Samstag, 23. November 2024

Es gibt bereits viele Lösungen und Vorstellungen für eine lebenswertere Welt, die allerorts erprobt und gelebt werden.

Was mich immer wieder fasziniert: wie kleine Anfänge und Ideen irgendwann auch zu etwas Großem führen können, eben weil sie beweisen dass es in der Praxis funktionieren kann. Hat es mit der Energiewende nicht auch ganz klein begonnen? Es lohnt sich also mitzudenken und am Kleinen zu basteln. Und noch viel wichtiger: Eine neue Erzählung ins Leben zu rufen (ja, nicht nur Gas-Lobbyisten können das) und damit auf zeigen wie viel wir durch Bereitschaft zur Veränderung zu gewinnen haben.

Perspective-daily  hier von  Désiree Schneider  23. November 2024 

So sieht eine Welt aus, in der du nie mehr den Müll rausbringen musst

Das Beste ist: Diese Vision ist bereits größtenteils real – nur nicht alle Teile davon an einem Ort zusammen.


Die Vision können Sie über den Link hier direkt lesen, ich habe nur die Endgedanken unten übernommen

Egal ob dich die Gedankenreise durch Sophies Morgen beflügelt oder ob sie bei dir nicht gut ankam – ich habe gute Nachrichten für dich: Viele Lösungen, die in der Vision vorkommen, werden bereits heute gelebt. Nur nicht überall gleichzeitig, sondern in Form von kleinen Real-Utopien oder politischen Maßnahmen einzelner Orte.

Dahinter stehen Menschen, Initiativen und auch Geschäftsideen, die zeigen, was alles möglich ist und wie wir eine lebenswertere Welt schaffen können.

An diesen Orten existieren sie bereits oder werden ausprobiert:

Deutschlandweit und auf der ganzen Welt leben Menschen in Mehrgenerationen-Wohnhäusern. Sie erkennen den Vorteil der Wohnform und entscheiden sich dafür, in einem geselligen Miteinander zu wohnen, statt sich von der Gesellschaft abzukapseln. Vielerorts schließen sich Freundesgruppen und Bekanntenkreise zu Nachbarschafts- und Wohnviertelinitiativen zusammen. Manche auf eigene Faust, andere mithilfe von Förderprogrammen der Regierung, an wiederum anderen Orten gestalten Städte und Dörfer durch solche Projekte Wohnviertel neu.

Wohnraum ist knapp. Oft leben wenige Menschen auf einer großen Wohnfläche, gerade wenn die Kinder ausgezogen sind. Orte wie Mannheim, Lörrach, Freiburg und Darmstadt bieten deshalb Umzugsprämien an für Bewohner:innen, die ihren Wohnraum verkleinern. Manche Gemeinden machen das durch einen Wohnungstausch, andere durch finanzielle Schenkungen und einige bieten Hilfe beim Packen und Einrichten an.

Was braucht es, damit Menschen zufriedener und nachhaltiger leben können? Einkaufsmöglichkeiten, medizinische Versorgung und Kultur in Reichweite.
Das vermeidet lange Transportwege und erhöht die Chancen, dass sich Bürger:innen sozial angebunden fühlen. Deswegen arbeitet beispielsweise Paris auf die Utopie der 15-Minuten-Stadt hin. Bedeutet: Alles, was im Alltag gebraucht wird, soll für die Einwohnenden in rund 15 Minuten zu Fuß von ihrem Zuhause aus erreichbar sein. Dazu gehört auch, Orte der Begegnung zu schaffen und zu unterstützen – wie Stadtkiosks, Schulhöfe, Parks und öffentliche Plätze.

Andere Orte, wie Ravensburg und Flensburg, gehen einen ähnlichen Weg in kleineren Schritten. Sie richten ihre Stadtplanung so aus, dass ihre Einwohnenden weniger Ressourcen verbrauchen. In Ravensburg etwa, indem die Stadt relevanten Geschäften nicht erlaubt, sich am Stadtrand anzusiedeln.

