Riffreporter hier
Vier Argumentationsmuster verzögern wirksame Klimaschutz-Maßnahmen. Psychologinnen erklären, wie sie funktionieren und was man gegen sie tun kann.
Der aktuelle Sachstandsbericht des Weltklimarats IPCC stellt so eindringlich wie noch nie dar, dass klimaschädliche Treibhausgasemissionen so schnell wie möglich auf Null gebracht werden müssen. Die Wissenschaft ist sich in der Dringlichkeit einig, doch Politik und Wirtschaft schrecken vor einschneidenden Maßnahmen zurück.
Der aktuelle Sachstandsbericht des Weltklimarats IPCC stellt so eindringlich wie noch nie dar, dass klimaschädliche Treibhausgasemissionen so schnell wie möglich auf Null gebracht werden müssen. Die Wissenschaft ist sich in der Dringlichkeit einig, doch Politik und Wirtschaft schrecken vor einschneidenden Maßnahmen zurück.
Seit Jahrzehnten werden mit den immer gleichen vier Argumentationsmustern wirksame Maßnahmen verzögert oder gar verhindert. Eine internationale Forschungsgruppe hat diese zentralen Argumentationsformen identifiziert:
Nicht ich, nicht jetzt, nicht so, zu spät?
Die Psychologinnen Anita Habel und Dagmar Petermann von „Psychologists for Future“ erklären im Gespräch mit „Klima wandeln“, warum diese Argumente so gut funktionieren und wie sie sich entkräften lassen.
Christiane Schulzki-Haddouti: Wie funktioniert die Verzögerungsargumentation „Nicht ich“?
Anita Habel: Es wird Verantwortung abgeschoben, beispielsweise indem man sagt, Verbraucher:innen sollen andere Konsumentscheidungen treffen und es liege in der Eigenverantwortung, sich klima- und umweltfreundlicher zu verhalten. Das lenkt den Fokus weg von den strukturellen Veränderungen, die so dringend notwendig sind.
Und das Argument „Nicht jetzt“?
Anita Habel: Auch hier werden nicht-transformative Lösungen forciert. Die Aufmerksamkeit wird auf Maßnahmen gerichtet, die unzulänglich sind. Gleichzeitig wird der Eindruck erzeugt, dass sie ausreichend seien und dass deshalb größere Veränderungen nicht notwendig seien. Ganz zentral ist hier der Fokus auf technische Lösungen: Wir müssten nur die richtigen Technologien entwickeln und effizienter werden – und dann sei alles super. Dem ist nicht so. Diese Verzögerungsargumentation ist bei vielen Politiker:innen zu beobachten.
Aber die Klimaziele werden doch immer höhergesteckt?
Anita Habel: Ständiges Reden über Ziele anstelle von tatsächlichen Maßnahmen kann wirksames Handeln ebenfalls verzögern. Das zeigte ja auch kürzlich das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, das die unzureichenden Maßnahmen hinter den großen Ziel-Formulierungen aufzeigte. Verzögernd wirken übrigens auch Debatten um Anreize und Freiwilligkeit, statt um Standards und Limits.
Und was steht hinter dem Argument, man solle es „Nicht so“ machen?
Anita Habel: Damit werden die Nachteile wirksamer Maßnahmen betont. Angeblich seien nur perfekte Lösungen, denen alle Beteiligten zustimmen könnten, umsetzbar. Oder die Kosten und der Aufwand zur Umsetzung von Maßnahmen seien zu groß. Dabei wird ausgeklammert, welche Kosten und welcher Aufwand auf uns zukommen, wenn sich die ökologischen Krisen weiter verschärfen.
Oft wird ja auch die soziale Gerechtigkeit von Klimamaßnahmen thematisiert.
Anita Habel: Es ist wichtig, soziale Gerechtigkeit bei allen Maßnahmen zu berücksichtigen. Doch wenn etwa die CDU, die sonst kaum soziale Ungleichheiten thematisiert, in der Debatte um die CO2-Bepreisung sich Sorgen macht, dass die Bepreisung ärmere Haushalte zu stark belasten könne, dann zeigt sich hier die Verzögerungsdynamik deutlich. Zumal die CDU auch das Modell zur Ausgleichszahlung, das ärmere Haushalte entlasten könnte, ablehnt.
Schließlich wird gesagt, es sei jetzt „Zu spät“. Warum ist dieses Argument so oft zu sehen?
Anita Habel: Es ist eine Kapitulation zu sagen, es sei nicht oder nicht mehr möglich, Maßnahmen gegen die ökologischen Krisen zu ergreifen und wir müssten uns damit abfinden. Oder wir müssten uns nur noch auf die Anpassung an die Veränderungen durch die Klimakrise konzentrieren. Dieses Argument wird möglicherweise noch häufiger zu hören sein, wenn erste Kipppunkte im globalen Klima- und Ökosystem eintreten, wie es sich beispielsweise aktuell bereits im Amazonas-Gebiet und beim Golfstrom abzeichnet.
Die Psychologinnen Anita Habel und Dagmar Petermann von „Psychologists for Future“ erklären im Gespräch mit „Klima wandeln“, warum diese Argumente so gut funktionieren und wie sie sich entkräften lassen.
Christiane Schulzki-Haddouti: Wie funktioniert die Verzögerungsargumentation „Nicht ich“?
Anita Habel: Es wird Verantwortung abgeschoben, beispielsweise indem man sagt, Verbraucher:innen sollen andere Konsumentscheidungen treffen und es liege in der Eigenverantwortung, sich klima- und umweltfreundlicher zu verhalten. Das lenkt den Fokus weg von den strukturellen Veränderungen, die so dringend notwendig sind.
Und das Argument „Nicht jetzt“?
Anita Habel: Auch hier werden nicht-transformative Lösungen forciert. Die Aufmerksamkeit wird auf Maßnahmen gerichtet, die unzulänglich sind. Gleichzeitig wird der Eindruck erzeugt, dass sie ausreichend seien und dass deshalb größere Veränderungen nicht notwendig seien. Ganz zentral ist hier der Fokus auf technische Lösungen: Wir müssten nur die richtigen Technologien entwickeln und effizienter werden – und dann sei alles super. Dem ist nicht so. Diese Verzögerungsargumentation ist bei vielen Politiker:innen zu beobachten.
Aber die Klimaziele werden doch immer höhergesteckt?
Anita Habel: Ständiges Reden über Ziele anstelle von tatsächlichen Maßnahmen kann wirksames Handeln ebenfalls verzögern. Das zeigte ja auch kürzlich das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes, das die unzureichenden Maßnahmen hinter den großen Ziel-Formulierungen aufzeigte. Verzögernd wirken übrigens auch Debatten um Anreize und Freiwilligkeit, statt um Standards und Limits.
Und was steht hinter dem Argument, man solle es „Nicht so“ machen?
Anita Habel: Damit werden die Nachteile wirksamer Maßnahmen betont. Angeblich seien nur perfekte Lösungen, denen alle Beteiligten zustimmen könnten, umsetzbar. Oder die Kosten und der Aufwand zur Umsetzung von Maßnahmen seien zu groß. Dabei wird ausgeklammert, welche Kosten und welcher Aufwand auf uns zukommen, wenn sich die ökologischen Krisen weiter verschärfen.
Oft wird ja auch die soziale Gerechtigkeit von Klimamaßnahmen thematisiert.
Anita Habel: Es ist wichtig, soziale Gerechtigkeit bei allen Maßnahmen zu berücksichtigen. Doch wenn etwa die CDU, die sonst kaum soziale Ungleichheiten thematisiert, in der Debatte um die CO2-Bepreisung sich Sorgen macht, dass die Bepreisung ärmere Haushalte zu stark belasten könne, dann zeigt sich hier die Verzögerungsdynamik deutlich. Zumal die CDU auch das Modell zur Ausgleichszahlung, das ärmere Haushalte entlasten könnte, ablehnt.
Schließlich wird gesagt, es sei jetzt „Zu spät“. Warum ist dieses Argument so oft zu sehen?
Anita Habel: Es ist eine Kapitulation zu sagen, es sei nicht oder nicht mehr möglich, Maßnahmen gegen die ökologischen Krisen zu ergreifen und wir müssten uns damit abfinden. Oder wir müssten uns nur noch auf die Anpassung an die Veränderungen durch die Klimakrise konzentrieren. Dieses Argument wird möglicherweise noch häufiger zu hören sein, wenn erste Kipppunkte im globalen Klima- und Ökosystem eintreten, wie es sich beispielsweise aktuell bereits im Amazonas-Gebiet und beim Golfstrom abzeichnet.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen