Germanwatch hier
TAZ hier 20.11.2024 Von Jonas Waack
Neues Klimawandel-Ranking: Die Hoffnung ruht auf China und IndienDänemark tut am meisten, um die Erderhitzung zu begrenzen, zeigt der Klimawandel-Leistungsindex. Deutschland rutscht auf die Bewertung „mäßig“ ab.
Weltweit werden die erneuerbaren Energien rasant ausgebaut. Trotzdem tut kein Land genug, um die Erderhitzung unter den im Pariser Klimaabkommen vereinbarten 1,5 Grad zu halten. Zu diesem Ergebnis kommt der Climate Change Performance Index CCPI, den die NGO Germanwatch und das NewClimate Institute mit Hilfe von etwa 450 internationalen Expert*innen zusammenstellen.
Von den 64 untersuchten Staaten haben 61 den Anteil der Erneuerbaren an ihrem Energiemix in den vergangenen fünf Jahren vergrößert. Trotzdem bewerten die Expert*innen den Emissionstrend von insgesamt 29 Staaten als schlecht oder sehr schlecht, weil sie gleichzeitig mehr Energie aus fossilen Brennstoffen nutzen und so die Erde weiter erhitzen.
Im CCPI wird jedes Land nach vier Kategorien beurteilt. Am stärksten gewichtet werden die bereits ausgestoßenen und prognostizierten Treibhausgase. Danach wiegen gleich schwer der Ausbau der erneuerbaren Energien, der Energieverbrauch und die Klimapolitik. Beim Gesamtergebnis bleiben schon traditionell die ersten drei Plätze leer, weil den Expert*innen zufolge kein Land genug tut, um die globale Erwärmung bei 1,5 Grad zu stoppen.
Am besten schneidet auf Rang vier Dänemark ab. Dänemark, Schweden und Norwegen sind die einzigen drei Länder, die ihre erneuerbaren Energien laut Studie „sehr gut“ ausbauen. Zusammen mit der EU, Kolumbien und Großbritannien setzt sich Dänemark außerdem international am stärksten für mehr Klimaschutz ein.
Kanada, China, Russland und die USA „sehr schlecht“
Deutschland rutscht im Ranking um zwei Plätze auf den 16. Rang ab und erhält nicht mehr die Bewertung „gut“, sondern nur noch „mäßig“. „Es gibt zwar klare Fortschritte im Ausbau der erneuerbaren Energien, aber das zeigt sich fast ausschließlich im Strommix“, sagt Jan Burck von Germanwatch, einer der Hauptautor*innen des CCPI. Zwar gehe der Ausbau der Erneuerbaren gut voran, unter anderem weil Bürokratie abgebaut wurde. Gleichzeitig sinken die Emissionen von Verkehrs- und Gebäudesektor nicht ausreichend und die Branchen stehen aufgrund des neuen Klimaschutzgesetzes der Ampelregierung auch weniger stark unter Druck, klimafreundlicher zu werden.
Die schlechteste Bewertung erhielten die öl- und gasfördernden Staaten auf der Arabischen Halbinsel und der Iran. Auch Kanada, China, Russland und die USA wurden insgesamt als „sehr schlecht“ bewertet.
China allerdings bildet zusammen mit Brasilien und Indonesien die Top 3 unter den größten 20 Volkswirtschaften beim Ausbau der Erneuerbaren. Die Studienautor*innen loben, dass immer mehr Solarzellen, Lithium-Batterien und E-Autos in China produziert werden. Dem chinesischen Ziel, ab 2030 die Emissionen zu senken, stehen aber die zahlreichen neuen und im Bau befindlichen Kohlekraftwerke in China entgegen.
„In China erleben wir einen beispiellosen Boom bei den erneuerbaren Energien und der Höhepunkt der Emissionen scheint nahezu erreicht zu sein. Das wäre ein echter Meilenstein und ein wichtiger Treiber weltweit“, sagt Studienautor Jan Burck. „Aber um die immensen Emissionen des Landes nachhaltig und zügig zu senken, brauchen wir jetzt eine klare Abkehr von fossilen Energien.“ Die sei noch nicht zu erkennen – allerdings könne sich das mit dem bevorstehenden neuen Fünfjahresplan ändern.
