hier 30. Mai 2024 | Tobias Stahl
Statt auf einen Lithium-Akku setzt ein Netzbetreiber auf einen neuartigen Speicher mit Natrium-Ionen-Zellchemie. Er landet aber nicht etwa im E-Auto, sondern soll Erneuerbare Energie speichern. 10 Megawattstunden (MWh) Strom kann der chinesische Stromanbieter so puffern.
In Nanning, einer Stadt mit 8,7 Millionen Einwohnern in der Region Guangxi im Südwesten Chinas, ist der erste große Natrium-Ionen-Batteriespeicher mit 10 MWh Speicherkapazität in der Volksrepublik ans Netz gegangen. Das geht aus einem Bericht des Branchenportals CnEVPost hervor, der sich auf die Energiespeicherabteilung des chinesischen Netzbetreibers China Southern Power Grid beruft. Die Energiespeicherstation stellt die erste Phase eines 100-MWh-Gesamtprojekts dar.
Wenn das Projekt abgeschlossen ist, soll das Batteriespeichersystem jährlich bis zu 73 Millionen Kilowattstunden sauberen Strom speichern und abgeben können, um so den Strombedarf von rund 35.000 Privatkunden zu decken. Dabei sollen die CO₂-Emissionen um 50.000 Tonnen reduziert werden, heißt es in einer Erklärung von China Southern Power Grid. Wie genau diese Einsparungen erzielt werden, geht aus dem Schreiben nicht hervor.
Natrium-Ionen-Batterien sollen die Entwicklung der chinesischen Speicherindustrie vorantreiben
Bis zum Ende des ersten Quartals 2024 erreichte die kumulierte installierte Kapazität von Chinas Energiespeicherprojekten 35,3 Millionen kWh, wovon mehr als 95 Prozent auf elektrochemische Speicher entfallen, darunter auch große Lithium-Ionen-Batterien. Zum Vergleich: Allein die Batteriespeicheranlage in Nanning könnte mit ihren aktuell 10 MWh Kapazität ein E-Auto 50.000 Kilometer weit bringen, wenn man einen Energieverbrauch des E-Autos von 20 kWh pro 100 Kilometern zugrunde legt.
Natrium-Ionen-Batterien gelten zudem als vielversprechende Lösung für Elektroautos. Auch als Energiespeicher im Stromnetz sollen sie jedoch sinnvoll sein: Lithium-Ionen-Batterien erfordern teils kritische Rohstoffe, die es schwierig machten, die nachhaltige und schnelle Entwicklung der chinesischen Energiespeicherindustrie zu unterstützen, heißt es in der Pressemeldung. Natrium-Ionen-Batterien basieren hingegen auf dem deutlich besser verfügbaren Natrium, das als Natriumchlorid – also Kochsalz – in großen Mengen vorhanden ist.
Sowohl in Lithium-Ionen- als auch in Natrium-Ionen-Batterien besteht die Anode aus Kohlenstoff – lediglich im Kathodenmaterial unterscheiden sich die Batterietypen. Natrium-Ionen-Batterien haben bislang aber eine geringere Energiedichte als ihre Lithium-Ionen-Gegenstücke.
China verspricht sich niedrigere Kosten und verbesserte Sicherheit
Wenn Natrium-Ionen-Energiespeicher in die Phase der industriellen Anwendung eintreten, könnten die Kosten für solche Energiespeicher laut Berechnungen von China Southern Power Grid um 20 bis 30 Prozent sinken.
Der 10-MWh-Energiespeicher verwendet 210-Ah-Natrium-Ionen-Batteriezellen, die in 12 Minuten zu 90 Prozent aufgeladen werden können, heißt es in der Erklärung. Das Forschungs- und Entwicklungsteam des Projekts hat laut eigener Aussage ein Wärmemanagementsystem entwickelt, das den Temperaturunterschied zwischen den mehr als 22.000 Natrium-Batteriezellen innerhalb von 3 Grad Celsius hält. Gleichzeitig soll die Zeit, die die Zellen benötigen, um etwa nach einer Beschädigung thermisch durchzugehen, sprich: zu überhitzen, von 30 Minuten auf 2 Stunden verlängert worden sein.
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