hier im Spiegel
Investorenklagen im Rahmen der sogenannten Energiecharta kommen die Regierung teuer zu stehen: Allein im Streit mit zwei Offshore-Wind-Betreibern liefen nach SPIEGEL-Informationen bislang Kosten von fast 20 Millionen Euro auf.
Für Konzerne sind sie ein legitimes Mittel, für Kritiker eine Art Paralleljustiz: Vor Schiedsgerichten wie dem Internationalen Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten (ICSID) der Weltbank in Washington können Investoren gegen Staaten klagen, wenn sie sich durch politische Entscheidungen in ihren Rechten verletzt sehen. Das passiert auch in Deutschland immer wieder – etwa im Kontext der Energiewende.
So zog 2016 der österreichische Baukonzern Strabag vors ICSID und forderte Schadensersatz im Zusammenhang mit Offshore-Projekten in der Nordsee. Durch eine Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und das Windenergie-auf-See-Gesetz (WindSeeG) verschlechterten sich dem Unternehmen zufolge die Bedingungen deutlich, die Investitionen wurden zunächst reduziert und dann ganz eingestellt. Vor demselben Hintergrund verklagte auch der irische Projektentwickler Mainstream Renewable Power die Bundesrepublik auf rund 330 Millionen Euro. (diese Klagen beziehen sich also auf das Einstampfen der Erneuerbaren Energien unter einer vergangenen FDP/CDU-Regierung und nicht etwa auf die heutige Energiewende)
Bei ihren Klagen stützten sich beide Unternehmen auf die sogenannte Energiecharta, die Deutschland unterschrieben hat. Zwar haben Deutschland und die EU als Ganzes mittlerweile den Ausstieg aus dem Vertragswerk beschlossen, doch die Ausstiegsfrist beträgt 20 Jahre. Und so verursachen die Klagen der Konzerne derzeit noch erhebliche Kosten.
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Gut 12,8 Millionen Euro hat der Staat bislang wegen der Strabag-Klage ausgegeben. Allein für Gutachter wurden mehr als 800.000 Euro fällig. Das deutlich kürzer laufende Verfahren mit Mainstream kostete bislang rund 6,2 Millionen Euro. Insgesamt 10 Millionen Euro sind im laufenden Haushaltjahr für diese Kosten vorgesehen.
Die Zahlen stehen in einer Antwort des Bundeswirtschaftsministeriums an den Linken-Abgeordneten Pascal Meiser, die dem SPIEGEL vorliegt. Meiser sieht in ihnen einen Beleg dafür, dass Investitionsschutzabkommen »eine immense Verschwendung von Steuergeldern und Arbeitszeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Ministerien« darstellen. Deshalb müsse »endlich Ernst gemacht werden mit dem Ausstieg Deutschlands und der Europäischen Union aus dem Energiechartavertrag«.
Der im Koalitionsvertrag vereinbarte Ausstieg ist jedoch Teil eines Kompromisses: Im Gegenzug stimmten die Grünen dem Investitionschutzabkommen Ceta mit Kanada zu. Dieses gilt als fortschrittlicher, erlaubt aber prinzipiell ebenfalls Investorenklagen. Meiser findet es »absurd«, dass die Ampelkoalition mit Ceta »allen anderslautenden Versprechungen der Grünen zum Trotz« ein neues Investitionsschutzabkommen durchgewunken habe und weitere Abkommen plane. Diese drohten noch »auf viele Jahrzehnte wie ein Damoklesschwert« über der Energiewende zu hängen.
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