Lasst uns Bitte!! Schluss machen mit der destruktiven deutschen Endlosschleife, die nur ideenlose Populisten vorantreiben. Schauen wir lieber in unsere nördlichen Nachbarländer, die uns so einiges vormachen in puncto Transformation des Wärmesystems - und das schon seit vielen Jahren zum Vorteil für die Bürger. Nachdem andere Länder das schon vorgemacht haben, wäre es doch ein Leichtes für uns diese positiven Ansätze zu übernehmen, dort wo es sich bereits bewährt hat.
Kleine Ansätze wurden übrigens auch bei uns schon umgesetzt! In Gottmadingen im Hegau wurde das neue Schulgebäude (mit sehr guter Dämmung) bewusst über dem Abwasserkanal gebaut und bezieht seine Rest- Wärme von dort! Gottmadingen war hier frühzeitig sehr innovativ unterwegs.
Freitag hier Senay Boztas | The Guardian |
Während in Deutschland über Robert Habecks Heizungsgesetz gestritten wird, werden die Niederländer kreativ. Auf der Suche nach Wärmequellen haben sie jetzt die Kanalisation entdeckt und wollen so Millionen Haushalte nachhaltig heizen
Ich habe einmal in einem Haus gewohnt, in dem jeden Morgen die doppelte Spülung der Toilette des Nachbarn im oberen Stockwerk laut durch unsere Küche schallte. Jetzt allerdings werden die niederländischen Abwässer nicht mehr als Quelle aufgeheizter nachbarschaftlicher Beziehungen betrachtet, sondern als zuverlässige Wärmequelle für Millionen von Haushalten, die nach dem Willen der Regierung bis 2050 vom Gasnetz des Landes abgekoppelt werden sollen.
Die Amsterdamer Wohnungsbaugesellschaft Lieven de Key plant das vermutlich erste Kanalisationswärmeprojekt, bei dem eine Hauptabwasserleitung angezapft wird, um 1.600 bestehende Sozial- und Studierendenwohnungen zu beheizen. Nach den niederländischen Wörtern für Kanalisation, riool und Wärme wird diese nachhaltige, rund um die Uhr und das ganze Jahr über verfügbare Wärmequelle „riothermie“ genannt.
Nach anfänglicher Skepsis ließ sich das Unternehmen langsam von der Idee dieser Art der Stadtheizung überzeugen, sagt Entwicklungsleiter Rienk Postuma. Sie sprachen mit einem Unternehmen namens Liander, das unterirdische Verbindungen baut, und mit der Wasserbehörde, „und dann entstand die Idee, wasserbetriebene Wärmepumpen in die Gebäude einzubauen und so Wärme aus der kollektiven Kanalisation für diesen Teil Amsterdams zurückzugewinnen“.
Rückgewinnung der Wärme aus den Abwasserleitungen
„Wir haben ein Foto von der schneebedeckten Straße und den Kanaldeckeln ohne Schnee“, sagt Jeroen Rademaker, der Projektleiter. „Selbst wenn im Winter Schnee liegt, ist der Abwasserkanal warm. Warmes Abwasser fließt 24 Stunden am Tag, und wir sollten es auffangen. Das kann überall dort geschehen, wo es ein großes Abwasserrohr gibt.“
„Die Wärme kommt aus den Duschen, der Toilette, dem Abwasser vom Waschen, dem Geschirrspüler und der Waschmaschine“, sagt Postuma. „Das alles zusammen ergibt das ganze Jahr über eine Temperatur zwischen 15 und 18 Grad. Wir werden einen Bypass um den Hauptabwasserkanal legen, einen Wärmetauscher um ihn herum anbringen und das Wasser in isolierten Rohren zu den Häusern leiten. Wir setzen es in eine elektrische Wärmepumpe ein, und das Wasser wird auf 60 oder 70 Grad Durchschnittstemperatur erhitzt.“
Der Wärmetauscher überträgt die Quellwärme aus dem Abfluss in ein Arbeitsmedium, das zu den Gebäuden transportiert werden kann, ohne dass die eigentlichen Abwässer zirkulieren müssen. Dann können die mit Solarenergie betriebenen Wärmepumpen der Blocks diese Wärme in der umgekehrten Funktionsweise eines Kühlschranks verstärken. Für jedes einzelne Haus müsste eine eigene Wärmepumpe an dieses „Quellennetz“ angeschlossen werden.
