Donnerstag, 2. Juni 2022

Stockholm+50 - Umweltgipfel soll Geist von 1972 wiederaufleben lassen

 WIRTSCHAFT im Handelsblatt hier

ROUNDUP

50 Jahre nach der ersten UN-Konferenz zum Thema Umwelt lädt die schwedische Hauptstadt Stockholm erneut zu einem internationalen Spitzentreffen ein.
Ab Donnerstag will sich die Konferenz Stockholm+50 zwei Tage lang mit Umweltthemen befassen.
Dabei soll es in der Heimatstadt von Klimaaktivistin Greta Thunberg vor allem um die Frage gehen, wie das Tempo beim Kampf gegen die Erderwärmung, das rasante Artensterben und die Vermüllung des Planeten drastisch erhöht werden kann. Neue konkrete Verpflichtungen und Beschlüsse werden nicht erwartet. Klima- und Umweltschützer wittern bereits ein Greenwashing-Event ohne echte Fortschritte.

STOCKHOLM Stockholm war 1972 der Schauplatz der allerersten UN-Konferenz, die sich mit Fragen der Umwelt des Menschen beschäftigte. Das Treffen gilt somit als Geburtsstunde der internationalen Umweltpolitik, damals wurde auch das UN-Umweltprogramm (Unep) ins Leben gerufen. Viele Länder weltweit schufen danach Umweltministerien. Es gab seither auch zahlreiche globale Umweltschutzabkommen. 

Unter dem Motto "Ein gesunder Planet für den Wohlstand aller - unsere Verantwortung, unsere Chance" soll nun der Geist von 1972 abermals in der schwedischen Hauptstadt aufleben. Zum einen sollen 50 Jahre globaler Umweltpolitik gefeiert werden, zum anderen soll das Treffen nach Angaben der Veranstalter unter anderem als Sprungbrett für die Umsetzung der UN-Nachhaltigkeitsziele (SDGs) und des Klimaabkommens von Paris dienen. 

Herauskommen sollen Botschaften und Empfehlungen etwa zur Umstellung des Energiesektors und der Lebensmittelindustrie. Schweden richtet das Treffen gemeinsam mit Kenia und in Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen aus. Mehr als zehn Staats- und Regierungschefs, etwa 100 Ministerinnen und Minister sowie viele Vertreter der Zivilgesellschaft und des Privatsektors sind dabei.

UN-Generalsekretär António Guterres und der US-Klimabeauftragte John Kerry trafen bereits am Mittwoch ein. Auch Bundesumweltministerin Steffi Lemke ist dabei. Es brauche ein "neues Momentum für global gedachte Umweltpolitik", forderte die Grünen-Politikerin. "Die Zeit drängt. Um jungen Menschen eine lebenswerte Welt zu erhalten, müssen wir schnell auf eine klima- und biodiversitätsfreundliche Wirtschaftsweise umstellen." 

Zudem wollten zahlreiche Klima- und Umweltschützer aus aller Welt anreisen, darunter Luisa Neubauer aus Deutschland und Vanessa Nakate aus Uganda. Der schwedische Ableger der von Greta Thunberg begonnenen Klimabewegung Fridays for Future hat für Freitagmittag zu einem großen Protestmarsch für Klima- und soziale Gerechtigkeit gerufen, auf dem vor allem Rednerinnen und Redner aus Weltregionen sprechen sollen, die heute bereits stark von der Klima-, Umwelt- und Nachhaltigkeitskrise betroffen sind. Greta Thunberg selbst dürfte sich dabei möglichst im Hintergrund halten, um Mitstreiterinnen aus betroffenen Regionen stärker in den Fokus zu rücken. Diese kritisieren seit längerem, bei UN-Konferenzen wenig Beachtung zu finden. 

Zugleich befürchten Klima- und Umweltschützer, dass die Stockholmer Konferenz keine konkreten Handlungsschritte aufzeigen wird. "Stockholm+50 ist nur ein weiteres Greenwashing-Festival", sagte die Umweltaktivistin Ina-Maria Shikongo aus Namibia vorab dem schwedischen Rundfunksender SVT. "Wir bewegen uns rückwärts. Es gibt tatsächlich nichts zu feiern", monierte sie.

 Der Weltklimarat IPCC hat unlängst einmal mehr klargemacht, dass das menschliche Handeln gegen den seit Jahrzehnten bekannten Klimawandel bei Weitem nicht ausreicht. Nur eine schnelle und drastische Senkung der Emissionen kann die Erderwärmung nach IPCC-Einschätzung noch auf maximal 1,5 Grad begrenzen. Dass die Zeit im Kampf gegen die Klimakrise, das Artensterben und weitere Umweltprobleme drängt, betonten vor Stockholm+50 auch zahlreiche Umweltorganisationen aufs Neue. Von Stockholm sei vor 50 Jahren ein wichtiges Signal ausgegangen, dass man die Umwelt und die Entwicklungszusammenarbeit zusammendenken müsse, erklärte etwa die Geschäftsführerin des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), Antje von Broock. "Damals erkannte Probleme sind heute ausgewachsene Krisen. Es gibt planetare Grenzen für das Wachstum, die wir stetig überschreiten."


