Donnerstag, 12. September 2024

In Italien als Hotspot des Klimawandels - Klimawandel wird einfach geleugnet

RND  hier  Dominik Straub  10.09.2024,

In Italien spielt das Wetter wieder verrückt

In zahlreichen Regionen Italiens ist es in der Nacht auf Montag zu Starkregen und Überschwemmungen gekommen – wie schon öfter in diesem Sommer. Der Grund: Das Azorenhoch, das über Jahrzehnte das Wetter in Italien bestimmte, wurde durch ein afrikanisches Hoch abgelöst. Und das erwärmt das Mittelmeer weitaus mehr.

Monatelang hatte Rom – und auch der Rest Italiens – unter einer drückenden, schwülen Hitze gelitten. In der Nacht auf gestern Montag kam dann – pünktlich auf das Ende der langen Sommerferien – die große Dusche. Starkregen, der begleitet wurde von zum Teil orkanartigen Winden, setzte in der Ewigen Stadt unzählige Straßen unter Wasser. Zwei Metro-Stationen mussten geschlossen werden (was wegen eines gleichzeitig beginnenden Streiks nicht weiter schlimm war), umgestürzte Bäume blockierten die Verkehrswege. Die Feuerwehr musste insgesamt 150-mal ausrücken. Ähnliche Unwetter gingen über Mailand, Turin und andere Städte und Gemeinden nieder; im Laufe des Montags verschob sich die Front allmählich in Richtung Osten. Der Zivilschutz ordnete für 15 der 20 italienischen Regionen Alarmstufe orange an.

Erste heftige Gewitter hatten schon vor einer Woche vor allem in Norditalien, aber auch in der Toskana und in Rom, zu Überschwemmungen geführt. Die Temperaturen sanken aber nur um wenige Grade. So wurden gestern Montag in Rom trotz anhaltender Regenschauer immer noch um die 30 Grad gemessen. Laut den Wetterdiensten wird sich dies aber spätestens bis nächsten Freitag ändern: Im Süden werden die Temperaturen um zehn bis 15 Grad sinken, im Norden um bis zu 25 Grad. In den Alpen werden die ersten Schneefälle erwartet. Italien ist in den letzten Jahren häufig von Extremwetterereignissen betroffen worden. Das letzte schlimme Unwetter ereignete sich im Mai 2023 in der Region Emilia-Romagna: 36.000 Menschen mussten evakuiert werden; neun Menschen starben in den Fluten, an Gebäuden und in der Landwirtschaft entstanden Milliardenschäden.

Überschwemmungen und Dürre: In Italien ist der Klimawandel spürbar
Laut Klimaforschern ist der Grund für die Wetterkapriolen in Italien der Klimawandel. „In den letzten Jahren wurde das Azorenhoch, das während Jahrzehnten unsere Sommer bestimmt hatte, von einem afrikanischen Hoch abgelöst. Dieses ist sehr viel potenter als das Azorenhoch und die Temperaturen heißer“, betont der Klimaphysiker Antonello Pasini vom nationalen Forschungsrat CNR. Das wiederum führe zu einer starken Erwärmung des Mittelmeers – schon im Juli betrug die Oberflächentemperatur bei Neapel 30 Grad. Derzeit seien die Wassertemperaturen so hoch wie noch nie in den letzten Jahren – und dies führe zu einer größeren Verdunstung und zu einer höheren Energie in der Atmosphäre – die sich dann wie in diesen Tagen auf extreme Weise entlade – „in Form von Starkregen, Sturm und Hagelkörnern in Tennisballgröße“, betont der Forscher.

Italien ist längst zu einem Hotspot des Klimawandels geworden, was sich nicht nur an den Überschwemmungen zeigt, sondern auch am Gegenteil davon: Sizilien und Apulien litten in diesem Jahr unter einer extremen Dürre; Landwirte beklagen Ernteausfälle bis zu 90 Prozent. Aber nicht nur der Süden ist von Wassermangel betroffen: Im Jahr vor den Überschwemmungen in der Emilia-Romagna war auch Norditalien von der schlimmsten Dürre seit 70 Jahren betroffen gewesen; die Regierung musste den Notstand ausrufen. Überschwemmungen und Dürren sind letztlich bloß zwei Seiten ein und derselben Medaille.

Klima seit vier Monaten kein Thema in der RAI-Tagesschau
Die Rechtsregierung von Giorgia Meloni, respektive das von ihr kontrollierte Staatsfernsehen RAI, will freilich vom Klimawandel nichts hören. Nach einem Interview über die aktuellen Wetterereignisse musste CNR-Klimatologe Pasini feststellen, dass seine Erläuterungen zu den immer häufigeren afrikanischen Hochdruckgebieten gekürzt wurden: In der ausgestrahlten Version des Interviews fehlte der Hinweis darauf, dass die Veränderungen eine Folge des Klimawandels seien. In einer Analyse hat die Umweltorganisation Greenpeace festgestellt, dass die Klimazensur bei RAI unter der Rechtsregierung System hat: Während vier Monaten in Folge ist in diesem Jahr der Klimawandel in keiner einzigen Ausgabe der Tagesschau erwähnt worden. Dafür verdoppelte sich die Sendezeit für Klimaskeptiker und Klimaleugner, die finden, dass die grüne Transition unnötig sei.
Regierungschefin Meloni hat am Wochenende außerdem angekündigt, dass sie sich auf EU-Ebene für einen Verzicht auf das Verbrenner-Aus einsetzen werde – ein Anliegen, das von Transportminister und Lega-Chef Matteo Salvini ausdrücklich unterstützt wird.


hier  t-online  
Artikel von Matti Hartmann
   13.9.24

Reißende Fluten und Tornados in Italien: "Wasserbombe" trifft die Region Neapel

Italienische Medien sprechen von einer "Bomba d'acqua" – einer Wasserbombe, die die Region rund um den Vesuv traf. Schon zuvor wüteten Unwetter. Was ist eigentlich in Italien los?

Außergewöhnlich heftige Regenfälle haben die 80.000-Einwohnerstadt Torre del Greco bei Neapel getroffen und zu schweren Schäden geführt. Fotos und Videos aus der am Fuße des Vesuvs gelegenen Stadt zeigen das Ausmaß der Wassermassen.

Straßen verwandelten sich in der Nacht zu Freitag in reißende Ströme. Mindestens ein Auto wurde der italienischen Nachrichtenagentur Ansa zufolge von den Fluten mitgerissen. Es war demnach auf einer zum Meer führenden Verkehrsachse geparkt und konnte erst nach dem Unwetter geborgen werden.
"Bomba d'acqua" löst Angst in der Bevölkerung aus
In höher gelegenen Gebieten der Stadt überschwemmten laut Ansa währenddessen Schlammlawinen die Straßen. Die Nachrichtenagentur sprach von einer regelrechten "Bomba d'acqua", also einem Wolkenbruch, der einer gigantischen, platzenden Wasserbombe glich.

Der starke Regen habe Angst in der Bevölkerung ausgelöst, hieß es weiter. Es habe jedoch letztlich keine Verletzten gegeben, berichtete Ansa unter Berufung auf die lokalen Behörden.

Schwere Unwetter: "bestialischer Sonntag"
Bereits in den vergangenen Tagen und Wochen war es in Italien mehrfach zu schweren Unwettern gekommen. Ende August verwüstete ein Tornado einen Strand in der süditalienischen Region Basilikata, Sonnenschirme und Liegestühle wirbelten durch die Luft. Am vergangenen Sonntag setzte dann Starkregen Rom unter Wasser, drei U-Bahn-Stationen mussten wegen Unwetterschäden geschlossen werden.

Auch andere Regionen wurden hart getroffen. Die Zeitung "La Nazione" schrieb von einem "bestialischen Sonntag" in der Toskana. Es gab schwere Überschwemmungen, Menschen mussten aus Gebäuden gerettet werden. Teilweise fielen 100 Liter Regen pro Quadratmeter in nur sechs Stunden, Bäume stürzten um und ein Tornado in der Provinz Livorno verletzte einen Menschen.

Tornados und Tote: Die Klimakatastrophe trifft Italien
Als eine Ursache für die schweren Unwetter verweisen Meteorologen unter anderem auf das stark aufgeheizte Mittelmeer. Bereits nach dem Sturm, der im August die "Bayesian" vor Sizilien versenkte, sagte der Klimaspezialist Luca Mercalli, das außergewöhnlich warme Meer stelle "eine enorme Energiequelle" dar, die zu diesen Stürmen beitrage. Beim Untergang der "Bayesian" starben sieben Menschen.

Solche extremen Ereignisse könnte es in Zukunft öfter geben. "Klimabedingte Katastrophen werden in Italien häufiger und heftiger werden", erklärte der Präsident der Italienischen Meteorologischen Gesellschaft der Nachrichtenagentur Reuters.

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