Spiegel Klimabericht vom 30.7.21 von Kurt Stukenberg
Aktivistinnen
und Aktivisten in London
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wir leben in
einem Jahrzehnt, in dem es nicht zu pathetisch ist, zu sagen, dass
jeder Tag die Zukunft prägt. Grünes Licht für eine größere
Investitionsentscheidung entweder in ein fossiles Projekt oder für
erneuerbare Energien stellt Weichen für CO2-Emissionen
für kommende Jahrzehnte. Ein Wahltag macht Klimapolitik für Jahre
möglich oder unmöglich. Auch kleine Konsumentscheidungen formen die
Zukunft des Planeten mit, nur in anderem Umfang natürlich.
Lange Jahre
war Klimapolitik etwas für die großen Gipfel, die sogenannte
Conference of the Parties (COP) und sorgte abseits davon nicht oft
für Disskussionen. Das ist heute, zumal in Zeiten von Fluten und
Dürren sowohl in Deutschland als auch weltweit, anders. Trotzdem
bleiben die Klimakonferenzen enorm wichtig, ganz besonders das
anstehende Treffen im schottischen Glasgow. Gut 100 Tagen bleiben
noch bis zu den hochrangigen Runden.
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Dort soll etwa
entschieden werden, nach welchen Regeln die Staaten der Welt beim
Klimaschutz zusammenarbeiten können und sollen. Und alle
Vertragsstaaten müssen endlich neue Emissionsziele verkünden,
ambitioniertere selbstverständlich. Der Mechanismus des Klimaabkommens
sieht vor, dass die freiwilligen Selbstzusagen zum Klimaschutz
regelmäßig nachgeschärft werden.
Erst rund 100
Staaten haben neue Klimazusagen eingereicht
Nach Auskunft
des Uno-Klimasekretariats haben bisher rund 100 Staaten
aktualisierte Zahlen gemeldet, fast die Hälfte der Länder fehlt
also noch. Und viel Zeit bleibt nicht mehr. Doch die Einigkeit zu
mehr Tempo wird für einen gelingenden Gipfel entscheidend sein.
Zumal die bisher verabredeten Ziele noch bei Weitem nicht reichen,
um das Limit von unter zwei Grad Erderwärmung einzuhalten, das
1,5-Grad-Ziel liegt sogar in weiter Ferne.
Nicht
ausgeschlossen ist auch, dass der Gipfel auf den letzten Metern
doch noch verschoben wird. Nach Berichten von Reuters
steht im Raum, dass die Uno-Biodiversitätskonferenz im chinesischen
Kunming erneut verschoben wird oder jedenfalls entscheidende Teile
der Sitzungen. Sie war für Oktober geplant. Gemessen an der Zahl
der Gäste und den entsprechend notwendigen Vorkehrungen gegen das
Coronavirus, nehmen sich beiden Veranstaltungen nicht viel.
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So oder so
dürften sich nicht wenige Länder bei ihren Klima-Positionen auch an
dem Kurs der Großen orientieren, die es zuletzt aber versäumt haben,
Aufbruchssignale zu senden: Das Treffen der Umweltminister der
G20 in der vergangenen Woche in Neapel schloss lediglich mit dem
Bekenntnis zum Pariser Abkommen, Hoffnungen, dass der Staatenblock
etwa einen schnellen Kohleausstieg verkündet, wurden enttäuscht.
Die nächsten vier
Jahre in Deutschland werden besonders wichtig
Auch die
Bundestagswahl, mit Implikationen für den Kurs Europas in der
klimapolitisch wichtigsten Dekade, fällt in die kommenden 100 Tage.
Zwar haben sich inzwischen alle demokratischen Parteien mehr oder
weniger eindeutig zum 1,5 Grad-Ziel bekannt, in der Frage, wie man
das Ziel erreicht, gibt es aber erhebliche Unterschiede.
Mindestens Deutschlands Beitrag zum ambitionierteren Teil des
Pariser Abkommens wird sich kaum mehr umsetzen lassen, wenn in den
nächsten vier Jahren nicht genug passiert. Der 26. September ist
also wirklich einer der Tage, der die Zukunft prägt.
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Die Themen der Woche
Klima: Verbrannte Erde
Lange Zeit hat Russlands Präsident Wladimir Putin die Erderwärmung
verharmlost. Nun aber stehen Teile Jakutiens, der kältesten
bewohnten Region der Welt, erneut in Flammen. Und der Staat wirkt
hilflos. Unterwegs mit Feuerwehrleuten, die gegen die Brände kämpfen.
Gegenmaßnahmen unzureichend: Tausende
Wissenschaftler warnen vor weltweitem Klimanotstand
Deutliche Maßnahmen gegen den Klimawandel zu ergreifen, sei
dringlicher denn je, heißt es in einem Papier von knapp 14.000
Fachleuten. Untermauert wird die Forderung durch den heutigen
»Erdüberlastungstag«.
»Klimabericht«-Podcast: Wie der Klimawandel
unsere Städte verändert
Immer heißere Jahre machen Betonburgen zu lebensgefährlichen
Backöfen. Hitzestress, der Menschenleben fordert. Wie muss sich der
urbane Raum verändern, um das zu vermeiden?
Neue Studie zu Wetterveränderungen: Es wird
trockener – und häufiger extrem nass
Mit dem Klimawandel nehmen Wetterextreme zu. Heftige
Starkregenereignisse wie in Westdeutschland könnten bald keine
Seltenheit mehr sein – gleichzeitig gibt es mehr Dürren, fanden
Forscher heraus.
Autoindustrie: Wie Toyota vom
Klimaschutz-Pionier zum Bremser wurde
Dank der Hybride galt Toyota lange als der fortschrittlichste
Autokonzern. Doch dann setzten die Japaner auf die
Wasserstofftechnik statt Batterien. Der Fehler verleitet sie zu
einer fragwürdigen Strategie.
Klimaschutz: »Das Geld reicht nicht«
Der Risikoforscher Christian Kuhlicke beklagt fehlende Anreize für
den Neubau von Häusern in hochwassersicheren Lagen.
Trotz neuer Anlagen: Ausbau der Windkraft
reicht nicht für Klimaziele
Im ersten Halbjahr wurden in Deutschland 240 neue Windräder an Land
errichtet – ein Plus von 62 Prozent. Doch die Branche sagt: Um die
Klimaziele zu erreichen, muss mehr Tempo gemacht werden.
Klimawandel in Deutschland: Wo
entstehen Dürreregionen, welche Gegenden ertrinken im Regen?
Deutschland zerfällt im Klimawandel in unterschiedliche Regionen.
Manche werden wohl kaum betroffen sein, einige dagegen umso
heftiger, das zeigt eine aktuelle Risikoanalyse. Sie schlägt auch
einfache Gegenstrategien vor.
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