Montag, 11. November 2024

 hier  ZDF  von Jochen Klöck  9.11.2024 

Hoffnung für Biodiversität:  Der Natur Kredit geben - und so Arten retten

Deutsche Naturschützer verkaufen "Biodiversity Credits", um in Afrika Lebensraum für wilde Tiere zu schaffen - ein neues Instrument für mehr Artenschutz. So funktioniert es.

Lea Henzgen hat eine Vision: "In den nächsten zehn Jahren wollen wir eine Million Hektar Lebensraum für wilde Tiere schaffen." Das Ziel klingt gewaltig. Denn zurzeit ist das Wildtierreservat Dabchick in Südafrika, auf dem unter anderem Giraffen, Antilopen, Nashörner und Leoparden leben, gerade einmal 2.000 Hektar groß. Lea und ihre Organisation AMES wollen also 500-mal so viel Platz für bedrohte Tierarten schaffen.

Für diese enorme Expansion brauchen sie jede Menge Geld. Und das soll mit Hilfe von sogenannten Biodiversity Credits eingenommen werden: Gutscheine für Artenschutz, die AMES gerade auf den Markt gegeben hat. Das Konzept dahinter wird auch von den Vereinten Nationen unterstützt.
Wie es genau funktionieren soll, dazu die wichtigsten Fragen und Antworten:

Was sind Biodiversity Credits?
Auf Deutsch werden sie auch als "Artenvielfalts-Zertifikate" bezeichnet. Sie sind handelbare Einheiten, die den Schutz und die Förderung der biologischen Vielfalt finanziell unterstützen. Wer solche Credits kauft, gibt Geld an Projekte, die die Artenvielfalt auf der Erde bewahren oder wiederherstellen, beispielsweise durch den Schutz von Arealen mit vorbildlicher Biodiversität oder auch durch Aufforstung oder Renaturierung.
Fachleute haben die Hoffnung, dass die Zertifikate im Wert steigen und irgendwann mit Gewinn weiterverkauft werden können. Ob das so funktionieren wird, kann heute noch niemand garantieren.

Wer kann Biodiversity Credits verkaufen?
Menschen und Organisationen, die über ein Stück Land verfügen und dort dauerhaft dafür sorgen, dass Biodiversität geschützt oder wiederhergestellt wird - also Tiere, Pflanzen und ihre unterschiedlichen Lebensräume. Die Verkäufer sind verpflichtet, diese Leistung nachzuweisen. Dafür müssen wichtige Tiere und Pflanzen bestimmt und gezählt werden.
Das geschieht zum Teil durch Menschen vor Ort, vor allem aber über automatische Kameras und Mikrofone, die durch Künstliche Intelligenz ausgewertet werden. Dazu kommt die Analyse von Satellitenbildern, möglich sind auch die genetische Analyse von Wasser- und Bodenproben.

Wer soll Biodiversity Credits kaufen?
Unternehmen können mit Biodiversity Credits Umweltverantwortung übernehmen, ihre ökologischen Fußabdrücke reduzieren und die Nachhaltigkeitsrichtlinien der EU erfüllen. Regierungen können Biodiversity Credits als Teil ihrer Verpflichtungen zur Erhaltung von Naturgebieten erwerben oder als Ausgleich von Umweltschäden durch Infrastrukturprojekte.

Das Kunming-Montreal-Abkommen: Wie die Welt die Natur schützen will   hier

Investoren, die auf nachhaltige Finanzprodukte setzen, sehen in Biodiversity Credits eine Möglichkeit, sowohl finanzielle als auch ökologische Renditen zu erzielen. Auch Privatpersonen können Biodiversity Credits erwerben, um direkt zum Schutz der Umwelt beizutragen.

Wie wichtig sind Biodiversity Credits für den weltweiten Artenschutz?
Die Erwartungen sind riesig. Die Vereinten Nationen haben das Ziel ausgerufen, bis 2030 jeweils 30 Prozent der Land- und der Meeresfläche unter Schutz zu stellen. Um das zu schaffen, wird viel mehr Geld gebraucht als die reichen Industriestaaten bisher zur Verfügung stellen.

Die UN schätzen die Finanzierungslücke auf weit mehr als 600 Milliarden Euro pro Jahr. So viel Geld - da sind sich alle Experten einig - wird weder durch Spenden noch durch staatliche Programme zusammenkommen.
Deshalb hoffen alle Akteure darauf, dass sich durch die Biodiversity Credits ein milliardenschwerer Markt entwickelt, über den der weltweite Artenschutz vorangetrieben werden kann. Ob und wie gut es tatsächlich funktionieren wird, das kann heute niemand sicher voraussagen.

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