So gesehen war das Urteil zum Klima- und Transformationsfond vielleicht gar nicht so schlecht - es könnte auf jeden Fall wegführen vom gleichmäßigen Geldregen von oben - hin zu mehr substanziellen Entscheidungen für das was not tut. Nun ja man wird sehen...
Die Zeit hier Ein Kommentar von Ruth Fend, 30. November 2023,
Nun verlangt ein Gericht auch noch, dass die Regierung ihr Klimaschutzgesetz einhält. Die Verkehrspolitik von Minister Volker Wissing steht damit endgültig vor dem Aus.
Klimaschutzgesetz: Nicht nur bei der Schuldenbremse, sondern auch beim Klimaschutzgesetz hat die Ampelkoalition versucht, zu tricksen. Und wieder ist sie dabei aufgeflogen.
Ups, sie haben es wieder gemacht. So lässt sich das Urteil interpretieren, das das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg der Bundesregierung an diesem Donnerstag ausgestellt hat. So wie die Ampelkoalition meinte, die Schuldenbremse durch Schattenhaushalte umgehen zu können, so hat sie auch beim Klimaschutzgesetz getrickst – und auch das geht aus Sicht der Richter nicht auf. Sie haben den klagenden Umweltverbänden recht gegeben.
Der Trick ging diesmal so: Zwei Sektoren – Verkehr und Gebäude – haben ihre CO₂-Emissionen zwei Jahre in Folge nicht ausreichend gesenkt. Laut Gesetz hätten die beiden Ministerien mit Sofortprogrammen nachsteuern müssen. Stattdessen aber hat die Ampelkoalition im April beschlossen, stattdessen das Klimaschutzgesetz zu ändern und die einzelnen Sektorziele aufzuheben. Künftig soll die Regierung als Ganze dafür verantwortlich sein, dass die Klimaziele erreicht werden. Und falls sie dabei scheitert, räumt sie sich deutlich großzügigere Zeiträume ein, um nachzubessern. Noch ist das neue Gesetz allerdings nicht verabschiedet. Und so, sagt das Oberlandesgericht, gelten die Verpflichtungen aus dem alten weiterhin. Sofortprogramme müssen her.
Die Methode Wissing hat ausgedient
Die gute Nachricht für die Regierung ist: Wenn man selbst auferlegte Parteizwänge einmal außer Acht lässt, ist dieses Urteil für die Ampelkoalition weit weniger dramatisch als das 60-Milliarden-Loch, das das Bundesverfassungsgerichtsurteil im Haushalt gerissen hat. Denn zumindest Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) ist sofort handlungsfähig. Die bisherige Methode Wissing bestand vorrangig darin, Geld auf das Klimaproblem zu werfen – Förderprogramme für E-Autos oder die Entwicklung von E-Fuels. Sie hat sich nicht nur als unzureichend erwiesen, mit dem Karlsruher Urteil zum Klimafonds ist sie ohnehin erst mal am Ende. Dafür gibt es gerade im Verkehr reichlich Instrumente, die CO₂ reduzieren und entweder kaum Geld kosten – ein Tempolimit auf Autobahnen oder mehr Tempo 30 in Innenstädten – oder sogar welches sparen.
Allein im Verkehrssektor könnte Deutschland nach Ansicht der Wirtschaftsweisen Monika Schnitzer und des Umweltbundesamtes 30 Milliarden Euro im Jahr sparen. Einfach, indem man klimaschädliche Subventionen streicht. Das Dienstwagenprivileg, das sich zum Polemisieren so gut eignet, fällt damit noch nicht einmal am stärksten ins Gewicht: Mit 3,1 Milliarden Euro kostet es den Staat zwar immer noch viel zu viel, aber deutlich weniger als die Steuervergünstigung von Dieselkraftstoff (8 Milliarden) oder die Pendlerpauschale (6 Milliarden). Letztere subventioniert das Wohnen weit weg vom Arbeitsplatz, was zu mehr Verkehr und Flächenversiegelung führt, da man auf dem Land auf mehr Quadratmetern wohnt. Sie begünstigt zudem noch Besserverdienende. Deutschland könnte auch anfangen, auf internationale Flüge Mehrwertsteuer zu erheben und auf diese Art etwa 4 Milliarden Euro im Jahr einnehmen. So lukrativ kann Klimaschutz sein.
Nur entsprechen die Spielräume auf Sachebene nicht der mentalen Flexibilität der Liberalen, wie wir sie kennen. Die freie Fahrt für freie Bürger war für die FDP bislang so heilig wie die Schuldenbremse oder das No-Go von Steuererhöhungen. Und anstatt sich den im Koalitionsvertrag sogar schon vereinbarten Abbau von klimaschädlichen Subventionen als liberales Projekt zu eigen zu machen, etikettierte Finanzminister Christian Lindner den Abbau von Vergünstigungen dort, wo es ihm und seiner Klientel passte, einfach zu Steuererhöhungen um. Damit engte er den eigenen Handlungsspielraum ein, man darf sagen, ohne Not.
Der Klimafonds mag tot sein, aber die Klimavorgaben sind es nicht
Im Gebäudesektor gibt es weniger schnelle und leichte Lösungen als im Verkehr. Um die Klimaziele hier zu erreichen, müsste man eigentlich strengere Energiestandards setzen – auf die man erst im Herbst verzichtet hat – und diejenigen finanziell unterstützen, die sich das Dämmen nicht leisten können. Dem steht die Schuldenbremse derzeit im Weg.
Das Urteil des Oberlandesgerichts erzeugt längst noch nicht so viel Handlungsdruck wie das aus Karlsruhe zum Klima- und Transformationsfonds. Die Bundesregierung kann noch in Revision gehen, und sollte sie bis dahin ihre Gesetzesnovelle doch noch verabschieden, kommt sie um Sofortprogramme womöglich herum. Allerdings müssen dabei auch Grüne und SPD mitmachen, und die dürften sich ihre Zustimmung zumindest etwas kosten lassen. Das Urteil ist für die Regierung ein wichtiges Signal, dass man mit dem Klima- und Transformationsfonds nicht auch sämtliche Vorgaben zum Klimaschutz beerdigen kann.
Für die FDP wird es also enger. Irgendwann ist der Punkt erreicht, an dem man sich eben nicht mehr jeden Fetisch leisten kann. Wenn sie weiterregieren will, wird sie das eine oder andere Schlachtfeld räumen müssen. Zwei Gerichtsurteile legen nun nahe, welche das sein dürften: teure Privilegien für bestimmte Verkehrsteilnehmer und das Tempolimit.
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