Eine wirklich geniale Rede hier, gehalten in Hannover am 17.7.23
Damit ist alles Sagenswerte gesagt. Vielen Dank für diese Rede!
Prof. Dr. Jürgen Manemann ist Direktor am Forschungsinstitut für Philosophie Hannover und forscht in den Bereichen Umweltphilosophie und Demokratietheorien.
Am 17.Juli 2020 starb der bekannte US-amerikanische Bürgerrechtler John Louis. Am Tag seiner Beerdigung veröffentlichte die New York Times seinen letzten Text.
Sein politisches Testament.
Ein eindringlicher Apell an alle Bürger:innen.
Dort heißt es:
Wenn du etwas siehst, was nicht rechtens ist,
dann musst du etwas sagen
Und wenn du etwas siehst, was nicht rechtens ist,
dann musst du etwas tun
Und dann folgen die Sätze, die in den folgenden Wochen von unterschiedlichsten Menschen in unterschiedlichen Kontexten immer wieder aufgegriffen werden. Es heißt dort in dem Text:
Demokratie ist kein Zustand, Demokratie ist eine Tat....
Wir sehen dass die Klimapolitik in diesem Land nicht rechtens ist
Als Demokrat:innen müssen wir dagegen etwas sagen,
als Demokrat:innen müssen wir dagegen etwas tun.
Demokratie ist nicht nur, und nicht in 1. Linie, eine Regierungsform
Demokratie ist eine Lebensform
Demokratie ist eine Lebensform, die in der Liebe zum Leben gründet.
Wer das Leben liebt,
sieht im Anderen nicht ein altes Ego, das Spiegelbild eines Ich`s
Wer das Leben liebt,
sieht dass dieser Mensch, der mir begegnet einen Eigennamen hat, dass er einzigartig ist
Wer das Leben liebt,
der sieht in dem Tier nicht nur Vieh
der sieht in dieser Pflanze nicht nur ein Gewächs
Wer das Leben liebt,
erkennt dass dieser Mensch, dass dieses Tier, dass diese Pflanze
jeweils etwas ist, das sein bzw. ihr Leben leben will
Das Leben lieben heißt für das Leben dieses Menschen, dieses Tieres und dieser Pflanze zu kämpfen
Für das Leben zu kämpfen, verlangt von uns heute ungehorsam zu sein.
Ungehorsam wird zur Pflicht
angesichts der Tatsache dass 3,3 bis 3,6 Milliarden Menschen
durch die Klimakatastrophe hochrangig gefährdet sind
Ungehorsam wird zur Pflicht
angesichts der Tatsache, dass jeden Tag bis zu 150 Tier- und Pflanzenarten aussterben
Die Katastrophe ist nicht etwas, das auf uns zukommt
wir leben bereits in der Katastrophe
Und, so eine Einsicht des Philosophen Walter Benjamin, dass es so weiter geht ist die Katastrophe
Als Demokratinnen ist es unsere Aufgabe
dieses "Weiter so" zu unterbrechen, Ungehorsam zu sein
Ziviler Ungehorsam erfordert Mut
den Mut, sich Ungerechtigkeiten in den Weg zu stellen
Den Mut, eigene Ängste zu überwinden
den Mut, sich potentieller Gewalt auszusetzen
den Mut, sich selbst zu verändern
Ziviler Ungehorsam ist Gehorsam gegenüber dem eigenen Gewissen
Wer eine solche Handlung als Kriminell einstuft
zerstört die Quelle unserer Moralität
und gefährdet unser demokratisches Zusammen
Wo auf die Liebe zum Leben mit Repression geantwortet wird ist der Rechtsstaat bedroht
Die Philosophin Donacella die Caesare hat das auf den Punkt gebracht:
Wer zivilen Ungehorsam leistet, verletzt nicht das Gesetz, der fordert es heraus!
Deshalb ist es nicht die Aufgabe demokratischer Entscheidungsträger:innen
den Konflikt zu kriminalisieren
sondern ihre Aufgabe ist es, den Konflikt produktiv zu politisieren.
Und was ist unsere Aufgabe als Klimaschützer:innen?
Was sollen wir angesichts der Repressionen tun?
Der Philosoph Herbert Macuse,
der Wichtiges über Befreiung, über Revolution, über Transformation und Repression geschrieben hat hätte darauf eine eindeutige Antwort gegeben.
Was tun? Weiter machen!
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