Freitag, 7. Juli 2023

Die Gaslobby hat schon die Sektflaschen kaltgestellt

Lobby Control

es ruckelt weiter beim Heizungsgesetz, doch schon jetzt zeigt die Einigung der Ampel-Koalition: Das Gesetz wurde so massiv entkernt, dass die Gaslobby bereits die Sektflaschen kaltstellen kann. Mieter- und Verbraucherverbände dagegen warnen vor Kostenfallen, wenn nun weiter neue Gasheizungen eingebaut werden. Umweltverbände sehen den Klimaschutz in Gefahr. Die Vehemenz, mit der um die Zukunft des Heizens gestritten wird, ist nur mit einem Blick auf die Interessen und Lobby-Akteure dahinter verständlich. 

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Die Gasindustrie macht Milliardengewinne mit dem Gasgeschäft – und sah diese in Gefahr. Ihr Interesse: Wir sollen möglichst lange weiter mit dem klimaschädlichen und absehbar teuren Gas heizen. Deswegen wehrten sich die Gaskonzerne und ihre Lobbyverbände mit aller Vehemenz gegen ein Ende ihrer fossilen Geschäftsmodelle. Behilflich waren ihnen dabei lang etablierte Lobby-Netzwerke, privilegierte Zugänge in die Politik und von PR-Agenturen erarbeitete Lobby-Narrative. 

Beispiel 1: Die Gaslobby hat in der Debatte um das Heizgesetz ganz auf das Heizen mit Wasserstoff gesetzt, um Heizen mit Gas eine Hintertür zu öffnen. Ihre Erzählung: Heizen mit Wasserstoff sei angeblich klimafreundlich und könne den Weiterbetrieb der bestehenden Gasinfrastruktur ermöglichen. Doch das ist höchst irreführend: Laut Expert:innenmeinung ist das Heizen mit Wasserstoff viel zu teuer und ineffizient, zudem wird der tatsächlich klimaneutrale Wasserstoff aus erneuerbaren Energien kaum zur Verfügung stehen. Um sich das schönzureden, greifen die größten Gaslobby-Verbände auf Studien zurück, die von der Gasindustrie beauftragt und finanziert wurden. 

Beispiel 2: Die Gasindustrie bindet gezielt zentrale Energiepolitiker und Stadtwerke in ihre Lobbystrategien ein. So ist beispielsweise der SPD-Abgeordnete Andreas Rimkus ein viel gefragter Redner auf Lobbyveranstaltungen zum Thema Wasserstoff, so etwa beim Lobbyforum H2vorOrt. Rimkus ist Wasserstoff-Beauftragter der SPD-Bundestagsfraktion und hat an führender Stelle das Heizungsgesetz mitverhandelt – da wundert es kaum, wenn die unrealistische und viel zu teure Option auf Heizen mit Wasserstoff nun in den Entwurf des Heizungsgesetzes aufgenommen wurde. Auch der fragwürdige Gaskonzern-Lobbyverband Zukunft Gas spannt Stadtwerke vor seinen Lobby-Karren und macht Druck für das Heizen mit Wasserstoff. 

Beispiel 3: Einer der lautesten Gegner eines schnellen Ausstiegs aus dem Heizen mit Gas war der FDP-Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler. Schäffler ist über seine Denkfabrik Prometheus eng mit dem Atlas-Netzwerk verbunden, das in den USA unter anderem mit Unterstützung vom Öl- und Gaskonzern Exxon Stimmung gegen Klimaschutz macht. Schäffler schweigt aber konsequent darüber, wer sein Prometheus-Institut finanziert. Er selbst verharmlost die Klimakrise und nannte sich selbst einen „Klimaskeptiker“. Kein Wunder also, dass er in der Heizdebatte wie ein Sprachrohr der Gaslobby auftrat. 

Wir recherchieren schon seit Monaten zur Macht der Gaslobby, unsere Studie wurde wiederholt in der Debatte um das Heizungsgesetz zitiert, von Politik, Zivilgesellschaft und Medien. Damit ist es uns gelungen, in der Debatte die Geschäftsinteressen und Lobbystrategien der Gasindustrie sichtbar zu machen. Das ist angesichts des heftigen Gegenwinds gegen das Gesetz durch die Bild-Zeitung besonders wichtig. Wir werden immer weiter auf die fragwürdigen Lobbystrategien der Gasindustrie hinweisen. 

Die Auseinandersetzung um das Heizen geht nun in eine neue Runde. Am Freitag sollte das Heizungsgesetz im Bundestag beschlossen werden. Nun hat das Bundesverfassungsgericht dies aufgehalten, um dem Bundestag mehr Zeit für die Beratung zu geben. Die Gaslobby wird jetzt versuchen, mit Hilfe ihrer Sprachrohre in Politik und Medien das Gesetz noch weiter zu entkernen. Doch zunehmend werden auch Stimmen von Verbraucher- und Mieterverbänden laut, die vor Kostenfallen durch die vermeintliche Aussicht auf das Heizen mit Wasserstoff warnen. 

Auch bei den Stadtwerken als lokalen Wärmeversorgern steigt die Skepsis gegenüber den Strategien der Gaslobby. Nachdem wir den fragwürdigen Gaslobby-Verband Zukunft Gas immer wieder kritisiert haben, sind mittlerweile schon 17 Stadtwerke aus dem Verband ausgetreten. Dazu hatten wir sie in einem offenen Brief aufgefordert. Die Stadtwerke Tornesch ließen dazu mitteilen, dass sie keinen Gaslobbyverband wie Zukunft Gas mehr brauchen. Ein Grund: Das Heizen mit Wasserstoff, für das Zukunft Gas werbe, sei „der totale Quatsch“. Auch wenn das Heizungsgesetz bald beschlossen wird, geht die Debatte um die Zukunft des Heizens weiter. Wir werden den Einfluss der Gaslobby dabei weiter im Blick behalten. 

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Herzliche Grüße aus Berlin! 

Christina Deckwirth 

LobbyControl 


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