Montag, 14. Juni 2021

"Man kann nicht ganz Deutschland mit Eigenheimen zubauen"

Till van Treeck über Freiheit
Interview:
  in Zeit online hier  (Auszüge in blau)

Van Treeck: Dass zu viele SUV schlecht für die Umwelt sind, ist klar. Aber warum sind sie auch noch schlecht für den sozialen Frieden? Lange Jahre wurde von vielen Ökonomen – und das waren tatsächlich fast ausschließlich Männer – das Gegenteil behauptet. Deren Erzählung ging in etwa so: Jeder Mensch hat die Freiheit, sich anzustrengen, Geld zu verdienen und dann das auch auszugeben, auch für nutzlos schöne Dinge. Der Tellerwäscher kann zum Millionär werden. Und das wiederum ist nicht schädlich, sondern spornt all die anderen eher an, sich auch mehr anzustrengen. So etwas macht eine Gesellschaft dynamisch und innovativ....

 ZEIT ONLINE: Seit die Fridays-for-Future-Bewegung den Begriff "Generationengerechtigkeit" bekannt gemacht hat, bekommt Freiheit auch eine zeitliche Dimension. Es wird über Freiheit und Klimaschutz diskutiert und die Argumentation lautet dann: Wenn wir heute nicht schneller CO2 einsparen, dann gefährden wir die Zukunft und damit die Freiheit der Kinder. Wie diskutieren Ökonomen über dieses Problem?

Van Treeck: Zunächst einmal muss man festhalten, dass die Klimaziele der meisten Regierungen der reichen Länder inkompatibel sind mit dem Pariser Klimaabkommen, nach dem die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad begrenzt werden soll. Wenn man sich an Deutschlands Anteil an der Weltbevölkerung orientiert und auf dieser Grundlage nationale CO2-Budgets vergibt, bleiben Deutschland vielleicht noch maximal sieben Gigatonnen, wenn man sich an den Berechnungen des Weltklimarates (IPCC) orientiert. Bei jährlichen Emissionen von zuletzt circa 800 Megatonnen, können wir noch neun Jahre so weitermachen, bis unser Budget aufgebraucht ist. Wenn wir sofort anfangen, die Emissionen linear abzusenken, müsste Klimaneutralität Mitte/Ende der 2030er Jahre erreicht werden. Die Bundesregierung wollte sich aber eigentlich bis 2050 Zeit lassen. Fridays for Future und Klimaforscher haben seit Langem darauf hingewiesen, dass das zu spät ist. Mich hat oft überrascht, wie wenig Ökonom*innen ambitioniertere Ziele eingefordert haben. 

ZEIT ONLINE: Die bisher beliebteste Lösung der Ökonomen für die Klimakrise: der CO2-Preis. Wo ist das Problem?

Van Treeck: Es gibt, grob gesagt, zwei Wege, die CO2-Emissionen zu senken: sauberer produzieren oder weniger produzieren. Der CO2-Preis soll den ersten Weg ermöglichen. Durch die Besteuerung sollen Unternehmen und Verbraucher dazu gebracht werden, CO2-intensive Produktionsweisen und Konsumstile aufzugeben, aber im Großen und Ganzen soll unsere auf Wachstum ausgerichtete Wirtschaftsweise unangetastet bleiben. 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen