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14.10.2022 |
Das geplante 49-Euro-Ticket für den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) ist aus Sicht des Fahrgastverbands Pro Bahn für einkommensschwache Menschen nach wie vor zu teuer. „Das Prinzip Gießkanne wird damit nicht durchbrochen“, sagte der Pro-Bahn-Ehrenvorsitzende Karl-Peter Naumann der Deutschen Presse-Agentur. „Wir bräuchten für diese Menschen ein günstigeres Angebot.“
Generell seien die Verkehrsbedürfnisse zu komplex, als dass sie mit einer einzigen Antwort wie dem 49-Euro-Ticket beantwortet werden könnten, betonte Naumann. „Wenn man in Richtung Verkehrswende denkt, dann muss es günstiger sein, von Berlin aus zum stadteigenen Müggelsee zu fahren als an die Nordsee“, sagte Naumann. „Schließlich hat auch das Fahren mit dem ÖPNV Umweltauswirkungen und die sind bei kürzeren Strecken geringer.“
Ähnlich sieht es Jens Hilgenberg, Verkehrsexperte beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland. „Das 49-Euro-Ticket ist vor allem eine Kompromisslösung“, sagte Hilgenberg. „Für breite Teile der Bevölkerung wird dieses Ticket schlichtweg zu teuer sein.“ Die Verkehrsminister von Bund und Ländern hatten sich bei ihrem Treffen grundsätzlich auf das 49-Euro-Ticket als dauerhafte Nachfolgelösung für das Neun-Euro-Ticket verständigt.
Einführung zum 1. Januar angestrebt
Allerdings gibt es einen großen Haken: Es steht noch unter dem Vorbehalt, dass sich Kanzler Olaf Scholz (SPD) und die Ministerpräsidenten über die generelle Finanzierung des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) in Zeiten steigender Energiekosten verständigen. Vorbereitungen für das neue Ticket mit angepeiltem Start am 1. Januar sollen schon anlaufen. Die Vorsitzende der Länder-Ressortchefs, Bremens Senatorin Maike Schaefer (Grüne), sprach von einem Durchbruch. Ein bundesweites Ticket für 49 Euro sei „eine Mega-Entlastung für ganz viele Pendlerinnen und Pendler“. Dies sei aber auch ein enormer finanzieller Kraftakt für Bund und Länder, sagte sie mit Blick auf zuletzt diskutierte Modelle für Tickets zu 29 Euro oder 69 Euro im Monat. Bundesminister Volker Wissing (FDP) sagte, man sei jetzt „einen entscheidenden Schritt weitergekommen“. Es seien technische und inhaltliche Fragen geklärt, sodass mit Vorbereitungen für die Umsetzung angefangen werden könne. Eine Einführung wie angestrebt zum 1. Januar „soll unser Ziel sein“.
Finanzierungsfragen sind noch offen
Die Länder sind nun bereit, das neue Ticket zusammen mit dem Bund zu finanzieren – es wären wohl je 1,5 Milliarden Euro. Sie machen aber zur Bedingung, dass der Bund auch dauerhaft mehr Geld gibt, mit dem sie Busse und Bahnen bestellen – in diesem Jahr sind es 9,4 Milliarden. Die Länder warnen, dass wegen hoher Energiekosten und Einbußen durch die Corona-Krise ansonsten Angebote gekürzt werden müssten. „Es nutzt das schönste Ticket nichts, wenn kein Bus fährt“, machte Schaefer klar. Das geplante 49-Euro-Ticket sei „gut für den Klimaschutz und wichtig für die soziale Gerechtigkeit“, sagte die Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Katharina Dröge. Drängend sei jetzt eine schnelle Einigung zur Finanzierung des Nahverkehrs insgesamt: „Der Ausbau von Bus und Bahn muss neben erschwinglichen Tickets vorangehen.“
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