Ganz ähnlich bewerten die Expert*innen Indien und seine Emissionsentwicklung. Das bevölkerungsreichste Land der Welt verbraucht zwar recht wenig Energie und baut die Solarenergie schnell aus, will aber auch neue Kohlekraftwerke.
Die USA bekommen wie schon in den vergangenen Jahren in allen Bereichen eher schlechte Notzen. Die Expert*innen loben zwar den Inflation Reduction Act, mit dem Präsident Joe Biden vor allem den Ausbau von Erneuerbaren, die E-Auto-Fertigung sowie die Instandsetzung von alten Häusern ankurbeln wollte. Trotzdem verbrauchen US-Amerikaner*innen weiterhin sehr viel Energie. Und auch die Wahl von Donald Trump zum nächsten Präsidenten sei „sicher keine gute Nachricht“, sagt Studien-Co-Autor Niklas Höhne. Den Boom der Erneuerbaren könne aber auch Trump nicht aufhalten.
Klimaschutz-Index
2025: Dänemark bleibt Vorreiter, Deutschland verschlechtert sich
Die globale Klimapolitik ist nicht ambitioniert genug – das ist das Fazit des „Klimaschutz-Index 2025“. So zeichnet sich ab, dass der aktuelle Klimaschutz der Länder nicht ausreichen wird, um die globale Erwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Doch es gibt einen Hoffnungsschimmer: die erneuerbaren Energien.
Kein Land der Welt tut genug, um die Pariser Klimaziele zu erreichen. Bei der Klimakonferenz 2015 in Paris hatte sich die Weltgemeinschaft darauf verständigt, die globale Erwärmung auf deutlich unter zwei Grad Celsius, idealerweise auf 1,5 Grad Celsius, zu begrenzen. Doch dafür müssten die Staaten in ihren Bemühungen zum Klimaschutz noch ambitionierter werden, wie der „Klimaschutz-Index 2025“ verdeutlicht.
Seit 2005 bewerten der Verein Germanwatch und das New Climate Institute jährlich die Klimaschutzbemühungen von 63 Ländern und der Europäischen Union. Sie berücksichtigen dabei vier Kategorien: die Treibhausgasemissionen, den Ausbau der erneuerbaren Energien, die Energienutzung und die Klimapolitik. Demnach ist Dänemark das vierte Jahr in Folge Vorreiter beim Klimaschutz. Für den ersten Platz im Ranking hat es aber nicht gereicht: Dänemark landet trotz der Bewertung „gut“ nur auf Platz vier, weil die Klimaschutzbemühungen insgesamt für das 1,5-Grad-Ziel noch nicht reichen.
Deutlich verbessern konnte sich Großbritannien. Im Vorjahr lag das Land noch auf Platz 20 des Klimaschutz-Index, jetzt ist es auf Platz sechs. Die neue Regierung ist deutlich ambitionierter in ihrer Klimapolitik: Anfang Oktober hatte sie das letzte Kohlekraftwerk vom Netz genommen – und damit den Kohleausstieg erfolgreich abgeschlossen. Die Abkehr von Öl und Gas verläuft hingegen deutlich schleppender.
Höhepunkt der Emissionen bald erreicht?
Die letzten Plätze des Klimaschutz-Index belegen die Vereinigten Arabischen Emirate, Saudi-Arabien und der Iran. Diese Länder halten weiterhin an fossilen Energien wie Öl und Gas fest – und gehören damit zu den größten Treibhausgasemittenten weltweit. Bei der Bewertung der Treibhausgasemissionen kommt Saudi-Arabien zum Beispiel nur auf 3,1 Punkte. Noch schlechter – mit 2,6 Punkten – sind nur noch die Vereinigten Arabischen Emirate.
