hier Tagesspiegel Von Jost Müller-Neuhof 8.2.24
Die Karlsruher Ermittler bestätigen eine Untersuchung, ob der Fall in ihre Zuständigkeit fällt. Die Hürden für eine Strafbarkeit sind hoch.
Der Generalbundesanwalt in Karlsruhe befasst sich mit möglichen Straftaten bei dem Rechtsextremisten-Treffen in einer Potsdamer Villa im November vergangenen Jahres.
Die Behörde bestätigte auf Anfrage, die Staatsanwaltschaft Potsdam habe einen entsprechenden Vorgang vorgelegt, der „derzeit auf Anhaltspunkte für Straftaten in der Zuständigkeit der Bundesanwaltschaft geprüft wird“. Eine Prognose, wie lang dies dauere, sei nicht möglich. Zuständig ist der Generalbundesanwalt für sogenannte Staatsschutzdelikte.
Zuvor hatte die Staatsanwaltschaft Potsdam mitgeteilt, dass eine Strafanzeige gegen namentlich bekannte Angezeigte unter anderem wegen des Verdachts auf Hochverrat gegen den Bund eingegangen sei. Angaben zum Anzeigeerstatter machte sie nicht.
AfD-Politiker werfen den Enthüllern Spitzelei vor
Wie berichtet, prüft die Staatsanwaltschaft zudem eine Anzeige der AfD-Bundestagsabgeordneten Gerrit Huy wegen einer möglichen „Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes“ sowie „Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs und von Persönlichkeitsrechten durch Bildaufnahmen“ durch die Veröffentlichungen des Rechercheportals „Correctiv“, das Details der Zusammenkunft enthüllte. Ferner sieht Huy in der Publikation einen Verstoß gegen das Kunsturhebergesetz.
Bei dem Treffen hatten sich unter anderem AfD-Politiker sowie der österreichische Rechtsextremist Martin Sellner über Pläne ausgetauscht, Migranten aus Deutschland zu drängen. „Correctiv“-Journalisten hatten Berichte vorgelegt, was bei dem Treffen im Einzelnen besprochen worden sei. Zudem wurden Fotos von Beteiligten präsentiert.
AfD-Politiker werfen der Journalismus-Plattform deshalb Spitzel-Methoden vor. Allerdings ist etwa die Veröffentlichung heimlich angefertigter Tonbandaufnahmen nicht rechtswidrig, „wenn die öffentliche Mitteilung zur Wahrnehmung überragender öffentlicher Interessen gemacht wird“.
Ob den Beteiligten wegen ihrer Gespräche über die rechtsextremen Vertreibungspläne ein Verfahren wegen Hochverrat nach Paragraf 81 Strafgesetzbuch droht, dürfte ebenfalls fraglich sein. Strafbar macht sich demnach, wer es unternimmt, „mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt“ den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen oder die auf dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland beruhende verfassungsmäßige Ordnung zu ändern. Die Strafen dafür sind hoch: lebenslange Freiheitsstrafe oder Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren.
Prüfen wird der Generalbundesanwalt voraussichtlich auch die mögliche „Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens“ nach Paragraf 83. Hier liegen die Strafen niedriger, von einem bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe. Unter anderem wegen dieses Delikts hat der Generalbundesanwalt im Dezember gegen verschiedene mutmaßliche Beteiligte der „Reichsbürger“-Verschwörung um Prinz Reuß Anklage erhoben.
Verfahren wegen Hochverrats-Delikten sind seit Bestehen der Bundesrepublik nur äußerst selten geführt worden. Eine Anwendung von solchen Tatbeständen kommt eher in Diktaturen vor als in Demokratien. Mit Erstarken der „Reichsbürger“-Szene kündigte es sich jedoch an, dass es solche Fälle für die Justiz geben wird.
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