Samstag, 7. September 2024

Plan für nachhaltige Landwirtschaft: „Das ist ein Vorhaben, vergleichbar mit dem Ausstieg aus der Kohle.“

Seit Jahren versuchen die Naturschutzverbände in diese Richtung vorzustoßen. Denn natürlich sehen sie die Problematik in unserer kleinteiligen Landwirtschaft. Die Landwirtschaftsindustrie  im Osten ist etwas völlig anderes - die zieht den Hauptanteil an GAP-Geldern, ohne dass mit dem hohen Geldeinsatz der Gesellschaft immens wichtige Landschaftsfunktionen erfüllt würden.
Wenn die EU nun erreichen könnte,  dass eine sinnhafte Umverteilung erfolgt, dann käme es uns allen und insbesondere unseren nachhaltig wirtschaftenden Bauern zugute!

Hier  Frankfurter Rundschau  Stand:06.09.2024  Von: Amy Walker

Plan für nachhaltige Landwirtschaft: Steuern für Bio-Produkte senken, mehr Geld für kleine Betriebe 

Die Landwirtschaft muss nachhaltiger werden, doch über das Vorgehen wird heftig gestritten. Jetzt haben sich Interessensvertreter zusammengetan und einen neuen EU-Plan geschmiedet.

Es gibt nur wenige Wirtschaftszweige, bei den die zentralen Herausforderungen der Klimakrise so klar zusammenlaufen wie in der Landwirtschaft. Biodiversität, Extremwetter, Treibhausgase und Energie: Die Landwirte der Welt kämpfen an vorderster Front gegen den Klimawandel. 2019 wurden 10,5 Prozent der Emissionen in Europa auf die Landwirtschaft zurückgeführt. Dass der Umbau der Landwirtschaft hin zu einer nachhaltigen Arbeitsweise von zentraler Bedeutung ist, bestreitet also so gut wie niemand. Das Wie ist jedoch seit Jahren ein Streitpunkt.

Landwirte brauchen Geld: Subventionen sollten sich nach Einkommen richten

In der EU soll mit Streit jetzt (erstmal) Schluss sein. Am 4. September 2024 haben Vertreter aus Landwirtschaft, Umweltbranche, Agrarindustrie und Handel ihren 110-seitigen Bericht der EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) vorgelegt. Darin skizzieren sie einen Weg, wie die Reform der europäischen Landwirtschaft aussehen kann. Ein wesentlicher Bestandteil ist der Umbau der Subventionen.

„Das durchschnittliche Einkommen der Landwirte bleibt niedrig und volatil, insbesondere für bestimmte Sektoren, Gebiete/Regionen und Betriebstypen“, heißt es in dem Bericht. Daher seien die EU-Agrarsubventionen für viele Betriebe unerlässlich – doch die Verteilung derselben geschehe nicht nach Bedürftigkeit. Stattdessen verteilt die EU die Einkommensbeihilfen von Landwirten nach Betriebsgröße. Das führt unweigerlich dazu, dass kleinere Betriebe und Landwirte schneller ins Straucheln kommen und aufgeben müssen.

Das soll sich dem neuen EU-Bericht zufolge ändern. „Gezielte Unterstützung soll die Aufgabe von Betrieben verhindern und dazu beitragen, ein angemessenes Einkommen zu sichern.“
Die Subventionen sollten künftig nur den Bedürftigsten zugutekommen, „insbesondere in Gebieten mit natürlichen Beschränkungen, sowie Kleinbetrieben, Junglandwirten, gemischten Betrieben und Neueinsteigern.“

Vorschlag: Weniger Mehrwertsteuer für Bio-Produkte an der Kasse

Der Bericht geht weiter auf mögliche Änderungen für Nachhaltigkeitssubventionen ein. Besonderer Fokus dabei ist jedoch der Wunsch nach einem System, dass eine nachhaltige Landwirtschaft auf dem Markt attraktiver macht. Die Wahl von Bio-Produkten soll für Verbraucher und Verbraucherinnen aus preislichen Gründen sinnvoll sein und nicht nur aus ideologischen. „Das fängt mit der Lebensmittelkennzeichnung an und geht bis hin zum Preis, bei dem auch niedrigere Steuern eine Rolle spielen“, erklärt Jan Plagge, Präsident von Bioland e.V., in einem Interview mit dem Spiegel. Konkret kommt in dem Bericht eine Absenkung der Mehrwertsteuer für Bio-Produkte ins Spiel.

Die Autoren und Autorinnen des Berichts erkennen jedoch auch an, dass der Umbau der Landwirtschaft Geld kosten wird – Geld, für das die Landwirte nicht alleine aufkommen können. Eine Landwirtschaft, die sich auf Nachhaltigkeit und weniger auf Masse konzentriert, wird für einige zu Einkommensverlusten führen. Plagge sagt daher: „Das ist ein Vorhaben, vergleichbar mit dem Ausstieg aus der Kohle.“

Die Interessensvertreter schlagen daher die Errichtung eines Transformationsfonds vor, aus dem Landwirte entweder in Form von Förderungen oder Darlehen Geld zur Anpassung ihrer Betriebe erhalten können. Dabei sollte die Investition langfristig angesetzt und im Falle von Darlehen an attraktive Zinskonditionen gebunden sein. Finanzschwache Betriebe sollen mehr Geld bekommen können.

Landwirtschaft muss sich an das Klima anpassen – dafür braucht es Geld

Zur Wiederherstellung der Natur in besserem Einklang mit landwirtschaftlicher Praxis befürworten die Interessensvertreter außerdem einen Naturfonds, um Landwirte finanziell bei der Verwaltung der Ökosysteme auf ihren Flächen zu unterstützen. Konkret geht es dabei auch darum, bewirtschaftete Flächen klimaresilienter zu machen und so die Erträge der Betriebe langfristig zu sichern. Resiliente Betriebe und Flächen könnten einen „Game-Changer“ für Landwirte sein, heißt es in dem Bericht.

„Betriebe müssen natürliche Landschaftselemente wie Feuchtgebiete und Windschutzstreifen vor Erosion schützen und Mikroklimata schaffen, die gesunde Ernten und Viehbestände begünstigen“, so der Bericht. Auch Gebäude, Lager und verwendete Technik müssen sich den neuen klimatischen Bedingungen anpassen.

Der Bericht soll jetzt als Vorlage für einen Plan der EU-Kommission dienen, den von der Leyen innerhalb der ersten 100 Tage im Amt vorlegen will. „Meine Bitte war, einen neuen Konsens zu erzielen – und genau das haben sie nun erreicht. Die Tatsache, dass eine so vielfältige Gruppe eine Einigung auf gemeinsame Empfehlungen erzielen kann, muss als Erfolg und als Modell für die Zukunft betrachtet werden“, lobt die Kommissionspräsidentin die Verbände.

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