Mittwoch, 28. Februar 2024

Meinungsfreiheit eingeschränkt? Umweltaktivist*innen legen Verfassungsbeschwerde gegen Haft ein

Pressemitteilung vom 28.02.2024 

Die Umweltaktivist*innen, die im Oktober 2022 die Regierung von Schwaben aufs Korn nahmen [1,2,3,4,5], legen nun gegen ihre Verurteilung zur Haft eine Verfassungsbeschwerde ein. Die Aktivist*innen hatten die trotz laufender Rechtswidrigkeitsprüfung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ausgestellte Genehmigung einer Bannwaldrodung durch die Regierung von Schwaben an deren Fassade als "frech" kommentiert und waren dafür im Oktober 2023 in Augsburg vor dem Landgericht zu Jugendarrest verurteilt worden [6].

Seit dem 23.3. sitzt Charlie Kiehne (21) nun für 7 Tage im Gefängnis (Jugendarrestanstalt) in Göppingen. Samuel Bosch (21) soll ab dem 14.3. für 21 Tage dort einsitzen. Dass sie eine Verfassungsbeschwerde einlegen wollten, kündigten die Aktivist*innen direkt nach dem Hafturteil an – das geht allerdings nicht ohne schriftliches Urteil. Dieses gelangte nun nur über Umwege und nach Haftantritt von Charlie Kiehne zu den Aktivist*innen. Damit ist es erst jetzt möglich, gegen das Urteil aus Augsburg vorzugehen. Die Verfassungsbeschwerde wird sich unter anderem auf das Grundrecht der Meinungs- und Versammlungsfreiheit und auf das Willkürverbot  beziehen.

"Wir sollen weggesperrt werden, weil wir unsere Meinung gegen eine Stahlwerkserweiterung kundgetan haben. Karlsruhe musss jetzt entscheiden: Steht die Justiz in Augsburg auf der Seite des Grundgesetzes?", fragt Bosch.

"In jedem Fall lohnt es sich weiter, gegen klimaschädliche Projekte wie das Stahlwerk laut zu sein."

Nachdem der Richter in seiner mündlichen Urteilsbegründung sogar "Fridays for Future" heftig kritisierte, sendete er sein schriftliches Urteil über Monate nicht an die Angeklagten oder ihren Anwalt. Durch diese Abweichung vom üblichen Vorgehen wartete die Verteidigung Monate auf die Urteilsbegründung, um endlich Verfassungsbeschwerde einlegen zu können. Vor einigen Wochen beantragte der Strafverteidiger Klaus Schulz dann nochmals Akteneinsicht, um eine andere Frage zu klären, und entdeckte, als er sie gestern zugestellt bekam, überraschenderweise die Urteilsbegründung der Landgerichts. Schulz erklärte zu Kiehnes Haftantritt: "Dass das Landgericht Augsburg zwei junge Menschen ohne relevante Voreintragungen zu Arrest verurteilt, ist absolut unverständlich und ungewöhnlich, so dass ich die erzieherischen Gründe gerne in der Urteilsbegründung nachvollzogen hätte. In der Verhandlung gab es von Seiten des Landgerichts zwar viele Emotionen und persönliche Meinungen, wie Aktivismus auszusehen hätte, aber leider wenig sachliche Erklärung."

Das Urteil von Richter Natale verweist ohne zusätzliche Begründung auf das frühere Urteil von Richterin Sandra Mayer am Amtsgericht Augsburg. Dieses enthielt das, laut Anwalt Klaus Schulz, außergewöhnlich hohe Strafmaß von Haft für üble Nachrede und Hausfriedensbruch.  Ein Prozessbeobachter ließ damals sogar eine Anzeige wegen übler Nachrede gegen Frau Mayer prüfen, nachdem diese im Verlauf des Prozesses immer wieder abwertend über das geistige Innenleben der Angeklagten spekulierte [7].

 Weitere Hintergründe:

https://ravensburg.klimacamp.eu/presse/pressemitteilungen/haftantritt/

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen