Dienstag, 14. Juni 2022

Verbrenner-Verbot - wer ist nervös, wer gelassen?

Tagesschau hier  11.06.2022

E-Mobilität in EU-Staaten

Keine neuen Autos mit Verbrennermotor ab 2035: Dieses Ziel des Europaparlaments sorgt in den EU-Staaten für ganz unterschiedliche Reaktionen. Warum? Das zeigt ein Blick nach Polen, Griechenland und Spanien.

Die Mehrheit der Europaabgeordneten will den Verkauf von Autos und Transportern mit Verbrennermotoren ab 2035 verbieten. Auch wenn der Beschluss noch nicht verbindlich ist, weil er nur nach einer Einigung mit den Regierungen der EU-Staaten in Kraft treten kann, sorgt er in den verschiedenen Ländern für teils heftige Reaktionen.

Ein Blick in ausgewählte europäische Länder zeigt, warum sich manche nun große Sorgen machen und andere die geplanten EU-Vorgaben mit einem Schulterzucken zur Kenntnis nehmen

Polen macht Verbrennerverbot nervös  Von David Zajonz, ARD-Studio Warschau

In Polen geht der Ausbau der Elektromobilität eher schleppend voran. Und so sorgt das von der EU geplante Ende des Verbrenners für Nervosität. Experten bezweifeln, ob Polen dafür bereit ist. Und eine Europaabgeordnete der polnischen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit behauptet gar, die Elektroauto-Lobby schreibe in Brüssel teilweise die Gesetze. Die EU steuere damit auf ihre wirtschaftliche Vernichtung zu.

Diese scharfen Worte haben wohl auch damit zu tun, dass gerade die Ladesäuleninfrastruktur in Polen vergleichsweise schlecht ausgebaut ist. Der Zustand der Stromnetze gilt als mangelhaft, sie könnten mit einem stärkeren Ausbau der Elektromobilität überfordert sein, so die Befürchtung.

Immerhin hat die polnische Regierung kürzlich angekündigt, die Anreize zur Anschaffung von Elektroautos erhöhen zu wollen. Gleichhzeitig hat Polen aber auch einiges vorzuweisen im Bereich Elektromobilität. Das Land ist ein großer Produzent von Elektro-Bussen, die auch nach Deutschland verkauft werden.

Schulterzucken in Griechenland Von Verena Schälter, ARD-Studio Athen

Die griechische Insel Astypalea liegt abseits der großen Touristenströme. Trotzdem kommt ihr momentan besondere Aufmerksamkeit zu. Denn sie fungiert als ein Art Zukunftslabor: Bis 2026 soll die Insel schrittweise klimaneutral und damit auch auf nachhaltige Mobilität umgestellt werden. Das bedeutet unter anderem: keine Verbrenner mehr. 

Das Pilotprojekt auf Astypalea ist Teil der griechischen Klimastrategie: Das 11-Millionen-Einwohner-Land möchte beim Kampf gegen den Klimawandel eine führende Rolle in Europa einnehmen und hat sich daher ehrgeizige Ziele gesetzt: So sollen bis 2028 alle Kohlekraftwerke vom Netz genommen werden. Bereits 2025 müssen in Athen und Thessaloniki alle neuen Taxis sowie ein Drittel der Mietwagen elektrisch sein, ab 2030 sollen gar keine neuen Verbrenner mehr zugelassen werden - fünf Jahre früher als nun EU-weit geplant.

Erst Anfang der Woche betonte Verkehrsminister Kostas Karamanlis, dass dies absolute Priorität für die griechische Regierung habe. Daher werde man nun verstärkt Anstrengungen unternehmen, um die Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge zu erweitern. Noch 2019 gab es landesweit gerade einmal 58 Ladesäulen, jetzt sind es immerhin 1200. Bis zum Jahr 2030 soll die Zahl auf 25.000 ansteigen.

Spaniens E-Probleme liegen auf dem LandVon Celine Schäfer, ARD-Studio Madrid

Spanien hat schon voriges Jahr in einem Klimaschutzgesetz beschlossen, dass ab 2040 keine Autos mehr mit Verbrennungsmotor verkauft werden dürfen. Trotzdem hat die Mehrheit der spanischen EU-Abgeordneten jetzt für das noch strengere Vorhaben gestimmt.

Auch Verbände von Autoherstellern und Verkäufern sind grundsätzlich einverstanden, machen aber auch deutlich: Es muss sich noch einiges tun in puncto Elektromobilität. Es fehlt an Ladesäulen und es sind weniger E-Autos auf den Straßen, als die Regierung angepeilt hat.

Vor allem die ländlichen Gebiete hängen hinterher. Eine Studie zeigt: sieben von zehn Ladesäulen befinden sich in der Stadt. Doch die Regierung hat im Klimaschutzgesetz schon vorgelegt: Bis 2030 sollen bis zu fünf Millionen Elektrofahrzeuge auf spanischen Straßen fahren. Wie die Politik den Ausstieg bis 2035 schaffen will, darüber muss jetzt beraten werden.

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