30.01.2023 |
Da staunten die Organisatoren der Klimawerkstatt am Donnerstag nicht schlecht: Statt der angemeldeten 60 Besucher strömten fast doppelt so viele zur Veranstaltung in den Überlinger Feuerwehrsaal. Die Tische reichten nicht aus – und ebenso wenig die angesetzte Zeit von drei Stunden. Zu viel gab es zu diskutieren, zu viele Ideen wurden ausgetauscht.
Und das war möglicherweise eine einmalige Gelegenheit: An diesem Abend konnte wirklich jeder jede Idee zum Thema äußern. Alles wurde an Pinnwänden gesammelt, thematisch gegliedert und anschließend von den Besuchern nach einem Punktesystem gewichtet. Da standen dann Dinge wie „Flächen entsiegeln“, „Ein-Euro-Bus“, „weniger Zweitwohnungen“, „Bürgerenergie fördern“, „PV auf öffentlichen Gebäuden“ oder „Stadt als Vorbild“.
Aufgabe der neuen Klimamanagerin Melissa Siegl – die am Ende jedes Kärtchen von den Pinnwänden einsammelte – ist es nun, all dies in ein integriertes Klimaschutzkonzept zu gießen, das bis November dem Gemeinderat vorgelegt werden soll. Gearbeitet wird daran bereits seit Juni 2022, gemeinsam mit zwei Projektbüros aus Freiburg und Stuttgart. Die stellten zunächst etliche Zahlen vor, etwa dass die Überlinger Haushalte mehr Energie verbrauchen als im bundesdeutschen Schnitt, die erneuerbare Stromerzeugung dagegen deutlich geringer ist. Oder dass sich theoretisch 31 Prozent des Überlinger Wärmebedarfs durch Erdwärme und 23 Prozent durch Seewasser decken ließen
....Doch an diesem Abend sollte es um etwas anderes gehen, wie Oberbürgermeister Jan Zeitler entgegnete: „Auf Maßnahmenebene“ sollten die Bürger mit all ihren Ideen zu Wort kommen.
.... „Schon seit Jahren kann ich in Radolfzell für 1 Euro Bus fahren“, sagt etwa Florian Hager aus Deisendorf, die Busse seien gut gefüllt. „Das könnte man hier doch wenigstens mal testen.“
....In Nußdorf etwa werde „ein
Betonklotz nach dem anderen“ gebaut, sagt eine ältere Anwohnerin. „Und
niemand wohnt wirklich darin.“
.... „Man sollte
Leerstand besteuern.“ Oder auch Anreize zur Vermietung schaffen, eine
Tauschbörse einrichten – „Senioren, die allein in ihrem Haus wohnen,
tauschen mit Familien“. Die Ideen sprudelten nur so. Einig waren sich
die Teilnehmer: Überlingen hat keine Wohnungsnot, sondern ein
Verteilungsproblem.
.... „Die Stadt müsste in all diesen Dingen mehr voran gehen“, fand Stadträtin Bettina Dreiseitl-Wanschura – etwa durch Bio-Catering in den städtischen Einrichtungen. Oder das Dimmen von Straßenbeleuchtungen, wie Biologin Nicola Reiter anmerkte. „Oder mal die oberste Geschossdecke des Altenheims St. Franziskus dämmen“, sagte Architekt Wilfried Stotz. Ein Überlinger Firmenchef formulierte es so: „Es ist wie in einem Unternehmen: Wenn man die Belegschaft mitnehmen will, muss man es als Chef vorleben.“...
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