Heise hier 04.07.2023 Von Andreas Wilkens
Das Umweltbundesamt hat errechnet, wie sich die Klimaziele 2030 doch noch erreichen lassen und schlägt Instrumente vor wie ein Malus-System in der Kfz-Steuer.
Das Umweltbundesamt (UBA) geht davon aus, dass die deutschen Klimaziele für 2030 erreicht werden können. Dafür seien allerdings vor allem im Verkehrs- und im Gebäudesektor deutlich größere Anstrengungen nötig, um die Treibhausgasemissionen in den kommenden Jahren zu reduzieren, geht aus dem aktuellen Klimaschutzinstrumente-Szenario (KIS-2030) des UBA hervor. Daran haben Forscherinnen und Forscher des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung, des Öko-Instituts und des Instituts für Ressourceneffizienz und Energiestrategien mitgewirkt.
Für den Verkehrssektor empfiehlt das UBA ein System aus Kaufprämien und Malus in der Kfz-Steuer für emissionsintensive Neuwagen. Das Dieselsteuerprivileg sollte abgeschafft und die Dienstwagenbesteuerung umgestaltet werden, regt das UBA weiter an. Für die Lkw-Maut sollte es einen CO₂-Preisaufschlag geben, nötig sei es auch, die Lkw-Energieinfrastruktur und den ÖPNV auszubauen.
Damit mehr Verkehr auf die Schiene verlagert wird, sollte der Deutschlandtakt schneller eingeführt werden, meint das UBA. Als Instrumente dafür sieht es den angestrebten Deutschlandtakt, die "digitale Schiene" durch das European Train Control System (ETCS) und eine schnelle Elektrifizierung von Strecken. Wichtig sei auch, die Regionalisierungsmittel im Schienenpersonennahverkehr zu erhöhen, die zusätzlichen Mittel führen zur Verbesserung des Angebots und damit zu mehr Angebot.
Klimaziellücke
Im Gebäudesektor sollte es eine Pflicht für erneuerbare Energien für neue Heizungen geben, Wärmepumpen, ebenso Sanierungen sollten höher gefördert werden. Sowohl im Gebäude- als auch im Verkehrssektor besonders wirkungsvoll seien höhere CO₂-Preise im deutschen Brennstoffemissionshandelsgesetz (BEHG) und im EU-Emissionshandel (EU-ETS).
Im Sektor Energiewirtschaft sei die Treibhausgasminderung sogar etwas höher als im Bundes-Klimaschutzgesetz vorgesehen, schreibt das UBA. Hier werde eine Treibhausgasminderung um minus 68 Prozent für das Jahr 2030 gegenüber 1990 und das Ziel des Bundes-Klimaschutzgesetzes von minus 65 Prozent erreicht.
In seinem Projektionsbericht 2021 hatte das UBA für das Jahr 2030 eine Minderung der gesamten deutschen Treibhausgasemissionen um 49 Prozent gegenüber 1990 errechnet. Damit würden die gesetzlichen Klimaziele deutlich verfehlt. Im Jahr 2030 betrage die Lücke 171 Millionen Tonnen CO₂-Äquivalente.
"Finanzielle Belastung gerechter verteilen"
"Die Modellrechnung zeigt deutlich: Wir haben in einigen Sektoren großen Nachholbedarf", sagte UBA-Präsident Dirk Messner. Es müsse nicht nur einen konstruktiven Dialog darüber geben, wo Emissionen reduziert werden könnten, sondern auch darüber gesprochen werden, wie die finanzielle Belastung für einkommensschwächere Gruppen abgefangen und gerechter verteilt werden könne. "Aktuell werden Haushalte mit niedrigem Einkommen oft überproportional zur Kasse gebeten. Das erhöht völlig verständlich nicht gerade die Akzeptanz für mehr Klimaschutz."
Die Bundesregierung hatte sich im vorigen Monat auf eine Novelle des Klimaschutzgesetzes geeinigt. Die bisherigen Emissionseinsparziele bleiben bestehen. Ob sie eingehalten werden, soll künftig nicht mehr rückwirkend nach den Sektoren Energie, Industrie, Verkehr, Landwirtschaft, Gebäude und Abfallwirtschaft kontrolliert werden, sondern in die Zukunft gerichtet, mehrjährig und sektorübergreifend.
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