Dienstag, 2. August 2022

"BP erzielt bestes Ergebnis seit 14 Jahren – und will weiter in fossile Energien investieren"

Handelsblatt   hier  Riecke, Torsten   2.8.22

Energie

Wie die gesamte Branche legt auch BP blendende Zahlen vor. Davon profitieren vor allem die Aktionäre – doch die britische Regierung plant bereits eine Übergewinnsteuer.

Der britische Öl- und Energiekonzern BP hat zwischen April und Juni das beste Quartalsergebnis seit 14 Jahren erwirtschaftet. Der Reingewinn des Unternehmens verdreifachte sich nahezu gegenüber dem Vorjahreszeitraum auf rund 8,5 Milliarden Dollar.

Analysten hatten im Durchschnitt nur mit 6,8 Milliarden Dollar gerechnet. Die Börse reagierte mit einem Plus von mehr als vier Prozent auf die Gewinnschwemme bei BP.

BP folgt damit den Vorlagen von Shell, ExxonMobil, Total und Chevron die in den vergangenen Tagen dank der hohen Öl- und Gaspreise alle enorme Profite vermelden konnten. Sie alle profitieren von den hohen Preise für Öl, Gas und Benzin.

BP rechnet damit, dass die Preise hoch bleiben, und kündigte neue Investitionen in fossile und erneuerbare Energieträger an. „Die Welt steckt in einem Energie-Trilemma aus Sicherheitsrisiken, hohen Preisen und dem Wunsch nach einer Transformation hin zu kohlenstoffarmen Energieträgern“, sagte BP-Chef Bernard Looney. Sein Unternehmen wolle dabei helfen, die Zwickmühle aufzulösen.

Wie die meisten anderen Mitglieder von „Big Oil“, der Gruppe der großen Ölkonzerne, erhöht auch BP seine Dividende und kündigte erneut Aktienrückkäufe an. Die Ausschüttung je Aktie soll um zehn Prozent auf 6 US-Cents steigen. Zudem will das Unternehmen in den kommenden drei Monaten Aktien im Wert von 3,5 Milliarden Dollar zurückkaufen. Bereits im ersten Halbjahr hatte BP seine Aktionäre mit einem Rückkaufprogramm in Höhe von 3,8 Milliarden Dollar an den Krisengewinnen beteiligt.

Das Unternehmen „liefert das Öl und Gas, das die Welt heute braucht, und investiert gleichzeitig, um die Energiewende zu beschleunigen“, erklärte Looney. Genau das wird jedoch von den Kritikern der Energiebranche bestritten: Statt den Preisschock durch den Ukraine-Krieg zu dämpfen und mehr zu investieren, würden die Konzerne hohe Übergewinne (Windfall Profits) einfahren und diese dann über Dividenden und Aktienrückkäufe an die Aktionäre ausschütten. Finanzvorstand Murray Auchincloss hatte im Februar noch orakelt, der Konzerne verdiene so viel Geld, dass er nicht wisse, was er damit anfangen solle.

Wie groß der politische Druck ist, zeigt sich für BP vor allem im Heimatland Großbritannien. Dort hat die konservative Regierung unter dem Noch-Premierminister Boris Johnson im Juli eine Sondersteuer in Höhe von 25 Prozent auf Krisengewinne aus den Aktivitäten in der Nordsee auf den Weg gebracht. Mit den Steuereinnahmen von etwa fünf Milliarden Pfund (sechs Milliarden Euro) soll den unter den enormen Energiepreisen leidenden Verbrauchern in Großbritannien geholfen werden. Nach einer neuen Prognose der Marktanalysten von Cornwall Insight könnte sich die Energierechnung für einen britischen Durchschnittshaushalt in diesem Jahr auf mehr als 3600 Pfund verdreifachen.

Die hohen Profite im zweiten Quartal werden von der neuen Übergewinnsteuer zwar noch nicht erfasst. BP-Chef Looney wollte zur voraussichtlichen Steuerbelastung noch keine konkreten Zahlen nennen, verwies aber auf die Vorsorgeaufwendungen. Demnach wird das Unternehmen nach eigenen Schätzungen bis 2025 für die „Windfall Tax“ rund 800 Millionen Dollar Steuern zusätzlich zahlen.

Mit 5,9 Milliarden Dollar erwirtschaftete BP den Großteil seiner Profite im Upstream-Bereich der Ölproduktion. Aus dem Bereich „Gas & Low Carbon Energy“ kamen 3,1 Milliarden Dollar.

Looney hatte kürzlich davor gewarnt, dass die Übergewinnsteuer Investitionen in die heimische Energieversorgung bremsen könnte. Eine Aussage, die später von der britischen BP-Chefin Louise Kingham relativiert wurde.

BP will die Öl- und Gasgewinnung in der Nordsee ausbauen sowie mehr Geld in Windkraft und Elektrofahrzeuge investieren. Erst im Mai hatte BP ein Investitionsprogramm in Höhe von 18 Milliarden Pfund für die nächsten zehn Jahre in Großbritannien angekündigt.

Zugleich konnte der Konzern seine Nettoschulden um weitere zehn Milliarden Dollar auf knapp 23 Milliarden Dollar verringern. Auch künftig will BP rund ein Drittel seines Cash-Flows nutzen, um seine Schulden abzubauen. „Jetzt ist nicht die Zeit, unsere Disziplin zu lockern“, sagte Vorstandschef Looney. Deshalb plane der Konzern trotz der aktuellen Marktlage auch weiterhin mit einem langfristigen Ölpreis von 40 Dollar per Barrel. 

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