Das bundesweite Projekt "Flächensparen" wurde in den letzten Jahren ad absurdum geführt mit dem §13b, der mit den Stimmen der CDU bis Ende des Jahres 2022 verlängert wurde.
Nachweislich wurden in den 13b-Gebieten, die sich auch in unserem Ländle großer Beliebtheit erfreuen, vorwiegend flächenfressende Einfamilienhäuser gebaut.
Nach CDU-Poltiker - Leseart "befreit von den lästigen Naturschutz-Auflagen" war plötzlich alles möglich, was Naturschutz in den letzten Jahren auf der "grünen Wiese" verhindert hatte.
Das Fatale dabei: Das Flächen-Spar-Ziel steht nicht erst seit gestern, sondern wird seit vielen Jahren immer wieder aufgeschoben. Auch eine CDU hatte sich einst dazu bekannt.
Den dringend notwendigen Klima- und Naturschutz hat dieser Paragraph um Jahre zurück geworfen.
Erst Anfang des Jahres wurde die Studie der Arbeitsgemeinschaft der Regionalverbände (hier) publik, den sich nun wohl auch unser Regionalverband Bodensee-Oberschwaben zu Herzen nehmen muss.
Schwäbische Zeitung hier Emanuel Hege
Einfamilienhäuser bald Seltenheit?
Die Region habe ein Luxusproblem, sagt Aitrachs Bürgermeister Thomas Kellenberger. Der Wirtschaft, egal ob Stadt oder Land, gehe es gut. Allein in Aitrach wurden in den vergangenen Jahren 300 Arbeitsplätze geschaffen. Noch vor 20 Jahren hätten sich die wenigsten vorstellen können, dass Städte und Gemeinden im Kreis derart wachsen.
Er freue sich über jeden neuen Mitbürger, versichert Kellenberger. Doch Gemeinden wie Aitrach hätten zunehmend Wachstumsschmerzen. Denn die grüne Wiese, auf der man die vergangenen Jahrzehnte gebaut habe, „die gibt es einfach nicht mehr“.
In der Zwickmühle
Mehr Menschen ziehen in die Region, wo Kommunen immer mehr Schwierigkeiten haben, neuen Wohnraum zu erschließen. Gleichzeitig nähern sich Häuser- und Grundstückspreise denen der Metropolen an
Um die verbleibende Fläche effizient und sozial zu nutzen, sind Kommunen seit diesem Jahr verpflichtet, dichter zu bauen. Neue Einfamilienhäuser werden damit wohl auch im ländlichen Kreis Ravensburg zur Ausnahme. Obwohl der Traum vom eigenem Haus mit Garten durchaus noch lebt.
Vergangenes Jahr hat der Regionalverband Bodensee-Oberschwaben (RVBO) eine folgenschwere Regel im aktuellen Regionalplan verabschiedet: die Bruttowohndichte. Ab diesem Jahr müssen Wohngebiete so geplant werden, dass sie einer bestimmte Mindestanzahl an Bürgern Platz bieten. So sollen Quartiere verhindert werden, die ausschließlich aus Einfamilienhäusern bestehen und damit Fläche fressen.
Es brauche noch die finale Zustimmung des zuständigen Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen (MLW), damit sei im Laufe des Jahres zu rechnen, prognostiziert Wolfgang Heine, Direktor des RVBO. „Die Regel entfaltet aber schon jetzt Wirkungen und ist ein ziemlich scharfes Schwert.“
Anhand der Bebauungspläne prüft der Regionalverband bereits, ob die Bruttowohndichte eingehalten wird. Im Nachhinein müssen die Kommunen Nachweise erbringen, ob das Ziel auch wirklich erreicht wurde. „Liegen sie unter der Marke, müssen sie beim nächsten Projekt eine höhere Wohndichte anstreben.“
In der Stadt Ravensburg müssen Neubaugebiete in Zukunft mindestens 95 Menschen pro Hektar Platz bieten. In mittelgroßen Städten wie Bad Waldsee je nach Bauort um die 70 Menschen. In kleinen Gemeinden wie Aitrach sind es 45 Personen pro Hektar. Zum Vergleich: Diese neuen Richtwerte liegen jeweils um die 30 bis 40 Prozent über der aktuellen Wohndichte.
Wenn es nach einigen in der Politik und Verwaltung gegangen wäre, hätten diese Zahlen höher ausfallen sollen, sagt Wolfgang Heine. Manche Kommunen halten die Regel für eine Zumutung, weil sie die Flexibilität einschränke. Heine selbst nennt die festgelegten Werte einen Kompromiss, doch viel wichtiger: notwendig. „Weil alles wächst, nur die Fläche nicht.“
Die Bruttowohndichte ist eigentlich ein bundesweites Projekt. Bis zum Jahr 2030 will die Bundesregierung die Flächenversiegelung durch Wohnungs- und Straßenbau auf unter 30 Hektar pro Tag verringern. In den 1990er lag dieser Wert bei 130 Hektar pro Tag, 2020 bei 54.
Keine große Gegenwehr
Flächen sparen sei aber auch ein wichtiger Baustein des Klimaschutzes, erläutert Heine. Es gehe um schonenden Umgang mit dem Boden als wichtigen CO2 Speicher, die Vermeidung von Zersiedelung sowie um Artenschutz, Hochwasserschutz und den Erhalt von landwirtschaftlichen Flächen.
Dabei sei die Bruttowohndichte eine Regel, die auf Verständnis trifft, beteuert Heine. „Ich bin in der Region viel unterwegs und spreche regelmäßig mit Planern und Bürgermeistern. Das verdichtete Bauen findet ohnehin schon statt.“ Zum einen um Fläche zu sparen, aber auch, weil es neben dem Bedarf an Einfamilienhäusern eine große Nachfrage nach Wohnungen in Mehrfamilienhäusern gebe.
.....Trotz dieser Erwartungshaltung ziele die Bruttwowohndichte aber nicht an der Nachfrage vorbei. Das hat einen bitteren Grund: Der Traum vom neuen Einfamilienhauses wird für viele schlicht unrealistisch – da sind sich Rürup, Kellenberger und Heine für den Kreis Ravensburg einig......
Das zeigen Beispiele wie Esenhausen bei Wilhelmsdorf. Dort hat sich eine Bürgerinitiative gegen zwei mehrgeschossige Wohngebäude gewehrt, weil die Architektur nicht in den Ort passe. Die geplanten Flachdächer wurden ebenso negativ gesehen, wie zu wenig Stellflächen, eine fehlende Grünplanung und die Gefahr von Lärm. .....
„’Mich stört der Anblick’ ist ein schwieriges Argument gegen mehrgeschossige Wohnhäuser“, sagt Wolfgang Heine. „Wir befinden uns in einer Zeitenwende. Es muss ein Umdenken stattfinden, und jeder muss seinen Teil dazu beitragen.“
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