Luxemburg emittiert dagegen die wenigsten Treibhausgase. Mit 34,1 Punkten führt das Land die Tabellenspitze der Bewertung der Treibhausgasemissionen an – landet aber in diesem Punkt nur auf Platz vier. Ebenfalls „gut“ schneiden Schweden (31,8 Punkte) und Chile (30,9 Punkte) ab.
„Der Höhepunkt der weltweiten Emissionen ist in greifbarer Nähe“, resümiert Niklas Höhne, Gründer des New Climate Institutes und Co-Autor des Klimaschutz-Index. „Nun kommt es darauf an, dass wir in einen schnellen Sinkflug kommen. Und da könnte die Rückkehr von Donald Trump ins Weiße Haus ein Bremsklotz werden.“ Der neu gewählte US-amerikanische Präsident hatte vor seiner Wahl angekündigt, sowohl aus dem Pariser Klimaabkommen als auch der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen auszusteigen.
Dabei sind die USA beim Klimaschutz-Index schon jetzt auf einem der unteren Ränge. „Während Bidens Inflation Reduction Act und andere Maßnahmen in den USA positive Impulse für Erneuerbare setzen konnten, sind die Emissionen pro Kopf mit 15,8 Tonnen CO₂e (Abkürzung für CO₂-Äquivalente, Anm. d. Red.) pro Jahr noch immer sehr hoch“, sagt Höhne. „Die Wahl von Donald Trump ist sicher keine gute Nachricht, aber wie stark eine künftige Trump-Regierung die Klimapolitik zurückwerfen wird, bleibt abzuwarten. Auch Trump kann den Boom der erneuerbaren Energien nicht aufhalten.“
Boom der Erneuerbaren
Das ist die positive Nachricht des Klimaschutz-Index: Nicht nur in den USA, sondern in fast allen emissionsstarken Ländern erleben erneuerbare Energien wie Wind-, Wasser- und Solarkraft einen Aufschwung. Mit gutem Beispiel voran geht Nordeuropa, insbesondere Norwegen. Das Land belegt bei der Bewertung des Ausbaus der Erneuerbaren den ersten Platz im Ranking – mit 19,21 Punkten. Dicht dahinter sind Schweden und Dänemark. Es ist das erste Mal, dass drei Länder die Bewertung „sehr gut“ bekommen.
Auch China setzt verstärkt auf erneuerbare Energieträger. „Der Höhepunkt der Emissionen scheint nahezu erreicht zu sein“, sagt Klimaschutz-Referent und Hauptautor des Klimaschutz-Index Jan Burck von Germanwatch. „Das wäre ein echter Meilenstein und ein wichtiger Treiber weltweit.“ Im ersten Quartal dieses Jahres seien die Emissionen in China erstmals gesunken, ohne dass eine Konjunkturflaute der Grund gewesen wäre.
Dennoch sind die Treibhausgasemissionen in der Volksrepublik nach wie vor viel zu hoch. „Um die immensen Emissionen des Landes nachhaltig und zügig zu senken, brauchen wir jetzt eine klare Abkehr von fossilen Energien“, fordert Burck. „Für China ist das eine Riesenchance, internationales Ansehen zu gewinnen – gerade im Kontrast zur künftigen Regierung der USA.“
Deutschlands Klimapolitik ist nur „mittelmäßig“
Die nationale und internationale Klimapolitik Chinas bewertet der Klimaschutz-Index zurzeit als „mittelmäßig“. Das ist noch nicht die schlechteste Bewertung, die die Autorinnen und Autoren des New Climate Institutes und des Vereins Germanwatch abgeben. Deutlich verschlechtert hat sich zum Beispiel Argentinien, das mit seiner Klimapolitik Platz 63 des Rankings belegt. Die als „sehr schlecht“ bewertete Klimapolitik resultiert unter anderem daraus, dass Argentiniens neuer Präsident, Javier Milei, den Klimawandel leugnet.
Auch Russland und Japan schneiden mit ihrer Klimapolitik „sehr schlecht“ ab. Sie kommen jeweils auf nur rund zwei Punkte. Noch schlechter mit null Punkten ist der Iran.
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