Montag, 4. November 2024

Das E-Auto ist nicht tot – und wird den Markt übernehmen

hier Artikel von Don Dahlmann 4.11.24

E-Autos werden in Zukunft an der Spitze der Zulassungscharts stehen.

Die Lage auf dem E-Automarkt ist angespannt. Die Hersteller beklagen, dass sie weniger Autos als geplant absetzen und weisen zeitgleich darauf hin, dass die Profitmargen bei E-Autos zudem auch noch schlecht sind. 

Ein Blick auf den Gebrauchtwagenmarkt scheint die Misere zu bestätigen. Der Wertverlust selbst von teuren E-Autos aus der Luxusklasse ist um ein Drittel höher als bei vergleichbaren Modellen mit Verbrennungsmotor. Bestätigt sich also die Skepsis, dass sich E-Autos nicht durchsetzen werden und man auf andere Antriebstechnologien setzen sollte?

Tatsächlich ist die Lage etwas anders.

Zwar sinken in Deutschland die Zulassungszahlen für E-Autos, aber damit steht man auch relativ alleine da. In der EU wuchs der Markt auch in diesem Jahr leicht um 0,4 Prozent. In China waren es 12,5 Prozent. Selbst in den USA, dem Land der Pickup-Trucks mit V8-Motor, sind es 11,3 Prozent. Und in Norwegen entfielen im letzten Monat 94 Prozent aller Neuanmeldungen auf E-Autos. Es ist also nicht so, als würden weltweit die Menschen E-Autos ablehnen. Fairerweise muss man aber auch erwähnen, dass die Wachstumsraten nicht so hoch sind, wie das manche Experten erwartet haben. Dafür gibt es gute Gründe.

Es hakt an manchen Stellen

Als Erstes muss man dabei die Ladeinfrastruktur erwähnen. Zwar schreitet der Ausbau in der EU und den USA voran, aber ist für die erwünschten Wachstumsraten bei elektrisch angetriebenen Neuwagen immer noch zu langsam. Es gibt eine Kluft zwischen dem, was Hersteller und Analysten gerne an Verkaufszahlen sehen würden und der Realität für die Kunden im alltäglichen Einsatz. Auch in den USA gilt: Wer nicht zu Hause laden kann, hat schnell ein Problem. 

Doch auch in Deutschland, wo die Infrastruktur einigermaßen gut ist, gibt es Einstiegshürden. Die liegen vor allem in einem völlig zersplitterten Markt begründet. Herauszufinden, welche Ladekarte zu welchem Preis in welcher Gegend funktioniert, gleicht immer noch einer kleinen Doktorarbeit. Das ist für Neueinsteiger oft zu kompliziert, vor allem, wenn man öfter mit dem Auto ins Ausland will. Und während man seinen Tankvorgang mit einem Verbrenner auch mit Bargeld erledigen kann, geht das bei Ladesäulen nicht. Auch das schreckt noch viele Käufer ab. Hier müsste der Gesetzgeber mehr Einheitlichkeit verordnen, was aber nicht passiert.

Auch, dass E-Autos weiter zu teuer sind, ist ein Grund für den Rückgang. Das Problem ist aber gar nicht mal der Preis alleine, sondern die angebotenen Fahrzeuge. Auch wenn sich langsam E-Autos breit machen, die in der klassischen Mittelklasse um 25.000 Euro liegen – davon gibt es, vor allem von deutschen Herstellern, bisher nicht genug.

Aber die genannten Gründe für den Rückgang der Zulassungszahlen sind alle temporärer Natur. Das Chaos auf dem Markt der Ladestationen wird sich legen. Neue, günstigere E-Autos stecken in der Pipeline der Entwickler. Alleine Volkswagen hat mit dem ID2 und ID1 zwei Fahrzeuge für den Massenmarkt im Anlauf, die in drei bis vier Jahren auf dem Markt sein werden. Andere Hersteller, die die gleichen Probleme wie Volkswagen haben, ziehen nach. Und der Druck der chinesischen Hersteller wird dazu führen, dass der Kampf um Marktanteile auch Auswirkungen auf die Preise haben wird.

Die Aussichten sind sehr gut

Die Aussicht für den E-Automarkt ist tatsächlich ziemlich rosig. Zwar verschiebt sich der Boom der E-Autos um ein paar Jahre, aber man wird ihn nicht aufhalten. China wird den Markt bis 2030 vorantreiben, die EU und die USA werden folgen. Auch, weil es keine Alternative gibt, um die CO₂-Emissionen im Verkehrssektor nachhaltig zu verringern. Die US-Analysten J.D. Power gehen davon aus, dass der Anteil der E-Autos bei den Neuanmeldungen in knapp fünf Jahren schon bei 36 Prozent liegen wird. Der größte deutsche Automobilzulieferer Bosch erwartet in der EU, dass bis 2030 schon 70 Prozent aller Neuwagen elektrisch unterwegs sein werden.

Wer das E-Auto wegen der momentanen lahmen Nachfrage in Deutschland schon beerdigen will, sollte vorsichtig sein. Auch wenn manche Hersteller die Einführung einiger Modelle verschieben und Verkaufszahlen sich nicht so rasant entwickelt haben, wie man das sich gewünscht hat, wird am E-Auto kein Weg vorbeigehen. Länder wie Indien, die klare Vorgaben zur Einführung der E-Mobilität bis 2035 beschlossen haben, werden den Aufstieg des E-Autos noch weiter beschleunigen.

Don Dahlmann ist seit über 25 Jahren Journalist und seit über zehn Jahren in der Automobilbranche unterwegs. Jeden Montag lest Ihr hier seine Kolumne „Drehmoment“, die einen kritischen Blick auf die Mobility-Branche wirft.

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