Freitag, 27. September 2024

Serie „Warum Deutschland den Bach raufgeht“ - Faber-Castell-CEO Stefan Leitz

hier  Manager-Magazin  18.09.2024, 

Warum Deutschland den Bach raufgeht, mehr Artikel der Reihe hier

Wir als manager magazin kritisieren gern kräftig und kundig, wenn etwas schiefläuft in Unternehmen oder der deutschen Wirtschaft insgesamt. Gerade aber bricht sich die falsche Erzählung Bahn: dass in Deutschland alles dem Untergang geweiht sei. Das ist nach unserem Eindruck nicht nur wirtschaftlich und gesellschaftlich lähmend, sondern so pauschal auch gefährlich und falsch. Es gibt viele Belege für das Gegenteil.

Wir haben deshalb Menschen, die in Deutschland anpacken und etwas in der Wirtschaft bewegen, drei Fragen zum Standort Deutschland gestellt und wollen präsentieren, „warum Deutschland den Bach raufgeht“. Ihre Antworten präsentieren wir als wörtliche Zitate. Bis zu den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen veröffentlichen wir werktäglich die persönliche Sicht von Dax-CEOs, Unternehmerinnen, Start-up-Gründern, Pionierinnen und Wirtschaftsexperten. Faber-Castell-CEO Stefan Leitz

„Wir haben eine großartige Demokratie und viele Freiheiten“

In Deutschland bricht sich gerade die falsche Erzählung Bahn: dass alles dem Untergang geweiht sei. Dabei gibt es viele Belege für das Gegenteil. 

In unserer Serie „Warum Deutschland den Bach raufgeht“ stellen wir Ihnen heute die Antworten von Stefan Leitz vor, dem CEO des Schreibwarenherstellers Faber-Castell. 

Stefan Leitz (60) ist seit 2020 Vorstandsvorsitzender des Bleistiftimperiums Faber-Castell: „Deutschland ist das Land der Unternehmer“

Herr Leitz, was läuft für Sie persönlich gut in Deutschland?

Da ich beruflich sehr viel in der Welt unterwegs bin, vergleiche ich gerne die sozialen und wirtschaftlichen Entwicklungen Deutschlands mit denen anderer Länder: Wir haben eine großartige Demokratie und viele Freiheiten in einem Land mit hohem Bildungs-, Gesundheits-, Sicherheits- und Lebensstandard. Schade, dass wir im Vergleich zu anderen Nationen dies nicht mehr wertzuschätzen scheinen.

Dabei ist dies die Basis für ein sicheres Umfeld und individuelle Entwicklungsmöglichkeiten, die uns ausgesprochen erfindungsreich machen. So schaffen wir immer wieder smarte Lösungen für verzwickte Herausforderungen. Das erlebe ich auch in unserem Unternehmen – ob im Engineering, in der Logistik oder in der Forschung und Entwicklung. Auf diese kreativen Fähigkeiten sollten wir mehr vertrauen – und das auch zeigen.

Warum lohnt es sich, hierzulande zu investieren und zu arbeiten?

Trotz Rezession ist Deutschland nach China und den USA inzwischen wieder die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt. Laut U.S. News & World Report belegen wir regelmäßig Spitzenplätze bei den Themen Fortschrittlichkeit, Unternehmertum, Lebensqualität. Der geopolitische Einfluss Deutschlands auf der Weltbühne und die wirtschaftliche Beständigkeit – getrieben von einem nachhaltig denkenden, starken Mittelstand – macht uns als Wirtschaftsstandort attraktiv. Als Traditionsmarke mit mehr als 260 Jahren hat Faber-Castell in Deutschland ein industrielles Know-how aufgebaut, das wir an unsere weltweiten Standorte weitervermitteln. Das „Made in Germany“ hat nicht zuletzt wegen unseres Qualitäts- und Perfektionsanspruchs einen weltweiten Ruf. Das nutzt uns auch als global bekannte Marke.

Wenn es um die Zukunft der deutschen Wirtschaft geht: Welche Chancen sehen Sie?

Im internationalen Vergleich haben wir eine einzigartige Wirtschaftskraft, was den Mittelstand angeht. Er ist mit rund 3,5 Millionen Unternehmen der größte Arbeitgeber; mehr als 70 Prozent aller Erwerbstätigen sind dort beschäftigt. Deutschland ist das Land der Unternehmer. Um mit diesem Potenzial wieder zurück in eine Wachstumsspirale zu gelangen, müssen wir meines Erachtens drei zentrale Herausforderungen angehen:

Demografischer Wandel: Wir benötigen gesteigerte Investitionen in Bildung, Ausbildung und Digitalisierung sowie eine Erhöhung der Erwerbsbeteiligung von Frauen, von Menschen über 55 Jahren und in Deutschland lebenden Einwanderern. Eine Steigerung der Erwerbsquote dieser Gruppen kann das BIP signifikant erhöhen.

Ökonomische Nachhaltigkeit: Es braucht weltweit vergleichbare Standards, gleiche Spielregeln für alle Marktteilnehmer – sonst ist es wie Fußballspielen gegen einen Gegner, für den die Abseitsregel nicht gilt. Schätzungen zufolge könnten einheitliche Nachhaltigkeitsstandards die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen um zweistellige Prozentpunkte steigern.

Digitalisierung: Meines Erachtens umfasst „Digitalisierung“ mittlerweile mehr als nur den schnelleren Aufbau der technischen Infrastruktur. Hand in Hand damit geht der Einsatz von künstlicher Intelligenz in Produktion, Forschung und Entwicklung und vielen Dienstleistungsbereichen. Eine aktuelle Analyse sagt, dass Branchen mit höherer KI-Durchdringung mit einem knapp fünffachen Produktivitätswachstum rechnen können.

Aus diesen drei Faktoren ergeben sich für uns große Chancen. Wir machen den Wirtschaftsstandort Deutschland wieder attraktiver und leistungsfähiger. Wir bauen systemrelevante Branchen und Betriebe wieder auf oder holen sie nach Deutschland zurück. Und wir werden für die Zukunft neue Wachstumschancen realisieren. 

Zusammengestellt von Alicia Klawitter und Marleen Gründel

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