Analyse in Watson 12.10.2022 Josephine Andreoli hier
Wasserstoff gilt als der Hoffnungsträger der Energiewende schlechthin. Mit Wasserstoff, so scheint es, sind alle unsere Probleme gelöst. Denn er lässt sich vielseitig anwenden: Etwa als alternativer Brenn- oder Kraftstoff, als Speicher für erneuerbare Energien oder zur Weiterverarbeitung zu Grundchemikalien wie Ammoniak, Ethylen und Propylen.
Wasserstoff: Herstellung verbraucht mehr Energie, als er später liefert
Weil die Produktion von grünem Wasserstoff als klimafreundlich gilt, sind weltweit gigantische Produktionskapazitäten in Planung. Auch in Regionen wie Nordafrika, Südeuropa oder der arabischen Halbinsel, in denen Süßwasser ohnehin als knappes Gut gilt. Denn hier gibt es Sonne und Wind in Massen – und grüner Wasserstoff wird auf Basis erneuerbarer Energien hergestellt.
Zumeist geschieht dies mittels Wasserelektrolyse, bei der Wasser unter Einsatz von Elektrizität in Wasserstoff und Sauerstoff gespalten wird. Der Nachteil: Um Wasserstoff herzustellen, braucht es nicht nur riesige Mengen an Strom, sondern auch eine Menge Wasser. Hinzu kommt noch, dass der Prozess mehr Energie verbraucht, als dass der Wasserstoff selbst liefert.
Wie sicher aber ist die Produktion, wenn Wasser in immer mehr Regionen knapp wird?
Laut der beiden wissenschaftlichen Mitarbeiter Andreas Patyk und Lukas Lazar vom Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse (ITAS) am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) muss dafür die jeweilige Region mitsamt ihrer Wasserverfügbarkeit genauestens geprüft werden.
"Abgesehen vom Wasserbedarf eignen sich grundsätzlich alle Gebiete, in denen genügend Energie zur Verfügung steht", sagt Andreas Patyk gegenüber watson. Soll der Wasserstoff grün, also CO2-frei, produziert werden, brauche es dementsprechend Standorte, an denen es viel Sonne und Wind gibt.
In Regionen, in denen es zu Wasserknappheit kommen könnte, müssten Patyk und Lazar zufolge Alternativen in Betracht gezogen werden – etwa eine Meerwasserentsalzung beziehungsweise eine Elektrolyse mit Salzwasser. "Das Problem [einer Wasserknappheit] kann sich aber natürlich in Zukunft verschärfen", sagt Lazar.
Neun Kilo Wasser für ein Kilo Wasserstoff – mindestens
Wie viel Wasser für die Produktion von Wasserstoff verbraucht werden würde, sollten – Stand 2021 – in Deutschland Diesel und Benzin durch Wasserstoff ersetzt werden, haben die Experten ausgerechnet: Sie kamen auf einen Anteil von etwa vier Prozent des Trinkwasserverbrauches.
Denn für die Herstellung von einem Kilo Wasserstoff benötigt man mindestens neun Kilogramm Wasser, zumeist deutlich mehr. Dieser Verbrauch wird sich auch in Zukunft nicht schmälern lassen. Wird der Wasserstoff nicht grün, sondern grau, – also mittels fossiler Energien produziert – steigt der Wasserverbrauch noch einmal zusätzlich an.
Doch davon, dass Wasserstoff lediglich mit erneuerbaren Energien hergestellt wird, ist man in Deutschland weit entfernt.
Das hängt hierzulande vor allem mit dem nur langsam vorangehenden
Ausbau von Wind- und Solarstrom zusammen. Nach Angaben der bundeseigenen
Deutschen Energie-Agentur (Dena) werden derzeit zwischen 55 bis 60
Terrawattstunden Wasserstoff im Jahr produziert.
95 Prozent davon werden durch Dampfreformierung aus Erdgas erzeugt, wobei erhebliche Mengen CO2 freigesetzt werden.
Dass Wasserstoff für die Energiewende unerlässlich ist, wird auch aus der Argumentation der Experten deutlich. Dennoch wird klar: Wasserstoff lässt sich nicht überall dort eintauschen, wo heute noch Öl oder Gas verwendet werden.
Wasserstoff als Klimaretter bleibt ein Wunschtraum.
Denn in vielen Bereichen ist die Nutzung von Wasserstoff weder wirtschaftlich noch ökologisch sinnvoll. Dort aber, wo eine Elektrifizierung nicht möglich ist, wird Wasserstoff eine große Stütze sein.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen