Mittwoch, 13. Oktober 2021

Massensterben der Arten bedroht die Menschheit

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Bis 2030 könnte die Welt um eine Million Arten ärmer sein, warnt der Weltbiodiversitätsrat - mit fatalen Folgen. Rund 200 Staaten suchen nun auf der Weltnaturkonferenz nach Wegen aus der Artenkrise. 

Laut Wissenschaftlern steht die Welt am Anfang des sechsten Massensterbens in der Erdgeschichte. Etwa alle zehn Minuten sterbe eine Tier-, Pilz- oder Pflanzenart aus, heißt es. Knapp 200 Vertragsstaaten der UN-Konvention für die biologische Vielfalt (CBD) beraten auf der 15. Weltnaturkonferenz (Cop15), wie sich das rasante und gefährliche Artensterben stoppen lässt. Das einwöchige Treffen findet unter dem Vorsitz Chinas vor allem virtuell und mit örtlichen Vertretern in der südwestchinesischen Stadt Kunming statt.

Und die Uhr tickt: So warnt der Weltbiodiversitätsrat vor dem Aussterben von einer Million Arten schon in den kommenden zehn Jahren und dramatischen Folgen für die Lebensgrundlagen der Menschen.Gesunde Ökosysteme und biologische Vielfalt seien die Basis für Wohlstand, Wohlergehen, Ernährung und Gesundheit, mahnen Experten. Die Ökosysteme garantierten saubere Luft, Trinkwasser, ertragreiche Böden, ein stabiles Klima und Widerstandsfähigkeit gegen Naturkatastrophen. 

Artensterben bedroht Landwirtschaft und Medizin

Mehr als 75 Prozent der Feldfrüchte weltweit, darunter viele Obst- und Gemüsesorten, Kaffee und Kakao sind von natürlichen Bestäubern wie etwa Insekten abhängig. Und auch für den Fortschritt der Medizin wäre ein noch stärkerer Verlust der biologischen Vielfalt eine Katastrophe, denn viele Medikamente kommen aus der Natur - rund 70 Prozent sind es allein bei der Krebsbehandlung.

Auf der UN-Konferenz wollen die Staaten, ähnlich wie bei der Weltklimakonferenz von Paris, eine verpflichtende Rahmenvereinbarung zum Schutz der Artenvielfalt erarbeiten. Bisherige Versuche scheiterten. Vorgeschlagen ist, 30 Prozent der Land- und Meeresflächen unter Schutz zu stellen. Derzeit sind es rund 15 Prozent an Land und sieben Prozent des Meeres. Gefordert werden zudem Vorgaben für weniger Düngemittel, Pestizide und Plastik. Deutschland und die EU haben sich hinter diese Vorgaben gestellt.

Kritik an umweltschädlichen Subventionen

Das Artensterben sei heute um ein Vielfaches höher als im Schnitt der letzten zehn Millionen Jahre, sagte Bundesumweltministerin Svenja Schulze. Der Verlust habe längst auch wirtschaftlich "gravierende Folgen". In Deutschland sollen deswegen etwa Moore, Wälder und Auen wieder in einen naturnahen Zustand gebracht werden. Dafür müsse aber die Agrarpolitik verändert werden, so Schulze. "So wie wir im Moment Landwirtschaftspolitik betreiben, ist sie Teil des Problems und nicht Teil der Lösung." Neben dem Ausbau der Schutzgebiete drängt die Bundesregierung auch darauf, die Naturverschmutzung einzudämmen - etwa durch Überdüngung, Pestizide und Plastikmüll.

Umweltverbände kritisieren aber, dass Deutschland weiter 67 Milliarden Euro pro Jahr an "umwelt- und naturschädigenden Subventionen ausgibt". Sie fordern eine Erhöhung der deutschen Finanzhilfen für den Kampf gegen den Artenverlust auf zwei Milliarden Euro im Jahr. Aktuell beteiligt sich Deutschland jährlich mit 800 Millionen Euro.

Wie sich Klimakrise und Artenkrise befeuern

Trotz der Dringlichkeit, gegen die Artenkrise vorzugehen, wurden Erwartungen an die Weltnaturkonferenz heruntergeschraubt. Auf dem Treffen soll zunächst nur eine "Erklärung von Kunming" verabschiedet sowie weitere Verhandlungen im Januar vorbereitet werden. Eine konkrete Strategie gegen das Artensterben soll erst bei einem Präsenztreffen vom 25. April bis 8. Mai verabschiedet werden.

Auch hier dringen Umweltverbände auf schnelleres Handeln. "Eine bessere Chance, unsere natürliche Lebensgrundlage zu retten, wird es nicht mehr geben", sagte Thilo Maack von der Naturschutzorganisation Greenpeace. Denn "nur wenn wir die Ökosysteme erhalten, wird sich die Erderhitzung auf 1,5 Grad begrenzen lassen, und nur, wenn wir diese Grenze einhalten, lässt sich das Aussterben der Arten aufhalten."

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