10.000 Haushalte in Amsterdam könnten so beheizt werden
Das Unternehmen erneuert auch die Doppelverglasung und hat bereits eine neue Dachisolierung und Solarmodule angebracht, so dass die bestehende Gasheizung ganz abgeschafft werden kann. Das Projekt soll einen vierstöckigen Sozialwohnungskomplex aus den 1970er Jahren und einen mehrstöckigen Block mit Studentenzimmern gegenüber beheizen: Die Bewohner:innen haben zugestimmt, und in den nächsten Wochen ist eine Abstimmung unter den Studierenden geplant. Der 85-jährige Ad Jongen, der in einer der typischen 90-Quadratmeter-Wohnungen sitzt, die den Bewohnern das 14 Millionen Euro teure Projekt (das mit 1,3 Millionen Euro staatlich bezuschusst wird) zeigen soll, erklärt, warum er es kaum erwarten kann, loszulegen. „Vielleicht wird Amsterdam in sechs oder sieben Jahren völlig gasfrei sein“, sagt er. „Darauf muss man vorbereitet sein.“
Experten glauben, dass Abwasserwärme eine wichtige Rolle bei der Abkehr von fossilen Brennstoffen spielen könnte. Das Schweizer Unternehmen Rabtherm gilt als Pionier dieser Idee, während das deutsche Unternehmen Uhrig, das Abwasser als „einen Schatz unter unseren Füßen“ bezeichnet, jährlich zehn Projekte durchführt und laut Stephan von Bothmer, dem Leiter des weltweiten Geschäftsbereichs des Unternehmens, bald Hunderte davon plant. In den Niederlanden gibt es weitere Projekte – in der Regel unter Verwendung von Kläranlagen statt Abwasserrohren – für ein Schwimmbad in Urk und Pilotprojekte in Rotterdam und Eindhoven.
„Dies ist eines der Puzzlestücke der Energiewende“, sagt Harry de Brauw, Berater für Energiewende bei Waternet. „Wir haben berechnet, dass man acht Prozent von Amsterdam mit Abwassersystemen beheizen könnte: 10.000 Haushalte.“
Infrastruktur der Abwasserrohre berücksichtigen
Allerdings sollte man den Abwasserrohren nicht zu viel Wärme entziehen. „Man darf die Temperatur dort nicht zu sehr absenken, weil die Reinigung mit Bakterien funktioniert“, fügt er hinzu. „Es ist ein biologischer Prozess, und wenn den Bakterien kalt wird, arbeiten sie nicht mehr so hart und unser Wasser wird weniger gut gereinigt. Aber am hinteren Ende, wo wir das gereinigte Wasser in das Oberflächenwasser einleiten, ist es gut, wenn es kälter ist. Das größte Wärmepotenzial liegt am Ende des Abwassersystems“.
Die entscheidende Herausforderung liegt in der Nachrüstung bestehender Infrastrukturen, die eine „Mentalität des Machbaren“, Zugang zu Kanalisationsnetzen und wahrscheinlich ein gewisses Maß an Subventionen erfordert, sagt von Bothmer.
Wärmesysteme maßschneidern
Die Optimierung von Häusern ist für diese Art des Heizens von entscheidender Bedeutung. Lisanne Havinga, Juniorprofessorin für Gebäudetechnik an der Technischen Universität Eindhoven, sagt: „Wahrscheinlich ist es im Vereinigten Königreich genauso, dass der vorhandene Wohnungsbestand viel Durchzug hat, was im Winter zu Komfortproblemen führt und die Leute dazu bringt, die Heizung viel höher zu drehen.“
Sie arbeitet am „Renovation Explorer“, einem Open-Source-Projekt, bei dem Hauseigentümer maßgeschneiderte Empfehlungen erhalten können. Ein abwasserbasiertes Projekt – wie das, das bald ihr eigenes Haus in einem anderen, auf eine Kläranlage gestützten, Projekt beheizen wird – hat ihrer Meinung nach Vorteile gegenüber luftbasierten Wärmepumpen, weil es nicht so viel Unterstützung durch ein überlastetes Stromnetz benötigt. Die Arbeiten sind Teil des niederländischen Bestrebens, sich von fossilen Brennstoffen zu verabschieden – „van het gas af“, wie sie es nennen –, was sowohl die Energiequellen nachhaltiger machen als auch die Kohlenstoffemissionen reduzieren wird. Im Jahr 2019 entschied der Oberste Gerichtshof der Niederlande, dass die niederländische Regierung zu wenig gegen den Klimawandel unternimmt, und forderte sie auf, die Treibhausgasemissionen dringend zu reduzieren.
Ein weiterer Experte weist darauf hin, dass es sich bei der Kanalisation nicht nur um warmes Wasser handelt. Paige Peters, Gründerin eines Abwassersystems, das Überläufe bei Unwettern stoppen soll und diese Woche auf dem Aquatech Innovation Forum in Amsterdam sprach, sagt: „Bei dieser Idee der Wärmerückgewinnung geht es vor allem darum, zu verstehen, wie sie sich auf die Abwasserinfrastruktur, den Wasserfluss darin, die Temperatur oder die verrückten Dinge auswirken könnte, die die Leute in die Kanalisation werfen. Wir bekommen Lumpen, Hühnerknochen ... und eine Menge Karotten. Der Umgang mit dieser Infrastruktur kann unvorhersehbar sein.“
Wie viel kostet das? 14 Millionen Euro, um 1.600 Haushalte im Norden Amsterdams vom Gas zu trennen
Können das auch andere Orte tun? Ja. Die niederländischen Abwasserkanäle werden gepumpt, weil sie flach sind; die Technik kann bei Schwerkraftanlagen billiger sein und ist bei Neubauten einfacher.
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