Montag, 10. Oktober 2022

„Der richtige Zeitpunkt“

Laut Artikel läuft die Nahwärme noch über Gas. Keine optimale Lösung auf jeden Fall, denn auch davon muss man wegkommen. Doch  Benne Müller von Solarcomplex sagte auf der Mainau: "Nahwärmenetze sind Zukunftsfähig, weil Technologie-offen"

Sind die teuren, aufwendig zu verlegenden Nahwärme-Netze erst einmal gebaut, dann kann man an der Effizienz arbeiten und auch  auf optimalere Wärmeversorgung umstellen. Einen Knackpunkt gibt es aber: sind die Anlagen gerade neu gebaut worden, dann wird das Heizsystem wohl nicht so bald ausgetauscht werden.

Der 2. Kritikpunkt bezieht sich auf Kritik an der Verfügbarkeit für die Anwohner - das spricht eher für die Wärmenetze als dagegen.


Schwäbische Zeitung  Bad Waldsee  10.10.2022, Wolfgang Heyer

Waldseer hat in der Energiekrise von Gas auf Nahwärme umgestellt

30 Jahre lang hat Markus Leser das Haus mit Gas geheizt. Nun hat er die alte Gasheizung hinausgeworfen und durch städtische Nahwärme ersetzt. In Zeiten der Energiekrise spart der Waldseer Profi-Fotograf dadurch bares Geld. Mehr als 100 Anschlüsse haben die Stadtwerke bereits gelegt. Doch es gibt auch zwei Kritikpunkte an der Nahwärmeversorgung.

Zufrieden dreht Leser an diesem Dienstag am Thermostat seiner Heizung. „Läuft einwandfrei“, sagt der Waldseer und setzt sich an den Tisch. Die Entscheidung, auf die städtische Nahwärme zu setzen, hat Leser bereits im Jahr 2019 getroffen. Die Gasheizung war schließlich in die Jahre gekommen und der 30-prozentige Frühbucherrabatt der Stadtwerke sehr verlockend. „Wir haben gleich unterschrieben. Es hat geheißen, dass die Leitung vermutlich 2021 kommt. Jetzt ist es ein bisschen später geworden, aber noch pünktlich vor der Heizperiode“, so Leser.

Der Geldbeutel freut sich über die Umstellung

Seit rund vier Wochen fließt inzwischen also Nahwärme über eine Übergabestation durch die neu verlegten Rohre ins Haus. „Es ist genau der richtige Zeitpunkt“, freut sich der Stadtrat mit Blick auf die letzte Gasrechnung seines ehemaligen regionalen Anbieters. Gemäß diesen Rechnungen kostete die Kilowattstunde zum Jahresanfang noch 4,7 Cent, ehe sie nun bei 12,9 Cent (inklusive Mehrwertsteuer) angekommen ist. Die Nahwärme kostet aktuell 8,5 Cent pro Kilowattstunde. Ab 1. Januar wird sich aber auch dieser Preis erhöhen, wie Stadtwerke-Geschäftsführer Manfred Erne berichtet.

„Es wird aber keine solchen Ausschläge geben“, betont Erne und zeigt auf, dass sich der Preis aus dem Lohnindex, Gasindex und Wärmeindex heraus kalkuliert. „Selbst wenn sich der Gaspreis verändert, wirkt sich das nur mit einem kleinen Faktor aus“, so Erne. Und da kommt der erste Kritikpunkt einiger Waldseer auf. Bekanntlich wird der Ottomotor im Blockheizkraftwerk mit Erdgas betrieben.

„Das ist maximal eine Brückentechnologie, um zu einem späteren Zeitpunkt auf regenerative Energien zu wechseln. Man darf es aber auch nicht verteufeln. Wir haben dort heute schon einen recht sauberen Verbrennungsprozess“, erläutert Erne, der aber auch die Themen Solar, Geothermie und eine Erweiterung der städtischen Anlage um Holzhackschnitzel künftig auf dem Schirm haben will.

Doch zurück zu Lesers Geldbeutel: Zusätzlich zum Verbrauchspreis kommt noch ein Grundpreis hinzu. Beim regionalen Gasanbieter liegt der bei rund 120 Euro pro Jahr. Die Stadtwerke berechnen jährlich rund 38 Euro pro Kilowatt. Beispiel: Bei einer zehn Kilowatt-Anlage sind das nochmals 380 Euro zusätzlich. „Das ist allerdings ein Sorglospaket“, wie Erne es nennt. „Wir übernehmen Wartung, Pflege und Ersatz. Wenn die Anlage ausfällt, dann kommt der Kundendienst.“ Und nicht zuletzt stelle der Betrag eine Investition in die Zukunft dar. „Anstelle alle zehn plus x-Jahre eine neue Anlage zu kaufen, zahlt man hier eben jährlich einen Beitrag“, so Erne.

Leser ist jedenfalls sehr zufrieden mit seiner Entscheidung – und er ist nicht der einzige Neukunde der Stadtwerke. Mehr als 100 Anschlüsse – darunter vorverlegte Rohre, die im betroffenen Haus noch nicht genutzt werden – sind bereits verlegt. „Alle auf der Strecke können anschließen, müssen es aber nicht. Da gibt es keinen Zwang“, hebt Erne hervor und kennt diesbezüglich auch andere Regelungen.

Der zweite Kritikpunkt an der Nahwärme in Bad Waldsee

Nun gibt es in Bad Waldsee und den Ortschaften einige Hauseigentümer, die in Zeiten der Energiekrise ebenfalls auf die Nahwärme zurückgreifen wollten. Und da kommt der zweite Kritikpunkt ins Spiel. Nicht überall in der Großen Kreisstadt ist ein Anschluss möglich. „Die Investitionen in ein Nahwärmenetz sind nicht Ohne. Pro laufendem Meter muss man sich schon genau überlegen, wo es gewisse Wärmedichten gibt“, erläutert Erne und weist darauf hin, dass es Gebiete mit vielen potenziellen Abnehmern gibt und Areale, die etwas weitläufiger besiedelt sind. „In Steinach wurden beispielsweise viele Gebäude saniert, dann steht die Wärmedichte nicht in Relation zur Investition. Aber vielleicht kommt das später noch, wenn wir das Gewerbegebiet erschlossen haben und das Netz dann Schritt für Schritt zusammenführen.“

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