aus der TAZ vom 30.5.21 hier
0,02 Prozent seines Aktienkapitals reichten aus, um einen der größten und mächtigsten Konzerne der Welt in Schwierigkeiten zu bringen. Bei der Aktionärsversammlung des US-Ölgiganten ExxonMobil setzte am Mittwoch vergangener Woche der kleine aktivistische Investmentfonds „Engine 1“ zwei neue KandidatInnen im Vorstand der Firma durch, die wie keine andere für „Big Oil“ und eine miserable Umweltbilanz steht. „Das ist ein Wendepunkt für die Öl- und Gasbranche“, jubelte Fred Krupp, Chef der Umweltorganisation Environmental Defense Fund (EDF). Firmen wie ExxonMobil könnten nicht länger die Forderungen nach mehr Klimaschutz ignorieren. ExxonMobil-Vorstandschef Darren Woods, der die beiden Vorstände mit viel Aufwand verhindern wollte und daran scheiterte, sagte danach: „Wir haben die Aktionäre gehört und sind gut positioniert, darauf zu antworten.“
Aber der Jubel von Umweltschützern über Erfolge bei Aktionärsversammlungen und vor Gericht verdeckt, dass die Ölbranche weit von einer grünen Zukunft entfernt ist. Und sich oft dagegen sträubt, wie eine neue Untersuchung des Thinktanks Influence Map zeigt. Demnach hat ExxonMobil verstärkt Lobbyarbeit gemacht, um seinen Kurs beizubehalten – etwa mit Projekten zur CO2-Speicherung (CCS), für die der Konzern umfangreiche Staatshilfen fordert. Der Konzern hat 60 Milliarden Dollar Schulden angehäuft und durch Fehlinvestitionen und die Coronakrise weitere Dutzende Milliarden verloren. Im letzten Jahr flog der 130-jährige Ölriese aus dem Dow-Jones-Aktienindex. Aber nachgeben will ExxonMobil nicht: Der Konzern sieht für weitere 20 Jahre eine stabile Nachfrage nach Öl und Gas und beruft sich dabei auf andere Zahlen der IEA. Zu Recht. Denn die Behörde prognostiziert in einem „Weiter so“-Szenario kaum Änderungen bei der Öl- und Gasproduktion in der Zukunft. Das würde dann aber nicht zum 1,5-Grad-Klimaziel passen. ExxonMobil wettet also auf das Scheitern der Klimapolitik.
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