Rico Grimm 26.8.25 hier
Lytens Northvolt-Coup: Erst Li-Ion, dann der Technologiesprung
Warum der scheinbare Ausverkauf europäischer Batterietechnik auch eine Chance sein kann.
Das ist die Logik hinter Lytens Northvolt-Übernahme
US-Startup Lyten übernimmt Northvolt‑Assets samt der geförderten Fabrik in Heide (SH). Die Strategie: erst Lithium-Ionen-Batterieproduktion hochfahren, Cash generieren, dann auf Lithium‑Schwefel umstellen – und in Europa Fuß fassen.
Die wichtigsten Fragen
Was hat Lyten gekauft?
Die schwedische Fabrik in Skellefteå, die Labore in Västerås und die Baustelle in Heide, Schleswig-Holstein, sowie alle übrigen Patente.
Die Fabriken produzieren 16 GWh Batterien, weitere 15 GWh entstehen.Lyten plant auch die Übernahme der kanadischen Fabrik.Lyten übernahm 2024 bereits die Northvolt-Fabrik in Kalifornien, die polnische BESS-Fabrik und Patente.Northvolt war zuvor $5 Milliarden wert. Bestehende Investoren finanzierten Lytens Übernahme.
Wie viel hat Lyten gezahlt?
Northvolt und Lyten schweigen zum Kaufpreis.Drei Indizien deuten auf einen Kaufpreis von $75-$100 Millionen:Bloomberg berichtet: Lyten sammelte $200 Millionen von Investoren für die Übernahme.Der Northvolt-Insolvenzverwalter (FT) warnt vor hohen Betriebskosten. Das eingesammelte Geld muss also Kauf und Betrieb für zwei bis drei Jahre decken. CEO Dan Cook bestätigt ausreichende Mittel.Von fünf Interessenten im Juni blieb im August nur Lyten.
Northvolt musste die Assets verkaufen – fast zum Nulltarif.
Wer ist Lyten?
US-Startup aus San Jose (Kalifornien), gegründet 2015, 200 Mitarbeiter.2023: Series B mit $200 Millionen von Stellantis, FedEx, HoneywellProduziert Lithium-Schwefel-Batterien für Drohnen und Rüstung.Profitiert von US-Militärrichtlinien: Pentagon darf keine chinesischen Akkus kaufen.Mai 2023: Pilotanlage in San Jose startet. Plant 10 GWh-Fabrik in Reno (Nevada) für 2027.
Liefert erste Prototypen aus San Jose, keine Massenfertigung bisher.
Ein Autobauer lehnte laut Reuters Zusammenarbeit ab: zu wenig Produktionskapazität.Avicenne Energy-Analyst Michael Sanders lobt Lytens „weltklasse“ Produktionslinie.Im Juli hat das Startup ca. 45 Mitarbeiter, mehr als 20% der Belegschaft, entlassen, darunter Celina Mikolajczak, eine Spezialistin für Feststoff-Batterien, die zuvor bei Quantumscape gearbeitet hatte.
Auf welche Technik setzt Lyten?
Kern der Firma: Lithium-Schwefel-Akkus
Lithium-Schwefel-Batterien haben ein Problem: Sie halten nur wenige Ladezyklen. Deswegen sind sie perfekt für Drohnen, die nicht sehr oft fliegen müssen (weil sie abgeschossen werden oder im Ziel explodieren.)Aber Lyten will die Technologie auch in anderen Segmenten wie stationären Speichern und E-Autos einsetzen.Nach eigenen Angaben haben sie einen Weg gefunden, die Haltbarkeit der Batterien zu erhöhen. Sie setzen auf eine proprietäre Kohlenstoff-Verbindung namens 3D-Graphene.Lyten vermarktet seine Batterien offensiv als zu 100% in den USA hergestellt; ohne Mangan, Kobalt, Nickel oder Grafit; mit höherer Energiedichte als Lithium-Eisenphosphat oder Lithium-Ionen-Akkus.
🍏 Meine Analyse
Lyten will sich von einer 200-Mann-Akku-Boutique zu einem großen, vollwertigen Batteriespezialisten wandeln.
Das ultimative Ziel: „Die Übernahme von Northvolt beschleunigt unsere Fähigkeit, Lithium-Schwefel in Automobilmaßstab zu liefern.“ (NYT).
„Wir expandieren in nachgelagerte Bereiche der Batterie-Wertschöpfungskette, um einen größeren Teil davon zu beherrschen“, sagte Keith Norman, der Marketingchef, gegenüber Bloomberg. Lyten spiegelt damit, was die Marktführer aus China seit mehr als einem Jahrzehnt praktizieren.
Der Deal bringt Lyten für wenig Geld:
Fertige Infrastrukturstaatliche FörderungErfahrenes PersonalNeue ProduktionslinienKontakte zu Großkunden
Kurz: Der Weg zur schnellen Expansion steht offen.
Das Vorhaben geht aber nur auf, wenn Northvolt seine berühmten Produktionsprobleme in den Griff bekommt. Das sei nach Aussage von Lyten und Northvolt geschehen. Unter der neuen Führung konnte die Ausschussrate bei den Batterien gesenkt werden.
Die finanzielle Logik des Deals hat CEO Dan Cook umrissen:
die bestehenden Produktionsanlagen mit dem Investorenkapital von Northvolt wieder hochfahren und das alte Personal einstellenzunächst Lithium-Ionen-Akkus in Schweden herstellen, um damit die Fabrik für Netzspeicher in Polen zu versorgendie Erträge aus dem Geschäft mit den Großspeichern nutzen, um die Produktionslinien auf Lithium-Schwefel umzustellendie Erträge außerdem nutzen, um Lithium-Schwefel-Batterien innerhalb von fünf Jahren für andere Einsatzzwecke weiterzuentwickeln (Speicher, E-Autos)neue Ankerkunden in der europäischen Automobilindustrie gewinnen
Das ist ein kühner Plan für ein Unternehmen, das bisher noch nie Batterien en masse hergestellt hat.
Aber es kann gelingen. Denn die Probleme bei Northvolt waren auch Führungsprobleme. Getrieben von der Politik und der Batterie-Euphorie lastete sich das Unternehmen zu viel auf. Es wollte in allen Ländern des Westens, in allen Zellchemien und allen Produktkategorien mitspielen – bevor es überhaupt die industrielle Reife dafür hatte.
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Die europäische Perspektive ist dabei gar nicht so schlecht, wie es auf den ersten Blick wirkt: Denn die ehemaligen Northvolt-Assets bleiben alle in einer Hand.
Der Kontinent bekommt einen westlichen Lieferanten, der eine alternative Zellchemie im Portfolio hat und mit seinen großen europäischen Standorten Wissen und Wertschöpfung in Europa halten wird.
bitte auf Originalseite weiterlesen
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