sind Sie mit dem Wahlergebnis vom vergangenen Sonntag zufrieden
(falls Sie nicht zufällig in meiner Heimatstadt Berlin wohnen, wo man
unabhängig vom Ergebnis leider schon mit dem Ablauf nicht zufrieden sein
kann)? Oder hätten Sie sich ein anderes Ergebnis gewünscht?
Aber was soll’s: Die Leute haben eben so gewählt. Es ist, wie es ist,
eine Wahl ist ja kein Pferderennen, auch wenn es im Wahlkampf manchmal so
wirkt. Trotzdem kann man sich fragen, was das Ergebnis für den
Klimaschutz bedeutet, und wie es damit weitergeht. Dafür müsste man
natürlich wissen, welche Koalition am Ende herauskommt. Aber es ist doch
sehr wahrscheinlich, dass sowohl die Grünen als auch die FDP mitregieren
werden. Und zumindest das könnte eigentlich eine ganz spannende
Kombination werden.
Wenn man in die Klimaprogramme der beiden Parteien schaut, gibt es
natürlich große Unterschiede; das der FDP landete etwa in einer Bewertung durch das Deutsche Institut für
Wirtschaftsforschung auf dem letzten Platz, während die Grünen
vorne lagen. Die FDP setzt sehr stark auf Marktkräfte, also auf den
EU-weiten Handel mit Emissionszertifikaten. Das hat Nachteile. Im Verkehr
etwa bewirkt selbst ein hoher CO₂-Preis sehr lange fast nichts, weil kaum
jemand wegen ein paar Cent mehr für den Liter Benzin oder Diesel sein
Auto abschafft. Wenn man sonst nichts tut, geht alles erstmal weiter wie
bisher. Und am Ende steht man mit einem Verkehrssystem da, das so weit
wie eh und je von der Klimaneutralität entfernt ist, hat aber erst recht
keine Zeit mehr, das noch zu ändern. Ohne Maßnahmen wie
Effizienzvorgaben, Investitionen in ÖPNV, Kaufprämien, Verbrenner-Aus und
so weiter bringt ein CO₂-Preis im Verkehrssektor nicht viel.
Andererseits ist es aber auch so: Ohne CO₂-Preis ist praktisch alles
andere nichts, und das gilt nicht nur im Verkehr. Werden Motoren
effizienter, kaufen sich die Leute schwerere Autos und fahren damit mehr
herum, Treibhausgas-Spareffekt gleich null, das konnte man in den vergangenen
Jahren beobachten. Einen sicheren und dauerhaften Anreiz für den
Einzelnen, immer weniger zu emittieren, bietet allein ein steigender
CO₂-Preis. Das ist auch in anderen Bereichen so: Nichts drängt etwa Kohle
schneller und eleganter aus dem Markt als hohe CO₂-Preise.
Es ist beileibe kein leichtes und erst recht kein billiges Vorhaben, bis
zum Jahr 2045 klimaneutral zu werden. Wenn der Markt dabei helfen kann,
sollte man ihn lassen. Und wenn die FDP konsequent darauf pocht, ist das
vielleicht gar nicht so schlecht.
Andersherum könnten die Grünen darauf achten, dass vor lauter festem
Glauben an wundersame Marktkräfte und Zukunftstechnologien, die die Sache
schon regeln werden, nicht der klimapolitische Ehrgeiz schwächelt. Sie
könnten auch all das im Blick haben, was der Markt nicht oder nicht
ausreichend erledigt: Stromnetze ausbauen, Widerstände gegen Windräder überwinden,
Radfahren attraktiver machen, Gebäude sanieren.
Vielleicht können sie der FDP auch schonend vermitteln, dass der
Wasserstoff, den manche Liberale offenbar als bequemen Ersatz für Öl und
Gas betrachten, zumindest im Verkehr und beim Heizen eher nicht die erste
Wahl der Marktkräfte sein dürfte. Elektroautos und Wärmepumpen sind
nämlich viel billiger.
Im Idealfall, man darf ja noch träumen, ergänzen sich die Parteien in
ihren Stärken beim Klimaschutz und reden sich ihre Schwächen gegenseitig
aus – ich hoffe jedenfalls, dass es eher so als andersherum kommt. Oder
was meinen Sie? Schreiben Sie uns wie immer gerne an klimafreitag@sz.de.
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