Samstag, 14. Januar 2023

700 Wissenschaftler fordern Stopp der Lützerath-Räumung

WDR hier  13.01.2023  Von Oliver Köhler

Wissenschaftler verschiedener Fachgebiete fordern die NRW-Landesregierung in einem gemeinsamen Appell auf, erneut zu prüfen, ob die Braunkohle unter Lützerath tatsächlich gebraucht wird.

"Nach den Informationen, die uns heute vorliegen, ist der Abbau der Braunkohle in diesem Bereich nicht notwendig, um die Versorgungssicherheit mit Energie in Deutschland sicherzustellen", sagte Dr. Niklas Höhne, Professor am Kölner New Climate Institut am Freitagnachmittag auf einer Pressekonferenz.

Die Räumung von Lützerath müsse "jetzt ausgesetzt werden, damit wir Zeit gewinnen, gemeinsam eine bessere Lösung zu finden", sagte Höhne.

Pauline Brünger, die Bundes-Sprecherin von Fridays for Future, unterstützt diese Forderung: "Es geht um Millionen Tonnen von Braunkohle. Unter Lützerath und den angrenzenden Gebieten liegen die dicksten Braunkohleschichten. Wenn wir noch eine Chance haben wollen, das Klimaziel von 1,5 Grad zu erreichen, dürfen wir diese Kohle nicht verbrennen."

Der befürchtete Energienotstand sei in Deutschland nicht eingetreten, so Brünger. Jetzt müssten die Fakten neu bewertet werden. Deshalb seien ein Stopp der Räumung von Lützerath und neue Verhandlungen über die Braunkohle der richtige Weg.

Deutschland muss "in den Notfallmodus schalten"

"Wir schaffen die Energiewende nur gemeinsam", sagt Dr. Niklas Höhne. Deshalb sei es jetzt auch im Fall Lützerath wichtig, nicht gegeneinander zu arbeiten. "Die Zeit läuft uns sonst davon."

So wie der Professor vom New Climate Institut sind auch die anderen etwa 700 Unterzeichner des Appells tief besorgt über das Tempo des Klimawandels und die zögerlichen Reaktionen von Landesregierungen und Bundesregierung in Deutschland. "Wir müssen in den Notfallmodus schalten", fordert Höhne, "und das schnell." Notfallmodus bedeute, bei allen politischen Entscheidungen dem Klimaschutz den Vorrang zu geben.

Lützerath sei mehr als ein Symbol, sagt Fridays-for-Future-Sprecherin Brünger. "Wenn die Kohle in dem Tagebau komplett abgebaut und verbrannt wird, sind die international vereinbarten Ziele zum Schutz des Klimas nicht mehr zu erreichen."

Die Folge werde sein, dass Klimakrisen weltweit zunehmen und noch mehr Menschen in Gefahr bringen.


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An: Landsregierung von Nordrhein-Westfalen, Bundesregierung

Moratorium für Lützerath!

Liebe Landesregierung von Nordrhein-Westfalen,
Liebe Bundesregierung,

bitte machen Sie sich nicht mitschuldig an einer ökologischen und menschlichen Katastrophe, die in den nächsten Tagen in Lützerath stattfinden wird!

Bitte beschließen Sie endlich ein Moratorium! Es ist wissenschaftlich bewiesen, dass trotz der derzeitigen Krise Lützerath nicht abgebaggert werden muss, um die Energiesicherheit Deutschlands zu gewährleisten. Eine Studie des DIW und auch andere Studien zeigen eindeutig, dass Lützerath nicht zerstört und abgebaggert werden muss. „Es gibt ausreichend Kohle in den existierenden Flächen", so Wirtschaftswissenschaftlerin Claudia Kemfert.
Zudem besteht die Gefahr und der begründete Verdacht, dass RWE die bis 2038 vorgesehene Menge Kohle bis 2030 verfeuert.

Sie brechen einen Vertrag.
Die Verbrennung dieser Kohle wird dazu beitragen, dass wir die 1,5-Grad-Grenze nicht mehr halten können, zu der wir uns mit dem Pariser Klimaabkommen verpflichtet haben. Wie können Sie das verantworten?
• Warum werden die Konzerninteressen von RWE über die Einhaltung des Klimaabkommens gestellt?
• Warum werden wissenschaftliche Erkenntnisse ignoriert?
• Warum riskieren Sie eine lebenswerte Zukunft dieser und vor allem der nächsten Generationen, von denen ein Teil gerade mit letzter Kraft in Lützerath genau dafür kämpft?

So viele Menschen sind erschöpft und trotzdem werden ihre Stimmen nicht leiser: Sie fordern, dass wir endlich einlenken müssen, um die schlimmsten Folgen des Klimawandels noch zu verhindern. Die UN-Friedensbotschafterin Jane Goodall hat es einmal so formuliert: Wenn die Jugend ihre Hoffnung verliert, dann sind wir verloren.

Die Energieökonomin Prof. Claudia Kemfert empfiehlt den Entscheidungsträgern ein sofortiges Kohle-Moratorium: „Neue Verhandlungen müssen ermöglicht werden, es brauche einen Austausch mit Betroffenen, Demonstrierenden, Unternehmen, Wirtschaft und Zivilgesellschaft.“ In diesem Sinne:

Sie sollten sorgfältig darüber nachdenken, wie ein massiver Polizeieinsatz für Kohle und gegen Klimaschützer in fünf oder 20 Jahren rückblickend beurteilt wird. Sie werden von Ihren Kindern und Enkelkindern, vielleicht sogar von der Justiz für die Klimaschäden verantwortlich gemacht.

Noch können Sie es ändern, indem Sie Verantwortung übernehmen und ein sofortiges Moratorium einleiten!

Die Forderung ist eine Initiative der Münchner NGO Protect the Planet - Gesellschaft für ökologischen Aufbruch.

Warum ist das wichtig?

Die Polizei NRW räumt gerade gegen großen Protest vieler besorgter Menschen den kleinen Ort Lützerath, um die Braunkohle darunter abzubauen. Mehrere Gutachten zeigen, dass der Abbau der Braunkohle unter Lützerath nicht für die Versorgungssicherheit in Deutschland notwendig ist. Mit dem Abbau der Kohle sind die deutschen Klimaziele auf 1,5° hin nicht zu schaffen - künftige Generationen zahlen hierfür einen hohen Preis, wie auch das Bundesverfassungsgericht festgestellt hat. Das darf nicht sein, daher braucht es einen Stop der Räumung und der Abbruchgenehmigung - ein Moratorium.
Diverse Menschen aus Wirtschaft, Wissenschaft, Umweltverbänden, Religionsgruppen, Kunst und Kultur unterstützen das Moratorium als Erstunterzeichnende.

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