Dass der
Klimawandel die menschliche Gesundheit bedroht, dürfte kaum jemanden überraschen.
Länger anhaltende Hitzewellen sind besonders tödlich, so hat sich in den
vergangenen 20 Jahren die Zahl der Menschen über 65, die infolge extremer
Hitze starben, weltweit verdoppelt. Und mit dem ungebremsten
Temperaturanstieg erhöhen sich die Risiken weiter. Das medizinische
Fachjournal The Lancet nennt den Klimawandel daher die größte globale
Bedrohung der öffentlichen Gesundheit des Jahrhunderts. Umso
überraschender, dass sich diese gesundheitlichen Risiken bislang kaum in der
Klimapolitik niederschlagen. Um Klimaschäden abzuwägen, nutzen Politiker
sogenannte integrierte Bewertungsmodelle, in die auch die „sozialen Kosten
des Kohlenstoffs“ einfließen. Das sind beispielsweise die wirtschaftlichen
Schäden, die eine Tonne CO₂ anrichtet, etwa durch verminderte Ernteerträge.
So lässt sich der Nutzen von Klimaschutz in Zahlen ausdrücken, ähnlich wie
bei einer Versicherungspolice. Schäden am Menschen kommen bei der Bewertung
jedoch kaum vor. Um das zu ändern, hat die Columbia University eine neue Metrik entwickelt, die sogenannten „Mortalitätskosten des Kohlenstoffs“ - oder anders ausgedrückt, wie viele Menschen durch Treibhausgase sterben. Die Zahlen, die der Autor der Studie Daniel Bressler ausgerechnet hat, sind gewaltig. Bleibt die Welt auf ihrem bisherigen Emissionspfad, würde der Klimawandel demnach bis zum Ende des Jahrhunderts 83 Millionen zusätzliche Todesopfer fordern – die Erde hätte sich dann um 4,1 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit erwärmt. Gelingt es hingegen, die Emissionen ab sofort schnell zu senken, ließe sich die Zahl der Todesfälle auf neun Millionen begrenzen, also 74 Millionen Leben retten. Auch der Effekt einzelner Maßnahmen lässt sich so beziffern: Legt man beispielsweise nur für ein Jahr ein Kohlekraftwerk still und ersetzt dessen Kapazität durch erneuerbare Energien, verhindert man dadurch bis zum Ende des Jahrhunderts 904 Todesfälle. 100 000 Autos mit Verbrennungsmotor, die ein Jahr lang unterwegs sind, produzieren demnach 105 zusätzliche Todesfälle, Verkehrsunfälle nicht eingerechnet. Dabei hat Bressler nur die Folgen der Hitze betrachtet, also beispielsweise Todesfälle infolge von Hitzschlag. Andere Klimafolgen wie Überschwemmungen, Starkregen oder klimabedingte bewaffnete Konflikte sind in der Rechnung noch gar nicht enthalten. Auch so ist eine
solche Modellierung natürlich sehr komplex und hängt von vielen Faktoren und
Unsicherheiten ab. So ist mehr als fraglich, dass die Emissionen weiter so
stark ansteigen wie im „Worst Case“-Szenario vorausgesetzt, und erst 2090 ein
Plateau erreichen. Allerdings zeigt die Studie sehr anschaulich den
Preis des Nichthandelns auf, und ermöglicht eine deutlich genauere
Abschätzung der sozialen Kohlenstoffkosten. Bezieht man die Mortalität mit
ein, müsste der soziale CO₂-Preis laut Bressler bei 258 US-Dollar pro Tonne
liegen, siebenmal höher als derzeit im weithin international
anerkannten DICE-Modell veranschlagt. Letztlich geht es
darum, wie viel uns das Leben der nachfolgenden Generationen – oder unser
eigenes – wert ist. Und wie sehr wir bereit sind, unser heutiges Handeln nach
dem Ziel auszurichten, künftiges Leid zu verhindern. |
|||
|
|||
|
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen