Das
Umweltbundesamt rechnet vor, dass ein
allgemeines Tempolimit auf deutschen Autobahnen von 130 km/h pro
Jahr etwa 1,9 Millionen Tonnen CO₂ vermeiden würde. Bei 120
wären es sogar schon 2,6 Millionen.
Zur Einordnung: Das ist mehr als Länder wie
Sierra Leone, der Tschad oder Ruanda in einem ganzen Jahr ausstoßen – und das nur
für das Rasen auf der Autobahn. Grund genug, diesem Irrsinn ein
Ende zu setzen? Klar, die Frage ist nur, zu welchem Preis. Denn
verglichen mit den Gesamtemissionen der Bundesrepublik von derzeit
mehr als 700 Millionen Tonnen pro
Jahr ist das wenig.
Wenn die Grünen
klug sind, beerdigen sie die Forderung schnell
In den jetzt
anstehenden Sondierungen zwischen SPD, Grünen und FDP geht es um
nichts Geringeres als die Frage, ob Deutschland das Pariser
Abkommen wird einhalten können oder nicht. Es ist die nächste
Bundesregierung, die dafür die Weichen stellen muss. Und
natürlich – so will es die Logik von Koalitionen – wird es zwischen
den Partnern Kompromisse geben müssen. Solardachpflicht oder
schnellerer Kohleausstieg? Milliardeninvestitionen in die
Gebäudesanierung oder ein politisches Aus für den Verbrenner? Nicht
jeder wird alles durchsetzen können.
Es führt in
die Irre, wenn Linken-Parteichefin Susanne Henning-Wellsow nun sagt: »Wenn die Grünen nicht einmal das
Tempolimit hinbekommen, was soll dann erst aus ihren ambitionierten
Plänen etwa für einen früheren Kohleausstieg werden?«
Das
Gegenteil ist richtig. Wenn die Grünen klug sind, beerdigen sie die
Forderung schnell und lassen sich das von den Liberalen an anderer
Stelle bezahlen. Zudem ist die Geschwindigkeitsbegrenzung gerade
unter Anhängern der FDP offenkundig so emotional besetzt, dass es
die gerade keimende Kompromissfindung zwischen beiden Lagern
gefährden könnte. Das wäre eine ausgesprochen schlechte Nachricht,
denn ein Blick in die Programme beider Parteien zeigt, dass FDP und
Grüne den Klimaschutz in Deutschland entscheidend voranbringen
könnten (eine detaillierte Analyse dazu hören Sie im
Klimabericht-Podcast) – wenn sie sich einigen:
· Beide Parteien sehen in einem
höheren CO2-Preis ein wichtiges Steuerungsinstrument für
den Klimaschutz und liegen bei den grundsätzlichen Ideen dazu nah
beieinander. Die Grünen wollen die Einnahmen aus dem Preis über ein
»Energiegeld« pauschal an die Bürgerinnen und Bürger zurückgeben,
sodass diejenigen unter dem Strich Geld sparen, die sich besonders
klimaschonend verhalten. Die »Klimadividende« der FDP geht in eine
ganz ähnliche Richtung
· Dass die erneuerbaren Energien
schneller ausgebaut werden müssen, dürfte ebenfalls kein
Streitpunkt zwischen den Partnern in spe werden.
Genehmigungsverfahren dafür wollen beide verschlanken.
· Derzeit subventioniert die
Bundesregierung klimaschädliche fossile Energieträger mit mehr als
40 Milliarden Euro jährlich. Allein die Streichung von zehn Posten
aus der langen Liste dieser Subventionen könnte nach Daten des Forums
Ökologisch-Soziale Marktwirtschaft 100 Millionen Tonnen CO₂ einsparen.
Beide Parteien könnten hier
schnell zusammenfinden: Leitet man das Geld in Klimaschutzmaßnahmen
um, wird weder der Staatshaushalt noch der Steuerzahler zusätzlich
belastet, was besonders der FDP wichtig ist.
Würden drei
unterschiedliche Partner in einer Ampel beim Klimaschutz
zusammenfinden, könnte dabei etwas Spannendes und Neues
herauskommen. Das durch eher folkloristische Forderungen nach einem
Tempolimit auszubremsen, wäre falsch. Zumal sich das Rasereiproblem
je nach Tempo bei der Verkehrswende schon bald von ganz allein
erledigt: Alle E-Autofahrer und -Fahrerinnen wissen – wer schneller
fährt, kommt später an. Oder gar nicht.
|
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen