der Mindestbedarf aus den Expertenrunden, 1,3 Billionen Dollar jährlich, wird zumindest im Schlussdokument anerkannt, aber dafür kann sich niemand was kaufen. Dabei trifft die Intensität der Klimakrise gerade den globalen Süden mit immer mehr Wucht.

Auch für die Industrieländer ist das Ergebnis nur auf den ersten Blick ein Erfolg - denn spätestens bis nächstes Jahr müssen die rund 200 Vertragsstaaten neue Klimaschutzpläne vorlegen. Und die Lücke, die die USA hinterlassen werden, wenn Donald Trump - wie zu erwarten - die Zahlungen seines Landes stoppen wird, muss auch noch gefüllt werden. 'Wie soll das nun gelingen?', hört man aus den Delegationen des globalen Südens. Der Kampf gegen den Klimawandel hat in Baku nicht gewonnen. Alles schaut nun auf die nächste COP in Brasilien im kommenden Jahr. Der Prozess geht weiter, genauso wie die Klimakrise. Kommt Zeit, kommt Rat, heißt es. Es fehlt eben immer mehr die Zeit."

Wut und Frust nach dem Beschluss von Baku

Kurz nach dem Hammerschlag des aserbaidschanischen Gastgebers wurde indes deutlich, dass viele Länder nur mit Zähneknirschen zugestimmt hatten, um wenigstens nicht ganz ohne Kompromiss auseinanderzugehen: Die Vertreterin Nigerias bezeichnete die 300 Milliarden als "Witz" und "Beleidigung".

Auch Indiens Vertreterin protestierte, man könne absolut nicht einverstanden sein, weil die Zusagen viel zu gering seien. De facto hat die Kritik aber keine Auswirkungen mehr, der Beschluss gilt. Bereits zuvor drohte die Weltklimakonferenz, die um mehr als 30 Stunden verlängert wurde, zu scheitern. Ganze Staatengruppen verließen wenige Stunden vor dem Ende vorübergehend die Verhandlungen.

Nach Klimakonferenz: Entwicklungsländer und Organisationen von Ergebnis enttäuscht

Wiederholt gab es während der Konferenz auch heftige Kritik am Vorgehen der aserbaidschanischen Präsidentschaft. Etliche Staaten fühlen sich übergangen und beklagten, Wortmeldungen seien ignoriert worden - ein Vorwurf, den auch Baerbock im Schlussspurt der Verhandlungen erhob. Greenpeace-Deutschland-Chef Martin Kaiser meinte:

"Zwischen der zugesagten Unterstützung
für die verletzlichsten Länder und deren dringenden Bedarfen klafft nach Baku eine beschämend weite Lücke"

Martin Kaiser, Greenpeace




hier  23.11.2024  Von Maxi Arnhold

Verlängerung von Klimakonferenz COP29: Baerbock kritisiert „geopolitische Machtspiele“

Die Bundesaußenministerin wirft den reichen Ölstaaten vor, beim Weltklimagipfel die Interessen der kleinsten Inselstaaten zu missachten. Aktuell läuft eine Abstimmungsrunde im Plenum.

Ein Erfolg der 29. Weltklimakonferenz wird unwahrscheinlicher. Nachdem sich der Gipfel in Aserbaidschans Hauptstadt Baku bereits um einen Tag in die Länge gezogen hat, standen die Verhandlungen am frühen Samstagabend Ortszeit kurzzeitig auf der Kippe. Zur Stunde läuft aber eine erste Abstimmungsrunde im Plenum, die zu einer Einigung finden soll.

Zuvor hatten einige Entwicklungsländer vorübergehend den Raum verlassen, in dem über Finanzierungsfragen verhandelt wird. „Im Moment haben wir nicht das Gefühl, dass wir gehört werden“, sagte Cedric Schuster aus Samoa, der Delegationsleiter der Allianz der kleinen Inselstaaten (Aosis). Gleichzeitig signalisierte seine Gruppe in einer Mitteilung weitere Redebereitschaft.

Der Verhandlungsführer der am wenigsten entwickelten afrikanischen Staatengruppe, Jiwoh Abdulai, machte deutlich, dass Afrika und die kleinen Inselnationen gemeinsam am meisten von der Klimakrise betroffen seien, die sie selbst nicht wesentlich verursacht haben.

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat die aserbaidschanische Gipfelpräsidentschaft und reiche Ölstaaten derweil scharf dafür kritisiert, die kleinen Inselstaaten zu übervorteilen. „In Baku befinden wir uns in einem geopolitischen Machtspiel einiger fossiler Staaten“, sagte Baerbock am Samstagnachmittag zu Journalist*innen.

Baerbock setzt sich für Verhandlungserfolg ein
„Wir Europäer werden nicht zulassen, dass die verletzlichsten Staaten auf der Welt, insbesondere die kleinen Inselstaaten, von einigen der neuen fossilen und reichen Emittenten jetzt hier über den Tisch gezogen werden“, sagte die Grünenpolitikerin. „Und das im Zweifel auch noch auch mit Rückendeckung der Konferenz-Präsidentschaft.“

Aus EU-Delegationskreisen ist zu hören, dass sich Baerbock in Gesprächen mit den schwächsten Ländern für einen Verhandlungserfolg einsetzt. Der Gipfel in Baku soll klären, wie und in welcher Höhe die reichen Industrieländer künftig Finanzmittel für Klimaschutz, Anpassung an den Klimawandel und unvermeidbare Schäden in den Ländern des globalen Südens bereitstellen.

Ein am Freitag vorgelegter Entwurf sieht vor, die Gelder bis 2035 auf 250 Milliarden US-Dollar jährlich aufzustocken. Die Länder des Südens lehnen dies als unzureichend ab. Medienberichten zufolge ist die EU nun gewillt, bis 2035 pro Jahr 300 Milliarden Dollar (rund 287 Milliarden Euro) bereitzustellen. Über einen entsprechenden Textentwurf konnte bislang jedoch keine Einigung erzielt werden.

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