NDR hier Stand: 03.06.2022 von Leonie Jost
Wer beim Einkauf darauf achten möchte, dass die gekauften Produkte das Klima möglichst wenig belasten, hat es schwer. Bisher fehlt eine entsprechende Kennzeichnung. Ein neues Klima-Label soll das ändern.
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Beim Einkaufen in einem deutschen Supermarkt hat man die Wahl zwischen ungefähr 12.000 Produkten. Welche davon besonders klimaschädlich sind, ist bisher nicht sehr transparent. Denn wer weiß schon, ob Bio-Tomaten aus Spanien klimaschädlicher sind als konventionelle Tomaten aus der Region? Oder ob tiefgekühlte Chicken Nuggets besser oder schlechter für das Klima sind als das Rindersteak von der Fleischtheke. Eine Lösung, die vielleicht bald dabei helfen wird, klimafreundlicher einzukaufen, ist ein Klima-Label auf den Verpackungen. Doch wo genau entstehen Klimagase bei der Lebensmittelproduktion eigentlich?
Klimafreundlich einkaufen kann viel bewirken
Bis ein Gericht bei uns auf dem Teller landet, hat es oft schon viele Treibhausgase verursacht. Die klimaschädlichen Gase CO2, Methan und Lachgas entstehen zum Beispiel, wenn ein Landwirt mit einem Traktor auf dem Acker Weizen aussät, düngt oder erntet. Einige Lebensmittel wurden in beheizten Gewächshäusern angebaut, haben eine lange Lagerungszeit hinter sich, wurden gekühlt oder verarbeitet. Bei all dem entstehen Treibhausgase - bei dem einen Lebensmittel mehr, bei dem anderen weniger. Nach der Ernte geht meist noch eine lange Reise los. Viele Lebensmittel kommen mit dem Flugzeug, dem Schiff oder per Lkw zu uns. Von den Treibhausgasen, die jeder Mensch in Deutschland verursacht, stammen etwa 10 bis 15 Prozent aus dem Konsum von Lebensmitteln. Wer klimafreundlich einkauft, kann demnach eine ganze Menge an Treibhausgasen einsparen.
Ein Label, das jeder auf Anhieb versteht
Untersuchungen zeigen jedoch, dass Verbraucherinnen und Verbraucher den Treibhausgas-Ausstoß von Lebensmitteln massiv unterschätzen. Auf den Lebensmitteln fehlt ja bisher auch eine Kennzeichnung, wie viel Treibhausgase durch Produktion und Transport verursacht wurden. Wer seinen Klima-Fußabdruck beim Einkaufen reduzieren möchte, musste sich bisher selber helfen und Informationen dazu mühsam recherchieren. Hinzu kommt, dass diese oft widersprüchlich sind, weil nicht die gleichen Parameter zur Messung herangezogen werden.
"Ein Klima-Label soll helfen, zu erkennen, welche Produkte, die wir kaufen, dem Klima schaden oder nutzen," sagt Julian Zuber. Er ist Geschäftsführer von German Zero, einer gemeinnützigen, unabhängigen Klimaschutz-Organisation, die sich für die Einführung einer verpflichtenden, leicht verständlichen Produkt-Kennzeichnung starkmacht.
Zu viele Labels sorgen für Verwirrung
Es gibt zwar inzwischen auf einigen Produkten schon Hinweise, ob ein Produkt zum Beispiel klimaneutral produziert wurde. Allerdings werden diese Label teilweise von den Unternehmen selbst entwickelt und sind schwierig zu vergleichen. Neben German Zero fordert daher auch die Verbraucherzentrale ein einheitliches, staatliches Klima-Label mit verbindlichen Kriterien. Dies hätte noch einen weiteren Vorteil, erklärt Julian Zuber: "Es wäre ein wasserdichtes Label und es würde auch verhindern, dass es zu viele Labels gibt."
Denn mit zu vielen verschiedenen Hinweisen auf den Verpackungen wird es irgendwann unübersichtlich. Damit solch ein Label für alle Menschen leicht verständlich ist und tatsächlich auch den gewünschten Effekt hat, braucht es sehr viel Vorarbeit
Vor allem tierische Produkte werden unterschätzt
Viel wichtiger als die Einführung eines Labels ist laut Zuber die ganze Arbeit des Sondierens: "Was braucht es für Kriterien? Wie wäre es umsetzbar? Was kann man kontrollieren und wie sähe die Agentur aus, die das kontrolliert?" Diese Fragen zu klären, sei die Hauptarbeit.
Um diese Vorarbeiten kümmert sich Sarah Kühl von der Universität Göttingen. Sie ist wissenschaftliche Mitarbeiterin in einem Projekt, das ein Klima-Label entwickelt und erprobt. "Aktuelle Studien zeigen, dass Verbraucherinnen und Verbraucher die Klima-Auswirkungen von Lebensmitteln gar nicht einschätzen können", sagt Kühl. "Insbesondere tierische Produkte werden da klar unterschätzt." Wer die Klima-Auswirkungen bei Lebensmittel nicht kennt, könne auch keine entsprechende Kauf-Entscheidung treffen.
Auch regionale Produkte können klimaschädlich sein
Es sind vor allem Milch, Fleisch und Eier, die das Klima belasten. Aber auch regional produziertes Obst und Gemüse ist nicht automatisch besser fürs Klima. So ist zum Beispiel ein Apfel aus dem Alten Land im Oktober weniger klimaschädlich als einer, der im Februar gekauft wurde: "Die Lagerung und Kühlung verbraucht immense Energiekosten und dadurch erhöht sich dann natürlich auch die Klima-Auswirkung von eigentlich regionalen Produkten," weiß Sarah Kühl.
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