Montag, 13. Juni 2022

Report:Energiewende Down Under

 "Die Energiewende passiert" - das ist ein Satz den man gar nicht oft genug hören will.
Und trotzdem beschleicht mich leichtes Unbehagen, wenn ich solche Berichte lese, denn da wird genauso weiter gedacht wie bisher. Man stellt einfach die Produktion um auf was Anderes, verdient viel Geld damit und vertreibt es in immer größeren Maßstäben, um immer mehr zu verdienen und zu bedienen. Wüste gibt es ja genug in Australien und besser als Kohle scheint es allemal.....

Hat man dazu gelernt aus unserer Mehrfach-Krise? Wir brauchen ein neues Denken, ein Rundum-Nachhaltigkeitspaket, das Umwelt und Klimagerechtigkeit mit einbezieht, von Anfang an. Wir brauchen ein anderes Wirtschaftsdenken!

Süddeutsche Zeitung hier  10. Juni 2022

Andrew "Twiggy" Forrest ist ein Mann vom Lande.....FMG machte Forrest sehr schnell sehr reich. ..2011 trat er als FMG-Geschäftsführer ab und wurde Philanthrop. Mit Ehefrau Nicola fing er an, sein überschüssiges Vermögen für wohltätige Zwecke auszugeben. Etliche Millionen haben die Forrests seither in nützliche Projekte gepumpt. Sie engagierten sich gegen moderne Sklaverei und Meeresverschmutzung, investierten in Krebsforschung, frühkindliche Erziehung, Universitätsbildung, Ureinwohner-Förderung. Vom Thema Klimawandel ließen sie die Finger. Andrew Forrest kannte ja die gigantischen Kohlendioxid-Wolken über seinem Minengeschäft. Mit Geld und Gutmenschen-Plädoyers konnte er daran nichts ändern. "Ich habe den Leuten gesagt, wir lassen das, solange wir nichts dagegen machen können."

Aber die Forderungen beschäftigten ihn. 2016 schrieb er sich an der University of Western Australia in Perth für ein Studium der Meeresökologie ein. Vier Jahre später erwarb er seinen Doktortitel mit einer Dissertation zum Thema "Pelagische Ökologie und Lösungen für einen problembeladenen Ozean". Seine Erkenntnis: "Es gibt nur einen Weg gegen Plastik im Meer und Klimawandel: durch Business-Lösungen." Also hörte er auf, Philanthrop zu sein, und kehrte zurück ins Geschäft. 2020 gründete er Fortescue Future Industries. Ab August ist er auch wieder Vorstandsvorsitzender von FMG.

Die Kohle-Lobby ist immer noch mächtig

....Andrew Forrest selbst sagt: "Ich will ein sinnvolles Leben führen." Er hat die Chance, die dramatischste Energiewende seit Beginn der industriellen Stromerzeugung anzuschieben. Das gefällt ihm. FFI-Wasserstoff soll das FMG-Geschäft in acht Jahren emissionsfrei machen. Mit dem deutschen Energiebetreiber Eon ist eine Lieferung von fünf Millionen Tonnen grünen Wasserstoffs bis 2030 vereinbart. Die Forrest-Maschinerie läuft - genauso wie 2003, als er FMG aus dem Boden stampfte.....

Es gibt viel zu tun. In Australien hat man den Trend zur grünen Energie bisher nicht gerade beschleunigt. Die Kohle-Lobby ist mächtig, kann Arbeitsplätze und Exporterfolge vorweisen und hält sich noch auf Jahrzehnte für unangefochten. In den vergangenen neun Jahren regierte außerdem die konservative liberal-nationale Koalition, die lieber bewährte Brennstoffe förderte statt die Energiewende. In den Gebieten, die Andrew Forrest aufgemalt hat, gibt es noch keine riesigen Solar- und Windparks. Und grüner Wasserstoff ist teuer. Michael Dolan nennt ihn "ein Nischenprodukt am falschen Ende der Kommerzialisierungskurve". Dolan ist der Direktor für Wissenschaft und Technik bei FFI, sozusagen der leitende Anti-Träumer im Betrieb. Bevor er zu FFI kam, war er Wasserstoff-Forscher bei der staatlichen Commonwealth Scientific and Industrial Research Organisation. Wenn er erzählt, wird deutlich, was für eine mächtige Aufgabe die Energiewende ist.

Wasserstoff stellt man durch die Elektrolyse von Wasser her. Mit elektrischem Strom wird das Wasser in seine Elemente Sauerstoff und Wasserstoff gepalten. Grün ist dieser Prozess nur dann, wenn der Strom aus erneuerbaren Energien kommt. Deshalb braucht FFI zunächst einmal viel freies Land für die Solar- und Windparks, deren Strom dann in Elektrolyse-Fabriken zur Massenproduktion von Wasserstoff fließt. "Das ist die Reise, auf der wir und andere Firmen gerade sind", sagt Michael Dolan.

Es ist eine Reise, die mit großem Rückstand begonnen hat. Dolan kann das am Beispiel der Eon-Zusammenarbeit zeigen. "Fünf Millionen Tonnen bis 2030 ist die größte Lieferung grünen Wasserstoffs, die je jemand in Betracht gezogen hat", sagt er, "andererseits ergibt das nur ein Drittel der Energie, die Deutschland derzeit durch Gaslieferungen aus Russland bekommt." Außerdem tüftelt die Forschung noch an der Frage, wie man grünen Wasserstoff oder grünes Ammoniak, eine weitere Hoffnung des Klimakrisen-Managements, so aufarbeiten kann, dass sich schwere Nutzfahrzeuge, Flugzeuge und Schiffe damit genauso bewegen wie mit den herkömmlichen fossilen Treibstoffen.

Die kommerzielle Wasserstoff-Produktion soll 2024 beginnen

Aber der Fortschritt ist nicht mehr aufzuhalten. "Die Energiewende passiert", sagt Dolan, "diese Unvermeidlichkeit zu ignorieren, wäre etwas naiv." Jede Industrienation hat ihre Klimaziele. Weil der Gas-Exporteur Russland die Ukraine angegriffen hat, ist das Verlangen nach alternativen Treibstoffen dringender denn je. Und immer weniger Menschen akzeptieren Untätigkeit beim Klimaschutz; in Australien haben die Konservativen vor allem deshalb die Wahl verloren.

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