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„Nature Restauration Law“ der EU: Das Wort klingt sperrig: EU-Verordnung zur Wiederherstellung der Natur. Doch sie verspricht eine Zukunft, in der Natur und Menschen gemeinsam wachsen. Wir erklären, was wir von dem Gesetz erwarten können, und wo die EU nachbessern muss.
Alle bisherigen Anstrengungen reichen nicht aus, um die Naturkrise zu stoppen. Dies gilt nicht nur für Deutschland, sondern für die Europäische Union (EU) insgesamt. Das EU-Recht sah bisher keine verbindlichen Ziele zur Wiederherstellung verschiedener Ökosysteme vor.
Doch dann kam der Europäische Green Deal. Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen initiierte eine neue EU-Biodiversitätsstrategie bis 2030, und die könnte vieles ändern: Eine der dort genannten Maßnahmen ist ein Gesetzesvorschlag mit verbindlichen Wiederherstellungs-Zielen für die Natur. Dieser Gesetzesvorschlag wurde nach mehrfacher Verzögerung am 22. Juni 2022 veröffentlicht. Er stellt den ersten größeren Naturschutz-Rechtsakt der EU seit Verabschiedung der Fauna-Flora-Habitat-(FFH-)-Richtlinie im Jahr 1992 dar.
Gemeinsam mit seinen Dachverbänden in Brüssel begrüßt der NABU diesen Vorschlag. Denn die Gesetzgebung auf EU-Ebene schafft gleiche Bedingungen in allen 27 Mitgliedstaaten. Da Umweltprobleme meist grenzüberschreitend sind, ist eine übergreifende Regelung sinnvoll.
Fünf Gründe, warum wir das EU-Renaturierungsgesetz brauchen
- Es hilft der biologischen Vielfalt, indem es Platz für lokale Flora und Fauna schafft.
- Es bekämpft die Klimakrise: Ökosysteme wie Moore, Wälder und Auen speichern Kohlenstoff.
- Es schützt uns vor Naturkatastrophen wie Dürren und Überschwemmungen.
- Es verbessert unsere Gesundheit: In der Natur können wir uns erholen. Das fördert unser Wohlbefinden.
- Es kurbelt die lokale Wirtschaft an, indem es die Nahrungsmittelversorgung langfristig sichert und nachhaltige Praktiken stärkt.
Das geplante Gesetz ist eine einmalige Chance, um die Klima- und Naturkrise gemeinsam anzugehen. Mit den Regelungen schaffen wir eine Grundlage, in der Menschen und Natur gemeinsam wachsen können.
Was schlägt die EU-Kommission vor
Der Gesetzesvorschlag gliedert sich in drei größere Abschnitte. Im einleitenden Teil (Artikel 1 bis 3) finden sich Definitionen und ein indikatives Gesamtziel. Auf dieser Grundlage sollen die Maßnahmen zu einer Wiederherstellung von mindestens 20 Prozent der Land- und Meerfläche der EU beitragen. Im Hauptteil finden sich (in den Artikeln 4 bis 10) für Mitgliedstaaten verbindliche Vorgaben zur Wiederherstellung einzelner Ökosysteme – an Land etwa besonders schützenswerte Lebensräume wie Flüsse, landwirtschaftlich genutzte Ökosysteme und Wälder.
Wie geht es weiter?
Die beiden Ko-Gesetzgeber – also das Europäische Parlament und der (Umwelt-)Rat – planen ihre Positionierung zum Kommissionsvorschlag im Sommer 2023. Im zweiten Halbjahr 2023 folgen voraussichtlich die sogenannten Trilog-Treffen. In diesen verhandeln die beteiligten EU-Institutionen, basierend auf ihrer Positionierung, den finalen Gesetzestext. Danach kann er mit der Veröffentlichung im Amtsblatt der EU in Kraft treten. Er gewährt den Mitgliedstaaten einen angemessenen Zeitraum, um die nationalen Wiederherstellungspläne zu erstellen und mit Wiederherstellungsmaßnahmen loszulegen. Als EU-Verordnung ist sie bei Inkrafttreten rechtsverbindlich.
Damit wäre dann auch Deutschland verpflichtet, eine effektive Umsetzung zu gewährleisten.
Der Großteil der Maßnahmen muss allerdings durch die Bundesländer realisiert werden. Sinnvoll ist daher vermutlich ein nationales „Renaturierungsgesetz“, das die Zielvorgaben der EU-Verordnung auf die Länder herunterbricht. Auf diese Weise sollten den Ländern Instrumente – unter anderem für die Flächensicherung – an die Hand gegeben werden und diese Maßnahmen schließlich im nationalen Wiederherstellungsplan gebündelt werden.
Wie verhält sich der Vorschlag zu anderen Vorgaben in Deutschland und der EU?
In Deutschland finden sich bisher keine bundesweit verbindlich gültigen Vorgaben zur Wiederherstellung der Natur. Die EU-Verordnung bietet damit auch in Deutschland einen zielorientierten Rahmen, um schon bestehende einzelne Projekte zu bündeln und großflächig Ökosysteme wiederherzustellen. Die EU-Verordnung ergänzt damit das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz, das vor allem auch Förderinstrumente für natürliche Klimaschutzmaßnahmen wie etwa die Wiedervernässung von Mooren bereitstellt.
Auf Ebene der Europäischen Union baut die Verordnung zur Wiederherstellung der Natur auf dem bestehenden – insgesamt überschaubaren – EU-Umweltrecht auf und ergänzt es. Es bezieht sich teilweise auf die Methodik der FFH-Richtlinie und ergänzt diese. Wiederherstellungsmaßnahmen müssen somit über geschuldete Maßnahmen innerhalb von FFH-Gebieten hinausgehen. Zum Beispiel bei Flüssen macht der Kommissionsvorschlag Vorgaben zur Entfernung von Dämmen, die die bestehende Wasserrahmenrichtlinie ergänzen.
Vorgaben für artenreiche Landschaftselemente finden sich bereits in der EU-Biodiversitätsstrategie, hier werden sie nun verbindlich. Teilweise werden diese bereits durch die Gemeinsame Agrarpolitik der EU (GAP) subventioniert. Diese Förderung könnte sich in der Zukunft an die materiellen Vorgaben des Europäischen Green Deals orientieren. Die Ziele zum Thema Schutzgebiete ergeben sich nicht aus der EU-Verordnung zur Wiederherstellung der Natur, sondern vielmehr aus der EU-Biodiversitätsstrategie. Es ist aber klar, dass Wiederherstellungsmaßnahmen und Schutzgebietsziele miteinander korrespondieren – häufig haben renaturierte Gebiete nur Bestand, wenn sie im Anschluss geschützt werden.
Details und viel mehr dazu auf der Internetseite des NABU
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