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Beim Thema Klima berichteten Medien bislang antivisionär, klickzahlgetrieben und zu neuigkeitsfixiert, kritisiert der Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen. Journalisten müssten „langfristiger denken“, globale Lösungsmöglichkeiten präsentieren und Nachhaltigkeit als Nachrichtenfaktor begreifen, sagte er im Dlf.
Am Beispiel der Klimaberichterstattung zeigen sich aus Sicht von Bernhard Pörksen die generellen Probleme des politischen Journalismus: „das Ausgebranntsein, das Antivisionäre, das Klickzahlgetriebene, das Stichflammenartige“.
Pörksen ist Professor für Medienwissenschaft an der Universität Tübingen und zurzeit Fellow des Thomas Mann House in Los Angeles und dort Zeuge der verheerenden Brände vor Ort. Die Art der Berichterstattung über den Klimawandel steht seiner Meinung nach im Widerspruch zu dessen Krisen- und Katastrophen-Typus. „Der verlangt nämlich das langfristige Denken, das Denken in der langen Linie, die grundsätzliche Auseinandersetzung, die programmatische Polarisierung entlang von Sachfragen und nicht entlang von Fragen der persönlichen Integrität des Charakters, wie wir es im Moment aktuell im Wahlkampf in Deutschland erleben.“
Die derzeitige Berichterstattung bezeichnet Pörksen als „Charaktertest-Journalismus“. Dieser führe „vom Programm zur Person, von der Ideologie zu Integrität und von der grundsätzlichen Weltanschauungsfrage und der Debatte über unterschiedliche Konzepte hin zur privaten Moral“. Stattdessen brauche es einen "planetarischen Journalismus“, der aus der Adlerperspektive Entwicklungen sortiere – „weg von einer rein zeitlich bestimmten Aktualität, weg vom Neuigkeits-Fetisch, hin zu einer Betrachtung der existenziellen Relevanz von einzelnen Themen“.
Der Journalismus müsse globale Lösungsmöglichkeiten präsentieren und effektive Formen des Krisenmanagements gegenüber einer kurzatmig gewordenen Politik einklagen, denn „in der Art, wie die Krise beschrieben wird, liegt die mögliche Lösung – oder auch nicht“. Hier sei Journalismus in seiner Bedeutung überhaupt nicht zu überschätzen.
Pörksen plädiert zudem dafür, „Nachhaltigkeit als Nachrichtenfaktor“ zu begreifen – Journalisten dürften sich dabei aber nicht mit Aktivisten gemein machen: „Hier gilt es sehr präzise und genau zu argumentieren, denn niemand, der sich um die Qualität von Journalismus bemüht und darüber Gedanken macht, kann keinen Journalismus wollen, der aktivistisch oder in falschem Sinne alarmistisch ist. Das würde genau das Problem verstärken.“
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