t-online Von dpa 05.06.2024
Neue Klimaberichte veröffentlicht: Neue Klimaberichte zeigen eine beschleunigte Erderwärmung und immer neue Temperaturrekorde. UN-Generalsekretär António Guterres fordert drastische Maßnahmen gegen den Klimawandel.Angesichts dreier neuer Klimaberichte, die eine beschleunigte Erderwärmung dokumentieren, haben die Vereinten Nationen eindringlich zu drastischen Maßnahmen aufgerufen. "Wir spielen mit unserem Planeten russisches Roulette", sagte UN-Generalsekretär António Guterres am Mittwoch in einer Klima-Rede in New York. Er betonte, dass dringende Maßnahmen notwendig seien: "Wir brauchen eine Ausfahrt vom Highway zur Klimahölle."
Laut dem Bericht des EU-Klimawandeldienst Copernicus war der Mai der zwölfte Monat in Folge, in dem die globale Durchschnittstemperatur einen Rekordwert erreichte.
Der Bericht "Indicators of Global Climate Change" (IGCC) vom Mittwoch zeigt, dass die menschengemachte Erderwärmung so schnell zugenommen hat wie nie zuvor seit Beginn der Aufzeichnungen.
Die Weltwetterorganisation (WMO) prognostiziert, dass die Jahresmittelwerte in den kommenden Jahren mindestens einmal über der 1,5-Grad-Schwelle liegen werden.
Forderungen nach Boykott und neuen Abgaben
Guterres forderte einen Boykott der Industrie für fossile Brennstoffe und rief Regierungen dazu auf, Werbung für diese Branche zu verbieten. Finanzinstitute sollten stattdessen in erneuerbare Energien investieren.
"Milliarden von Dollar wurden dafür aufgewendet,
die Wahrheit zu verdrehen,
die Öffentlichkeit zu täuschen und Zweifel zu säen",
sagte Guterres
und bezeichnete die Unternehmen als "Paten des Klimachaos".
Er schlug zudem vor, die Gewinne dieser Firmen mit einer Sondersteuer zu belegen, um Klimaschutzprojekte zu finanzieren. Außerdem regte er Abgaben bei Schifffahrt, Luftverkehr und Brennstoffindustrie an, um mehr Geld für nachhaltige Energie in ärmeren Ländern bereitzustellen. Die führenden Industrie- und Schwellenländer müssten am meisten tun und ärmeren Ländern sowohl Technologien als auch Finanzhilfen zur Verfügung stellen.
Berichte über beschleunigte Erderwärmung und Rekordwerte
Der IGCC-Report zeigt, dass die Temperatur durch menschliche Aktivitäten im letzten Jahrzehnt um 0,26 Grad gestiegen ist, ein Rekordwert seit dem 19. Jahrhundert. Im Vergleich zum Zeitraum 1850 bis 1900 war der Mai 1,52 Grad wärmer, so Copernicus. Die Weltwetterorganisation erwartet, dass die globale Durchschnittstemperatur in den kommenden Jahren mindestens einmal über 1,5 Grad liegt.
Zudem war 2023 das bisher heißeste Jahr seit der Industrialisierung mit einer globalen Durchschnittstemperatur von 1,45 Grad über dem Durchschnitt von 1850 bis 1900. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Temperatur in den Jahren 2024 bis 2028 mehr als 1,5 Grad über dem Niveau von 1850 bis 1900 liegt, beträgt laut WMO 80 Prozent.
Einfluss von Sondereffekten und Zukunftsaussichten
Zu den gemeldeten Rekordwerten tragen auch Sondereffekte wie das natürliche Klimaphänomen El Niño bei. Der IGCC-Bericht führt den Temperaturanstieg sowohl auf den hohen Treibhausgas-Ausstoß als auch auf eine Abnahme kühlender Aerosole in der Atmosphäre zurück. Trotz möglicher Pausen in der Abfolge von Rekordmonaten bleibt der Trend des menschengemachten Klimawandels bestehen, solange Treibhausgase erzeugt werden, betonte Copernicus-Direktor Carlo Buontempo.
Die Autoren des IGCC-Berichts sehen Hinweise darauf, dass sich der Anstieg der CO2-Emissionen im vergangenen Jahrzehnt im Vergleich zu den 2000er-Jahren verlangsamt hat. Je nach Umsetzung von Klimaschutzmaßnahmen könnte das aktuelle Jahrzehnt eine Umkehr bringen. Guterres betonte, dass die Menschen es in ihrer Hand haben, das Ruder herumzureißen, und dass in den kommenden 18 Monaten mehr Klimaschutz umgesetzt werden müsse.
