Schwäbische Zeitung hier von Theresa Gnann
„Klimabremser Thomas Bareiß abwählen“, schreiben die Polit-Aktivisten des Vereins Campact auf ihrer Internetseite.
Sätze wie dieser, im Wahlkreis Sigmaringen hundertfach per E-Mail verschickt, sollen die dortigen Wähler dazu bringen, ihre Erststimme bei der Bundestagswahl nicht dem CDU-Kandidaten Bareiß, sondern dem Grünen Johannes Kretschmann, Sohn des amtierenden Südwest-Ministerpräsidenten, zu geben.
Der Ton ist aggressiv. Campact bezeichnet Bareiß etwa als „einen der eifrigsten Klimaschutz- und Energiewende-Blockierer“ und wirft ihm unsaubere Verwicklungen in die Wirtschaft und nach Aserbaidschan vor.
Diese Art der Kampagne ist neu. Bislang war es in Deutschland eher unüblich, dass Lobbyisten so massiv gegen einzelne Kandidaten Stimmung machen. Überraschend ist die Entwicklung aber nicht, sagt Politikwissenschaftler Patrick Bernhagen von der Universität Stuttgart.„Bei Interessengruppen gehört in Wahlkampfzeiten dazu, dass sie sich die Parteien und deren Programme anschauen und dann Wahlempfehlungen aussprechen“, sagt Bernhagen. Jahrzehntelang sei das in Deutschland jedoch eher zurückhaltend und indirekt abgelaufen. „Im Fokus der Empfehlungen von Lobbygruppen stand die Partei, nicht einzelne Personen. Hier verändert sich also gerade etwas.“....
Diese Kritik will Campact wiederum nicht auf sich sitzen lassen. Man mache lediglich vom Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch, heißt es von den Aktivisten. „Wahlempfehlungen von zivilgesellschaftlichen Organisationen sind in Deutschland zwar eher ungewöhnlich, in anderen westlichen Demokratien aber völlig normal“, sagt eine Sprecherin.
„Wahlempfehlungen für oder gegen einen Kandidaten oder eine Partei sind eine legitime öffentliche Meinungsäußerung. Nicht mehr und nicht weniger.“ Außerdem richte sich die Kritik nur gegen Bareiß’ Politik der vergangenen 16 Jahre – nicht gegen den Menschen Thomas Bareiß.
Politikwissenschaftler Bernhagen hat Verständnis dafür, dass Bareiß von der Kampagne überrascht wurde. „Ich kann nachvollziehen, dass ein solches Vorgehen auch einen Berufspolitiker oder eine Berufspolitikerin erst mal erschreckt“, sagt er. „Aber Berufspolitiker sind Vollprofis, und Herr Bareiß ist mit allen Wassern gewaschen. Ich glaube nicht, dass ihn die Kritik wirklich trifft.“
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