Tagesspiegel hier Eine Kolumne von Sinan Reçber
2015 sagte die Staatengemeinschaft dem Klimawandel den Kampf an. Der historische Vertrag hat seitdem mehr geleistet als es auf den ersten Blick scheint.
Die Weltgemeinschaft hängt an den Lippen des französischen Außenministers Laurent Fabius. Er verkündet: „Ich sehe keine Einwände. Das Pariser Abkommen“, er hebt zitternd einen kleinen Holzhammer, lässt ihn auf den Konferenztisch niedersausen, „ist angenommen.“
Die Menge erhebt sich, Diplomaten jubeln und klatschen, Politikerinnen fallen sich gegenseitig in die Arme. Es ist offiziell: Die Menschheit will die globale Erwärmung möglichst auf 1,5 Grad begrenzen, zumindest aber auf unter zwei Grad.
Ein historisches Abkommen, das der Klimakrise den Kampf ansagt – und damit den Folgen wie extremer Hitze, Überschwemmungen und Dürren.
Das Zeitalter von Kohle, Öl und Gas muss enden. Wind- und Solarenergie, Wasserkraft und Elektromobilität müssen Treibhausgas-Emissionen reduzieren und so schlimmere Auswirkungen auf die Menschheit verhindern.
Heute sieben Jahre später, hat sich Ernüchterung breit gemacht. Die Emissionen aus der Kohleenergie könnten 2022 weltweit einen neuen Höchststand erreichen. Der Klimaschutz-Vorreiter Großbritannien hat gerade eine neue Kohlemine genehmigt. Und der grüne Wirtschaftsminister Robert Habeck lässt in Deutschland gleich elf Terminals für Flüssigerdgas bauen.
Langfristige Liefererträge werden abgeschlossen. Es entsteht eine neue fossile Infrastruktur, die viele für überdimensioniert halten und unbestreitbar im Widerspruch zu den Klimazielen steht.
2,7 Grad Erwärmung stehen bevor
Es gibt allen Grund, enttäuscht – auch wütend zu sein: Regierungen vernachlässigen den Klimaschutz, schieben ihn auf oder torpedieren ihn. Deutschland hat den Ausbau der erneuerbaren Energien über Jahre mit Bürokratie erstickt, statt zu befördern. Und die Welt befindet sich auf dem Weg zu einem 2,7 Grad wärmeren Klima.
Wir sind auf dem Highway zur Klimahölle - mit dem Fuß auf dem Gaspedal.
UN-Generalsekretär António Guterres
Das ist der Weg in die „Klimahölle“, so hat es kein anderer als UN-Generalsekretär António Guterres formuliert. Doch das Pariser Abkommen hat trotz allem viel bewirkt. Nüchtern betrachtet war die Welt 2015 noch auf dem Weg zu einem 3,6 Grad wärmeren Klima. Das ist jetzt anders. Und der wissenschaftliche Stand ist eindeutig: Jedes vermiedene Zehntel Grad Erwärmung bedeutet weniger katastrophale Klimafolgen.
Der Mechanismus des Pariser Abkommens mit regelmäßiger Überprüfung der nationalen Klimaschutz-Beiträge und flexibler Anpassung nach oben hat hierbei eine zentrale Rolle gespielt. Genug, um die Klimaziele zu erreichen, ist das zwar noch lange nicht. Doch da ist ja auch noch das, was man „den Markt“ nennt, und was bisher eher gebremst hat.
Mittlerweile aber boomen die erneuerbaren Energien, sind günstig, effizient und verlässlich. Und viel wird davon abhängen, wie bestimmte wichtige Marktteilnehmer sich in Zukunft verhalten werden: die Zivilgesellschaften, die „Kunden“. Sie wollen nicht nur im Winter eine warme Wohnung haben, sondern für ihre Kinder auch einen intakten Planeten.
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