Schwäbische Zeitung hier 09.10.2022,Steffen Lang
Darum trifft Isny die Gaskrise nicht so hart wie andere
Auch die Stadt Isny muss sich an die Verordnungen zur Energieeinsparung halten. Obwohl sie kaum Gas verbraucht, um ihre Büros, Turnhallen oder Schulen zu beheizen. Etwas mehr als 80 Prozent der öffentlichen Gebäude in der Stadt hängen an einem Nahwärmenetz. Nur bei Spitzenlasten wird auf Gas oder Öl zurückgegriffen. In den Ortschaften wird zumeist mit Holz oder Pellets geheizt. Ausnahmen wie Kindergarten und Schule in Neutrauchburg bestätigen die Regel.
Mehr kostet das Heizen trotzdem
„Die hohen Preise auf dem Energiemarkt treffen uns natürlich trotzdem“, sagt Magenreuter, „denn zum Beispiel Pellets sind ja auch um einiges teurer geworden.“ Die Stadtkasse wird aber bei weitem nicht so stark strapaziert wie in Städten und Gemeinden, die nahezu komplett am Gas oder Öl hängen. „Es trifft uns nicht so hart wie andere“, weiß der Isnyer Bürgermeister
Das dürfen auch viele Privathaushalte und Gewerbebetriebe von sich behaupten, die sich im Laufe der vergangenen Jahre an eines der Isnyer Nahwärmenetze angeschlossen haben.
Freie Reichs- wird Freie Energiestadt
Zu verdanken hat das die Allgäustadt einer Entwicklung, die schon Ende der Nuller-Jahre begann. Damals hatten sich engagierte Akteure in der Stadt, von Anfang an unterstützt von der Verwaltung, auf den Weg gemacht, aus der einstigen Freien Reichsstadt die „Freie Energiestadt Isny“ zu machen. Das geschah damals natürlich aus vorwiegend ökologischen Überlegungen heraus, doch zugutekommt es Isny heute auch in dieser prekären wirtschaftlichen Situation.
2010 taten sich die ein Jahr zuvor gegründete Freie Energiegenossenschaft Isny (Fegi), die Naturenergie Isny, die in der Weidach eine Biogasanlage betreibt, sowie die Firma Zollikofer aus Bad Wurzach zusammen und riefen das Projekt Nahwärme Isny ins Leben. Im ersten Schritt war geplant, die öffentlichen Gebäude der Stadt rund um das Schulzentrum an ein Nahwärmenetz anzuschließen.
Netz nach und nach ausgebaut
Frühzeitig standen die Initiatoren aber auch vor der Entscheidung, ob und wie das Netz weiter ausgebaut werden kann. In den darauffolgenden Jahren kam es nach und nach zum Ausbau des Nahwärmenetzes in der Isnyer Kernstadt, aber auch in Randbereichen.
Die Ziele des Energieleitbildes 2020, den Anteil im Bereich Heizung auf 80 Prozent regenerative Energieträger umzustellen und Strom ausschließlich aus ökologischer Erzeugung zu nutzen, waren schon bald geschafft. Bereits 2015 wurde das Ökostromziel erreicht. Und mittlerweile wurde auch die 80-Prozent-Hürde genommen.
Bürgerschaft als Motor
Mit im Boot sitzen längst neben Stadt und Fegi die Bio-Energie Isny (Bei), ein lokaler Anbieter von regenerativer Nahwärmeversorgung mit regionalen Unternehmen als Gesellschafter, und der Verein Regionales Energieforum (Refi) als Service- und Beratungsstelle für Bürger und Unternehmen. „Es ist erfreulich, dass aktive Bürgerinnen und Bürger die Energiewende vorantreiben. Bei ihnen müssen wir uns heute umso herzlicher bedanken.“ Dank gelte auch der Energieagentur Ravensburg, allen voran deren Leiter Walter Göppel, die den Isnyer Weg stets unterstützt habe.
Zweimal hat Isny für seine Bemühungen im energiepolitischem Bereich schon den European Energy Award bekommen, und zwar in Gold. Die Neuzertifizierung laufe gerade, sagt Magenreuter, „wir sind guter Dinge“.
Unumstritten war das nicht
Einfach, gar unumstritten war der Isnyer Weg zur Freien Energiestadt freilich nicht. Es gab mutmaßlich nicht wenige, die ihn belächelt haben. Es gab definitiv Menschen, die Bedenken und Vorbehalte hatten. Noch vor nicht allzu langer Zeit wurde zum Beispiel auch über den Anschluss- und Benutzungszwang für Nahwärme im gerade entstehenden Neubaugebiet Mittelösch heftigst diskutiert. „Erst dieser Tage hat mich nun sogar das Schreiben einer Eigentümerin erreicht, die für unsere Weitsicht dankt“, sagt Magenreuter.
Nach langem Zögern fänden sich nun immer mehr Privathaushalte und Unternehmen, die ans Netz ranwollen, „wenn’s irgendwie geht“, so der Bürgermeister. Da seien freilich Grenzen gesetzt, „denn ein Nahwärmenetz auf- und auszubauen, ist aufgrund der Leitungsgrößen ziemlich kompliziert und aufwendig“. Und wirtschaftlich müsse das Ganze ja auch sein, betont Magenreuter. Hunderte Meter neue Leitung für einige wenige kleine Gebäude, das gehe nicht. „Es braucht immer auch die großen Abnehmer auf der Strecke.“ Daher sei es auch für die Stadt schwierig, die letzten 20 Prozent ihrer Gebäude von Öl und Gas wegzuführen, sagt er.....
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