In Eskilstuna, nahe der schwedischen Hauptstadt Stockholm, hat 2015 ein Secondhandeinkaufszentrum eröffnet. Es gilt als das erste seiner Art weltweit. Darin finden sich Sport-, Kleidungs- und Elektrogeschäfte, Spielwarenstände und ein Gartencenter. Seit 2020 testet Ikea unter anderem in dem Secondhandkaufhaus, wie es seinen Produkten ein zweites Leben schenken kann. Die gebrauchten Waren bekommen die Geschäfte des Kaufhauses vom Recyclingcenter nebenan oder als Spende angeliefert. Sie werden mehrmals durchsortiert und vor Ort repariert und aufbereitet. Ähnliche Konzepte gibt es inzwischen weltweit, auch in Deutschland. So etwa im Kaufhaus Stilbruch in Hamburg und in der 2020 eröffneten Berliner NochMall, die auch Repaircafés und Upcycling-Workshops organisiert.

Es ist immer noch günstiger und einfacher, sich etwas Neues zu kaufen, als das Alte zu reparieren. Deshalb hat die EU im April das Recht auf Reparatur ins Leben gerufen. Die EU-Mitgliedstaaten haben jetzt 2 Jahre Zeit, die Regelung in nationales Recht zu gießen. Bedeutet: Unternehmen, die Elektrogeräte vertreiben wie Spül- und Waschmaschinen, Kühlschränke oder Smartphones müssen Ersatzteile dafür künftig mindestens 10 Jahre vorhalten und Kund:innen garantieren, dass sie ihre Geräte selbst reparieren oder sie beim Hersteller zur Reparatur einsenden können.

Bundesländer wie Thüringen und Sachsen sowie seit Neuestem auch Berlin sind der EU schon ein Stück voraus. Sie bieten einen Reparaturbonus, übernehmen also einen Teil oder ganze Rechnungen, wenn jemand etwa seine Waschmaschine reparieren lässt. Luxemburg hingegen denkt über eine gesenkte Mehrwertsteuer für bestimmte Reparaturen nach.

Was hat es mit Sophies gemieteter Matratze auf sich? Dahinter steckt ein Ansatz, der das Wirtschaftssystem umkrempeln könnte: Produkte als Dienstleistungen anzubieten (auf Englisch: Product-as-a-Service). Das Geschäftsmodell ist vor allem im Softwarebereich schon weit verbreitet, wie Dropbox oder Zoom. Doch auch physische Produkte, die normalerweise »verkauft« werden und irgendwann auf dem Müll landen, können auf Zeit genutzt werden und so in einem Kreislauf bleiben. Eines der bekannten Beispiele ist wohl das Unternehmen Swapfiets, das ein Abo-Modell für Fahrräder anbietet. Statt das Produkt Fahrrad zu verkaufen, bietet das Unternehmen dessen Nutzung an – also die Aktivität »sorgloses Fahrradfahren«.

Für einen monatlichen Fixbetrag bekommst du ein eigenes, fahrtüchtiges Fahrrad. Ist etwas kaputt, kommt ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin innerhalb von 24 Stunden vorbei und tauscht das Rad aus. Es fällt kein Müll an und die Ressourcen, die in einem Fahrrad gebunden sind, kommen immer wieder zum Unternehmen zurück.

Das in der Utopie vorgestellte unterirdische Müllentsorgungssystem nutzt Roosevelt Island, ein Teil des Stadtbezirks Manhattan in New York City, bereits seit fast 50 Jahren. Es soll Müllwagen von den engen Straßen der Insel fernhalten und den Bewohnenden eine saubere Umgebung sichern. Zur Zeit der Einführung gab es ein ähnliches Abfallsystem noch im Freizeitpark Disney World. Heute hat die Idee, die Müllentsorgung in den Untergrund zu verlagern, wieder an Beliebtheit gewonnen. Envac – das schwedische Unternehmen, das hinter dem System steckt – hat inzwischen Hunderte dieser Systeme im Einsatz, vor allem in Europa (wie in Bergen und Stockholm), Asien und im Nahen Osten.

Es gibt also viele Lösungen und Vorstellungen für eine lebenswertere Welt, die allerorts erprobt und gelebt werden. Davon können wir uns inspirieren lassen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen