Montag, 30. August 2021

"Nichtstun ist die teuerste Lösung"

Öko-Test hier  Auszüge aus dem Artikel

Chef der Verbraucherzentralen zur Klimawende

Wenn wir den Klimaschutz mit Akzeptanz ausstatten wollen, muss ich akzeptieren, dass in unserem Land nicht alle 83 Millionen Menschen die gleiche Meinung, die gleichen Bedürfnisse und die gleichen Möglichkeiten haben. Dann muss ich dafür sorgen, dass ich auch diejenigen gewinne, die heute skeptisch oder wenig leistungsstark sind. Daraus folgt: Wir brauchen eine direkte Rückerstattung der Einnahmen aus der CO2-Bepreisung, eine soziale Abfederung und eine technische Infrastruktur, die es den Menschen erlaubt, sich klimaschonend zu bewegen, zu heizen, zu wohnen.

Und schließlich müssen wir aufpassen, dass Klimaschutz keine schiefe Gerechtigkeitsdebatte auslöst. So gut CO2-Preise sind: Mit einem dicken Geldbeutel kann ich mich auch weiterhin ökologisch miserabel verhalten. Um das zu verhindern, braucht es Regeln, die für alle von uns gelten. Ein Beispiel sind Standards für den maximalen Energiebedarf von Häusern oder die Höchstgeschwindigkeit auf Straßen.

Eine kluge Klimaschutzpolitik ist also ein Mix aus einer öffentlichen Infrastruktur, aus einer CO2-Bepreisung und aus bestimmten Regeln, die für alle von uns gelten.

Was fordern Sie von der Politik?

Wichtig ist, den Menschen reinen Wein einzuschenken. Ich kann die Politik nur ermuntern, auch mit denjenigen zu sprechen, die Klimaschutz leugnen oder ablehnen. Das ist vielleicht die lauteste aber nicht die größte Gruppe. Aber jeder Politiker, der denkt, der Klimawandel würde sich von allein erledigen, täuscht die Menschen.

Das wird sich die nächste Bundesregierung schlicht nicht leisten können. Der ehrliche Diskurs ist das, was notwendig ist. Und das muss man auch hart und ehrlich mit den Menschen auf der Straße diskutieren. Meine schwierigste Gruppe sind nicht die Protestler, sondern die, die mit einem knappen Geldbeutel auskommen müssen. Sie müssen die Chance haben, an unserem gesellschaftlichen Leben weiter teilhaben zu können. Wenn fünf Euro CO2-Preis mehr im Monat eine Einschränkung der Lebensqualität bedeutet, muss ich das als politscher Entscheider berücksichtigen.


Angenommen, Sie wären an den Verhandlungen der nächsten Bundesregierung beteiligt. Welche drei Dinge würden Sie den Akteuren in den Koalitionsvertrag schreiben?

Erstens eine hundertprozentige pro-Kopf-Rückerstattung eines ambitionierten CO2-Preises als sozial gerechtes Instrument des Klimaschutzes.

Zweitens einen massiven Ausbau des bedarfsorientierten, öffentlichen Personennahverkehrs als Bundesaufgabe. Ein Baustein sind hier digital vernetzte Sammeltaxis.

Drittens ein engagiertes Programm zur energetischen Gebäudesanierung und eine hälftige Aufteilung der CO2-Kosten zwischen Vermietern und Mietern.

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