Mittwoch, 1. März 2023

"Längst Notstand bei Trinkwasser"

Frankfurter Rundschau  28.02.2023, hier

Wenig ermutigender Vortrag bei der Klimaliste

links im Standard erklärt hier

Oberursel - Es waren keine guten Nachrichten, die der Vortrag bei der „Klimaliste“ am Montagabend gut zwei Dutzend Zuhörer in die Stadthalle gelockt hat. Es gab wenig Erbauliches zum Thema Wasser: Nur 50 Prozent des täglichen Bedarfs müssen aus Trinkwasser gedeckt werden. Dramatisch sinkende Grundwasserpegel, verlangsamte Neubildung, nach dem Fichten- nun auch ein Buchensterben. Dazu die schwindenden Trinkwasserreserven, katastrophale, allen Humus mitreißende statt versickernde Starkregen, Setzrisse an vielen Häusern etwa im Vogelsberg durch den Entzug von Grundwasser - die Liste ließe sich fortsetzen.

Es war ein bitterer Humor, der den Ökologen und Hydrologen Otto Wack erklären ließ, dass er gekommen sei, „um Ihnen den Abend zu vermiesen ...“

War noch vor ein paar Jahren angesichts des schon damals rasanten Klimawandels gerne davon die Rede, dass es „fünf vor zwölf“ ist, so machte Wack deutlich, dass es heute auch beim Klimawandel eine „Zeitenwende“ gibt, es ist nämlich schon zehn Minuten später ... Wack, im wahrsten Sinne „Mahner in der Wüste“, machte es noch deutlicher: Perlatoren für Duschköpfe, Spartasten für die Toiletten und Spülmaschinen der Zwölf-Liter-Klasse seien längst erfunden, würden auch genutzt, seien aber längst nicht genug. Der Zug sei abgefahren und lasse sich nicht mehr anhalten.

Verantwortung der Politik

Die einzige noch gängige Stellschraube sei eine strukturelle Anpassung an nicht mehr zu ändernde Umstände und Bewusstseins dafür, dass die, die heute bauen, für die nächsten Generationen mitbauen.

Die Diskussion konzentrierte sich auf die Verantwortung der Politik, die die gesetzlichen Rahmenbedingungen schaffen müsse, damit sich die lokalen und regionalen Baugenehmigungsbehörden daran orientieren können. In der Verantwortung seien aber auch die Kommunen selbst. Es müssten Konzepte zur Ressourcenschonung erarbeitet und deutlich schneller als derzeit praktiziert umgesetzt werden. 

Dass in Oberursel am „Gleisdreieck“ 67 Wohnungen entstehen ohne Brauchwassernutzung, mit der sich jährlich 3800 Kubikmeter Frischwasser sparen ließen, zeige leider nur eines: „Nix gelernt!“, so Wack. In 13 Bundesländern gebe es gesetzliche Abgaben zur Sicherung des Wasserdargebots („Wasser-Cent“). Hessen, so Wack, habe das auch gehabt, es aber wieder abgeschafft. Es sei an den Bürgern, den Politikern auf die Füße zu steigen, nicht nur im lokalen, sondern auch auf Landesebene. 

Ein Mittel könne sein, dass Kommunen nicht nur den Bau von Zisternen zur Rückhaltung von Regenwasser vorschreiben, sondern auch die Verwendung des Zisternenwassers zumindest für die WC-Spülung. Leider wollten viele dieses heiße Eisen aber nicht anpacken, weil getrennte Leitungssysteme teurer sind und die ohnehin gebeutelte Bauwirtschaft lähmen könnten. In Altenstadt, weiß Wack, geht es aber, „da gibt es ohne Toilettenspülung mit Zisternenwasser eben keine Baugenehmigung“. 

Dem häufig gebrauchten Argument, Brauchwassernetze seien zu teuer, widersprach Wack. Teuer werde erst die nachträgliche Umrüstung. Noch teurer sei es aber, gar nichts zu tun. Zudem könnten Verbrauchsspitzen beim Bewässern von Gärten und Befüllen von Pools durch Gefahrenabwehrverordnungen abgefedert und übermäßige Nutzung mit Bußgeldern geahndet werden. Begrünte Fassaden seien zwar en vogue, sagte Wack, nutzten als Grünkonzepte aber nichts ohne Wasserkonzepte, solange sie mit Trinkwasser versorgt würden.

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