Sonntag, 7. Januar 2024

Heizungsindustrie steuert durch Vorzieheffekte auf Rekordjahr zu

Ich glaube, dass hier tatsächlich auch die Demographie eine Rolle spielt: Die zahlenmäßig große Boomer-Generation wohnt in Häusern, die langsam "ins Alter kommen" und bei denen ein Heizungstausch immer näher rückt. Wenn das Haus aber wahrnehmbar "zu groß" wird und irgendwann in den nächsten Jahren/ im nächsten Jahrzehnt absehbar ein Umzug ansteht - wer wird da noch viel  Geld in ein langfristig vorteilhaftes Heizungssystem investieren?
Es ist finanziell vermutlich trotzdem kurzsichtig, denn das Haus verliert ja auch an Wert dadurch.

Problematisch finde ich vor allem die Entscheidung von Vermietern zum Neu-Einbau von Gasheizungen bei Mietwohnungen. Das wurde oft mit dem Satz begründet: "Die Preiserhöhung kann ich meinen Mietern einfach nicht zumuten". Doch im Grunde spart der Eigentümer bei der kurzfristig gedachten Neuinvestition - gerade auf Kosten der Mieter, die den steigenden Preisen bei Gas und Öl ausgeliefert werden.


manager magazin  hier  gegen Ende 2023

Robert Habecks umstrittenes Heizungsgesetz


Die Nachfrage nach Heizungen boomt. Bis Ende Oktober 2023 stieg die Anzahl der verkauften Geräte um 43 Prozent. Vor allem neue Gasheizungen waren sehr beliebt – zum Ärger der Ampel-Koalition, die mit dem Heizungsgesetz den Abschied von fossilen Energieträgern eigentlich beschleunigen will.

In diesem Jahr und damit vor dem Start des neuen Heizungsgesetzes haben sich viele Hauseigentümer noch eine neue Gasheizung gekauft. Die langwierige und öffentlich geführte Debatte rund um das Gebäudeenergiegesetz (GEG) habe Vorzieheffekte zur Folge gehabt, sagte Ralf Kiryk, Abteilungsleiter beim Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie, der Deutschen Presse-Agentur. „Vorwiegend haben die Menschen noch schnell in eine Gasheizung investiert, um sich den Vorgaben des GEG zu entziehen.“

Eine monatelange Debatte über das neue Gebäudeenergiegesetz, das sogenannte Heizungsgesetz, mit der Pflicht zum Einbau klimafreundlicher Heizungen hatte bei vielen Hauseigentümern für große Verunsicherung gesorgt. Die Ampel-Koalition einigte sich dann nach einem langen Ringen auf einen Kompromiss. Die Pflicht, dass von 2024 an jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden muss, gilt von Januar an zunächst für Neubaugebiete. Für bestehende Gebäude gibt es längere Übergangsfristen.

1,3 Millionen verkaufte Heizungen

Wie der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie auf Anfrage mitteilte, steuert die Heizungsindustrie im Jahr 2023 auf ein Rekordjahr zu. Der Verband gehe in seiner Prognose für das Gesamtjahr 2023 in Deutschland von rund 1,3 Millionen verkauften Heizungen aus. Bis Ende Oktober 2023 seien mehr als 1,16 Millionen Geräte verkauft worden – im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ein Plus von 43 Prozent. Einen ähnlichen Marktverlauf habe die Heizungsindustrie zuletzt in den 90er-Jahren gehabt, als die neuen Bundesländer durchmodernisiert worden seien.

Vor allem neue Gasheizungen waren in diesem Jahr stark gefragt. Viele Hausbesitzer haben trotz stark gestiegener Preise für Gasheizungen die alte Gasheizung gegen eine neue Anlage ausgetauscht in der Hoffnung, den Wechsel zur Wärmepumpe oder anderen umweltfreundlichen Heizungsanlagen damit möglichst lange hinausschieben zu können.

Bei Gasheizungen gab es nach Angaben des Verbandes bis Ende Oktober ein Absatzplus von 38 Prozent auf rund 694.500 Stück, bei Ölheizungen ein Plus von 107 Prozent auf 94.500. Der Absatz von Heizungs-Wärmepumpen stieg um 75 Prozent auf 320.500. Das Interesse an der Wärmepumpe habe aber als Effekt der GEG-Debatte nachgelassen, so der Verband. Das hänge unter anderem mit der lange unklaren Fördersituation über die Bundesförderung für effiziente Gebäude zusammen. Die Förderanträge für Wärmepumpen beim zuständigen Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle seien 2023 stark zurückgegangen.

Die Mitgliedsunternehmen gingen davon aus, dass der Markt im ersten Quartal 2024 stark rückläufig sein werde, so der Bundesverband. „Eine Marktbelebung durch das Gebäudeenergiegesetz erwarten unsere Unternehmen nicht.“

Heftige Kritik am Heizungsgesetz

Von Anfang an gab es heftige Kritik am Gesetz: Es beinhalte viel zu kleinteilige Vorgaben, bevorzuge die Wärmepumpe, überfordere viele Eigentümer finanziell und trage zu großer Verunsicherung bei. Beim Ampel-Koalitionspartner FDP wollen viele eigentlich lieber auf ein anderes Instrument setzen: nämlich eine Steigerung des CO₂-Preises als Anreiz für einen Heizungstausch. Der CO₂-Preis macht den Verbrauch fossiler Rohstoffe teurer und damit auch das Heizen. Im Gegenzug zu Mehrbelastungen könnten die Bürger ein Klimageld bekommen, das aber auf sich warten lässt.

Martin Sabel, Geschäftsführer des Bundesverbands Wärmepumpe, sieht das GEG trotz aller Unsicherheiten als erheblichen Fortschritt auf dem Weg zu erneuerbaren Energien und mehr Klimaschutz im Gebäude. Ab dem 1. Januar werde jede Person, die eine Gas- oder Ölheizung einbauen möchte, unterschreiben müssen, dass sie über die Risiken von drastisch steigenden Preisen für fossile Brennstoffe und die Pflicht zur Nutzung steigender Anteile grüner Brennstoffe informiert worden sei. Der Weg zum GEG sei eine „kommunikative Katastrophe“ gewesen.

Thomas Engelke, Energieexperte des Verbraucherzentrale Bundesverbands, sagte: „Es war überfällig, das Gebäudeenergiegesetz zu aktualisieren und die Heizung der Zukunft klimafreundlich auszurichten.“ Allerdings sei dies nicht ausreichend gelungen. „Gasheizungen, die theoretisch mit Wasserstoff betrieben werden können, dürfen weiter eingebaut werden.“ Den Verbraucherinnen und Verbrauchern drohe hier eine Kostenfalle, weil absehbar nicht genügend Wasserstoff zur Verfügung stehe und dieser entsprechend teuer werden könnte. Auch beim Ausbau der Wärmenetze seien die Interessen der privaten Haushalte noch nicht ausreichend berücksichtigt.

Irmela Colaço, Gebäude-Expertin des Umweltverbands BUND, kritisierte: „Der Einbau neuer Öl- und Gasheizungen bleibt viel zu lange erlaubt. Insbesondere Mietende werden nicht ausreichend vor hohen Heizkosten geschützt. Umso wichtiger ist es nun, die Menschen über Klima- und Kostenfallen aufzuklären und bei der kommunalen Wärmeplanung dafür zu sorgen, dass eine bezahlbare und effiziente Wärmewende in den Fokus rückt statt die Profitinteressen der Gaslobby.“

Wegen umfassender Änderungen am ursprünglichen Gesetzentwurf aus dem Haus von Wirtschaftsminister Robert Habeck (54; Grüne), der lange im Kreuzfeuer der Kritik stand, wird der Klimaschutzeffekt des Gesetzes nach einer Prognose im Auftrag des Ministeriums geringer ausfallen als zunächst angenommen. Die Einsparung von CO₂ werde im Zeitverlauf aber immer stärker werden.

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