Eine vernichtende Bilanz

  • Sonja Eichert
Von Sonja Eichert

Vor 50 Jahren haben sich die Vereinten Nationen auf ein großes Ziel geeinigt: die Rettung der Umwelt. Versprochen wurde seitdem viel. Zum Jubiläum gibt es jedoch wenig zu feiern, ganz im Gegenteil.

"Ist es unrealistisch zu erwarten, dass der Mensch weise genug ist, das zu tun, was er für sein eigenes Wohlergehen tun muss?" Diese Frage ist bereits ein halbes Jahrhundert alt. Es sind die Worte des kanadischen UNO-Funktionärs Maurice Strong, der mit seiner Rede die Stockholmer Umweltkonferenz 1972 eröffnete........

"Besser gerüstet als je zuvor"

Es mangele nicht mehr, wie noch 1972, an Wissen und Mitteln, sondern ausschließlich an der Umsetzung. "Wir sind für den Wandel besser gerüstet als je zuvor", schreiben die Autoren. Doch die menschliche Beziehung zur Natur und die menschliche Lebensweise müssten völlig neu definiert werden, damit es in weiteren 50 Jahren keine "Stockholm+100"-Konferenz brauche.


Denn seit 1972 hat sich die Weltbevölkerung verdoppelt, die Weltwirtschaft vervierfacht, der Welthandel verzehnfacht, wie die Autoren feststellen. Das ging an Umwelt und Klima nicht spurlos vorbei. Dazu kommen globale Herausforderungen wie die wirtschaftliche Erholung nach der Pandemie.


Die Veranstalter der diesjährigen "Stockholm+50"-Konferenz sprechen daher von einer dreifachen Krise: der Klimakrise, dem Verlust der biologischen Vielfalt und der Umweltverschmutzung.


Die Menschheit habe nun die Wahl, heißt es. Man könne den Weg der letzten 50 Jahre weitergehen, welche geprägt gewesen seien von "unausgewogenem Wachstum, ungleichem Wohlstand und nicht nachhaltigem Konsum". Dies habe zu "Ungleichheit, Krankheit, Misstrauen und Hoffnungslosigkeit für die vielen und einem guten Leben für die wenigen" geführt, so die Veranstalter.



Von Euronews  hier

UN-Umweltgipfel Stockholm+50 beginnt: #FridaysForFuture wollen protestieren 


Ukraine-Krieg, Corona-Pandemie, Wirtschaftskrise - war da nicht noch was? Genau: der Klimawandel. Junge Umweltschützer:innen sind ziemlich frustriert. 

An diesem Donnestag beginnt in Stockholm die UN-Konferenz Stockholm+50 - genau 5 Jahrzehnte nach ersten Weltumweltkonferenz und der Gründung des UN-Umweltprogramms UNEP im Jahr 1972.
Tausende Teilnehmer werden erwartet, unter ihnen UN-Generalsekretär António Guterres, mehrere Staats- und Regierungschefs, Dutzende Ministerinnen und Minister sowie zahlreiche Klima- und Umweltschützer.

#FridaysForFuture sind auch dabei - und werden sich Gehör vershaffen.
Denn: Zu Feiern gäbe es da nichts, erklärt der deutsche Klimaaktivist Falk Schröter in Stockholm. "Denn die Klimakrise ist immer noch da und hat sich in den letzten Jahren noch verschlimmert. Ein Großteil der politischen Maßnahmen habe dazu beigetragen, den Klimawandel auf verschiedene Weise zu beschleunigen."
Maria Cecilia Quaglino aus Argentinien meint: "Ich erwarte von den Politikern, dass sie aufhören, zu lügen über die Vereinbarungen und die Pläne, wie wir das in den letzten 50 Jahren erlebt haben."

Die Stimmung ist gedrückt - aber die Motivation dennoch vorhanden. Zur Jubiläumskonferenz in der kommenden Woche ist mit lautstarken Protesten zu rechnen.
"Das ist es, was mir Hoffnung gibt", sagt die deutsche Klimaaktivistin Eva Kroschel, "dass verschiedene Aktivisten daran arbeiten und nicht Politiker, denn die Veränderung wird von der Straße kommen und nicht von oben."

Während Regierungsvertreter aus aller Welt, vom 2.-3. Juni, auf Einladung Schwedens Bilanz ziehen aus 50 Jahren Umweltpolitik, und, laut Ankündigung Vereinbarungen zur beschleunigten Umsetzung globaler Nachhaltigkeitsziele treffen, werden #FridaysforFuture kräftig auf die Töpfe schlagen. 

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