Mittwoch, 13. Oktober 2021

Kommentar "Umsteigen tut weh"

Schwäbische Zeitung von Ulrich Mendelin mailto:u.mendelin@schwaebische.de

Etwa 30 Prozent der CO2-Emissionen in Deutschland stammen aus dem Verkehrsbereich. Mobilität trägt erheblich zum Klimawandel bei. Dass es eine Verkehrswende braucht, darüber lässt sich schnell ein Konsens herstellen - jedenfalls so lange es bei diesem wolkigen Begriff bleibt.

Wenn es dann aber konkret wird mit dem Umstieg, tut es weh. Das eigene Mobilitätsverhalten zu ändern, bedeutet einen viel tieferen Einschnitt in den Alltag als zum Beispiel die Entscheidung, die Wärmedämmung des Eigenheims auf den aktuellen Stand zu bringen. Das hängt auch damit zusammen, dass der Besitz eines Privatautos für viele Menschen eng mit dem Gefühl von Freiheit verbunden ist. Und die Flexibilität des Autos ist ja tatsächlich unschlagbar. Daran kann auch ein noch so gut ausgebauter öffentlicher Nahverkehr nichts ändern.

Mehr und mehr greifen Städte und Gemeinden darum in den Instrumentenkasten der Verbote und Beschränkungen: Das Parken wird allerorten teurer, bislang zugängliche Straßen sind nicht mehr befahrbar. Geschwindigkeitsbeschränkungen werden verhängt, wo es möglich ist - nach Ansicht etwa der Grünen sollten die Kommunen hier noch einen größeren Spielraum bekommen.

Dabei muss es nicht immer das Totalverbot für Autos sein. Experimente mit „Begegnungszonen“, in denen alle Verkehrsteilnehmer gleichberechtigt sind, können eine Alternative sein. Zeitweise Beschränkungen eine andere. Letztlich gibt es kein Patentrezept, in jeder Kommune müssen die Bürger den für sie passenden Weg selbst aushandeln. Klar ist aber: Die Zeit, in der das Privatauto Dreh- und Angelpunkt aller verkehrsplanerischen Überlegungen war, ist vorbei und wird wohl kaum wiederkommen. Auch dann nicht, wenn alle Autos in der Zukunft CO2-neutral fahren werden. 

Denn es geht nicht nur ums Klima. Sondern auch darum, dass der Platz in den Innenstädten begrenzt ist. Kaum zu glauben, dass der wirklich nicht besser genutzt werden kann als für Autos, die einen großen Teil der Zeit einfach nur herumstehen.


Herr Mendelin, vielen Dank für diesen Kommentar in der Schwäbischen Zeitung

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen