Freitag, 22. November 2024

Energiewende für alle: Wer ärmeren Ländern heute beim grünen Umbau hilft......

Zeit hier  Erschienen in DIE ZEIT Nr. 49/2024 / 21. November 2024 / Von Petra Pinzler

Unterstützung für Klimapolitik

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sorgte auf der Klimakonferenz in Baku für einen Lacher, als er die globale Erwärmung als global bezeichnete. Nun will eine internationale Allianz, angeführt von Deutschland, Kanada und Großbritannien, 1,3 Milliarden Euro bereitstellen, um Entwicklungsländer bei der Umstellung auf kohlenstoffärmere Produktionsverfahren zu unterstützen. 


Deutschland hat bereits Erfahrung in der Unterstützung von Ländern wie Südafrika beim Umbau der Kohleindustrie. Die bereitgestellte Summe ist jedoch im Vergleich zum Bedarf gering und dient als Anschubfinanzierung, um Investoren anzulocken. Deutschland möchte auch sein Know-how bei der grünen Transformation weltweit teilen, um neue politische Partnerschaften zu schaffen.
Dies ist ein experimentelles Tool. Die Resultate können unvollständig, veraltet oder sogar falsch sein.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sorgte auf der Klimakonferenz in Baku kurz für einen Lacher. Nämlich als er sagte: Die globale Erwärmung sei nun mal von Natur aus global. Das ist natürlich richtig, aber eben auch ziemlich trivial. Selbstverständlich spielt das Wetter nicht allein in den Ländern verrückt, die viel Treibhausgase ausstoßen, auch wenn das nur fair wäre.

Weniger trivial ist die Konsequenz, die Regierungsvertreter daraus nun ziehen: Sie wollen sich nicht mehr nur daheim um den grünen Umbau kümmern, nicht mehr nur ihre nationalen Klimaziele im Blick haben – sondern auch ärmeren Ländern helfen. Dafür stellt eine internationale Allianz, angeführt von Deutschland, Kanada und Großbritannien, jetzt 1,3 Milliarden Euro bereit. 200 Millionen Euro davon kommen aus dem deutschen Haushalt für das laufende Jahr. Mit diesem Geld sollen Entwicklungs- und Schwellenländer dabei unterstützt werden, ihre Industrien auf kohlenstoffärmere Produktionsverfahren umzurüsten. Neben Regierungen sollen sich Entwicklungsbanken und weitere internationale Geldgeber beteiligen.

Das klingt gut, auch wenn man sich fragt: Warum erst jetzt? Das Problem mit den Treibhausgasen ist schließlich schon lange bekannt. Fairerweise muss man sagen: Die Idee hat Vorläufer. Seit drei Jahren unterstützt Deutschland bereits mit anderen Geldgebern beispielsweise Südafrika beim Umbau der Kohleindustrie. Gemeinsam stellen sie Kredite in Höhe von 9,3 Milliarden Euro bereit, davon 1,8 Milliarden aus Deutschland. Damit dort neue Stromnetze gebaut und Kohlekraftwerke durch Windenergie ersetzt werden.

Dabei zeigt dieses Beispiel aber auch, wie schwierig das Ganze ist. Und vor allem: wie teuer. Gebraucht würde allein für den Umbau des Energiesystems in Südafrika ein Vielfaches, rund 100 Milliarden Dollar, sagt Crispian Oliver, der Chef der südafrikanischen Klimakommission. Bringt die neue Initiative angesichts solcher Dimensionen dann überhaupt etwas?

Klar, die bereitgestellte Summe ist angesichts des Bedarfs fast schon lächerlich gering. Die beteiligten Länder wollen sie allerdings auch lediglich als Anschubfinanzierung verstanden wissen. Als Zeichen an Investoren: Hier tut sich etwas! Steigt auch ein!

Hinzu kommt, dass es vielen Ländern nicht nur am Geld mangelt, sondern auch am nötigen Wissen: Wie baut man ein Stromnetz, das nicht zusammenbricht, wenn erneuerbare Energien mal viel und mal wenig Strom liefern, je nach Wetter? Wie schreibt man ein Klimagesetz, das die Wirtschaft nicht zu stark belastet und trotzdem schnell wirkt? Wie schafft man einen funktionierenden CO₂-Markt? Auch bei Fragen wie diesen will die Allianz, will Deutschland helfen.

Das sei nicht zuletzt auch gute Außenwirtschaftspolitik, sagt Habeck in Baku. Und er hat recht: Wer ärmeren Ländern heute beim grünen Umbau hilft, hat dort morgen womöglich neue politische Partner.

Selbst die Tatsache, dass heute nicht Deutschland, sondern China die meisten Solarmodule und Windräder produziert, spricht nicht gegen die Hilfe. Denn auch deutsche Unternehmen haben durchaus Know-how bei der Transformation anzubieten: wie man Stromnetze stabilisiert, Stahl grün macht oder Wasserstofflieferketten aufbaut. Dieses Wissen ist anspruchsvoll und wird weltweit benötigt – besonders auch in den ärmeren Ländern. 

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