Zeit hier 6. Juni 2024, Quelle: dpa
Klimaschutz: Scharfe UN-Kritik an Branche fossiler Brennstoffe
Klimaschutz: «Es gibt keinen Grund, dass Tech-Konzerne wie Google bei Klima-Suchanfragen Propaganda für fossile Brennstoffe ausspucken sollten», sagt Michael Khoo von der Umweltorganisation Friends of the Earth.
Wissenschaftler und Klimaschützer haben die scharfe Kritik von UN-Generalsekretär António Guterres an der Branche für fossile Brennstoffe begrüßt. "Gelder fossiler Konzerne stecken überall drin und machen die ehrgeizigen Klimaschutzmaßnahmen, die wir laut Wissenschaft brauchen, schwierig oder unmöglich", sagte Timmons Roberts, Professor an der US-amerikanischen Brown University.
April bricht als elfter Monat in Folge globalen Temperaturrekord
Die PR-Aktivitäten der Branche seien verheerend. "PR-Firmen, Medienhäuser, Beratungsfirmen, Anwaltskanzleien und Finanzakteure profitieren von fossilem Marketing und verhindern so den Aufbau einer lebenswerten Zukunft ohne Kohle, Öl und Gas."
Guterres hatte der Industrie gestern vorgeworfen, den Übergang zu erneuerbaren Energien absichtlich mit Fehlinformationen zu behindern. Er rief zum Boykott auf: Die Werbebranche solle keine Aufträge mehr aus der Industrie annehmen, Medien und Technologieunternehmen sollten keine Werbung aus der Branche mehr annehmen. Von Regierungen verlangte er ein Werbeverbot und Finanzinstituten legte er nahe, sich abzuwenden und stattdessen in erneuerbare Energien zu investieren.
Guterres: "Spielen mit unserem Planeten russisches Roulette"
Er nannte mehr als 30 konkrete nötige Schritte, um die Erderwärmung zu begrenzen und die Welt vor mehr Klimachaos zu bewahren. Die Konflikte in der Ukraine, in Gaza und anderswo hätten das Klimathema verdrängt, es sei aber eine Bedrohung für die Menschheit und müsse höchste Priorität behalten. "Wir spielen mit unserem Planeten russisches Roulette", sagte er. "Wir brauchen eine Ausfahrt vom Highway zur Klimahölle."
Tom Holen von der Denkfabrik InfluenceMap für Klimaschutz sagte: "Wir wissen, dass fossile Konzerne ausgeklügelte Kommunikationsstrategien nutzen, um Klimaschutz zu verhindern und den Status quo zu erhalten.
Michael Khoo von der Umweltorganisation Friends of the Earth beschäftigt sich mit Klima-Desinformation. "Es gibt keinen Grund, dass Tech-Konzerne wie Google bei Klima-Suchanfragen Propaganda für fossile Brennstoffe ausspucken sollten", sagte er. "Regierungen weltweit sollten ein Werbeverbot für Fossile erlassen - ähnlich wie beim Umgang mit Tabakwerbung."
Guterres sagte nach seiner Rede, jeder Einzelne müsse sich engagieren: Bei Wahlen, um Politikerinnen und Politiker an die Macht zu bringen, die es mit dem Klimawandel ernst meinten und durch eigenes Engagement für mehr Klimaschutz. Er bedankte sich bei jungen Leuten, die dies täten. "Ihr steht auf der richtigen Seite der Geschichte", sagte er. "Macht weiter."
2023 war das heißeste Jahr mit 1,45 Grad plus
Er bezog sich in seiner Rede auf drei Klimaberichte mit besorgniserregenden Ergebnissen, die gestern veröffentlicht wurden. Danach hat sich der Klimawandel beschleunigt. Die globale Durchschnittstemperatur stieg nach der IGCC-Studie von 2014 bis 2023 um 0,26 Grad, nach 0,20 Grad in der Dekade davor. Der Mai war der zwölfte Monat in Folge, in dem die globale Durchschnittstemperatur einen Rekordwert für den jeweiligen Monat erreichte, wie der EU-Klimawandeldienst Copernicus mitteilte.
Der Rekord beziehe sich mindestens auf den zurückliegenden Zeitraum seit 1850. Die Weltwetterorganisation WMO rechnet nun mit 80-prozentiger Wahrscheinlichkeit damit, dass eines der nächsten fünf Jahre 1,5 oder mehr Grad wärmer ist als die Welt es in vorindustrieller Zeit war. 2023 war das bislang heißeste Jahr mit plus 1,45 Grad gegenüber dem Zeitraum 1850 bis 1900.
© dpa-infocom, dpa:240606-99-291888/2
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